Kommt es euch auch so vor, dass der Feminismus heute irgendwie auf einem falschem weg ist?
Früher stand Feminismus für die Forderung nach der Gleichberechtigung der Frauen. Diese wurde auch spätestens in den 2000er Jahren weitestgehend auf allen Ebenen erreicht. Für mich zählt die "metoo"- Bewegung auch noch dazu. Aber heute treten Feministinnen für gendern ein, anstatt sich um die "gender-gap" zu kümmern. Richtigen Feminismus sieht man in Westeuropa fast gar nicht mehr. Was sind Eure Gedanken dazu?
DEN Feminismus gibt es heute so nicht, es gibt zig Strömungen und Auslegungen. Von Gleichberechtigung sind wir noch weit weg. Leider auch oft verwechselt mit Gleichmachung.
Ich empfinde die Diskussion hier teilweise als ziemlich aufgeregt, konstruiert und eine bevormundende Haltung transportierend.
@Enie 's Beiträgen kann ich mich anschließen. Mir fehlt das SELBSTbewusstsein, der SELBSTwert, die SELBSTliebe, SELBSTannahme bei normalen, gesunden Menschen, die sich durch unnötige Eingriffe optisch verändern müssen, um mit sich leben zu können.
Das eigene Selbst nicht annehmen zu können, vielfach als nicht genug annehmbar für andere zu sehen.
Mir fehlt da auch Würde.
Mit Feminismus geht das alles für mich nicht zusammen.
Egal, welches Schönheitsideal gerade gesellschaftlich transportiert wird - von wem eigentlich? Wer ist "die Gesellschaft"? Wer erzeugt solche Ideale und baut Druck auf? ...also, egal, welches Schönheitsideal gerade dominiert, wenn die Anpassung daran soweit geht, dass Spritzen, Skalpelle usw. zum Einsatz kommen, zeigt mir u.a. das, dass unsere Gesellschaft falschen Werten hinterherrennt, sich verlaufen hat. Aber das zu vertiefen würde zu weit führen.
Ich kann, mir meiner Selbst bewusst, auf Heels oder in Barfußschuhen herumlaufen, mich auf meine Mutterrolle oder das Berufsleben eine "Karriere" konzentrieren, problemlos sagen, dass Männer im Schnitt körperlich stärker sind und mir gerne Getränkekisten und schwere Tüten abnehmen lassen. Ich kann monogam leben oder polyamor oder wie immer ich möchte.
Mich schminken, ungeschminkt herumlaufen, meine Weiblichkeit bewusst einsetzen, weil mir danach ist, Ökoklamotten tragen, auf tiefen Ausschnitt und figurbetonte Kleider setzen.
Sex und Liebe als untrennbare Einheit sehen. Oder abends weggehen, einen Mann anflirten und mit ihm eine heiße Nacht verbringen.
Weil ich es kann. Weil ich will.
DAS ist u.a. für mich Feminismus. Und viel mehr.
Und der Weg ist noch weit. Vorallem, weil bereits Erkämpftes angegriffen wird, eine misogyne Haltung viel zu oft anzutreffen ist.
Männer gleichzeitig viel zu häufig eine Opferhaltung transportieren. Eine komplexe Verknüpfung, die hier auch zu weit führen würde.
Beruflicher Aufstieg, Einkommen, Kinderbetreuung, finanzielle Absicherung, Haushalt, Doppel- oder 3-fach-Belastung, frauenfeindliche Sitten, die von außen ins Land getragen werden und dann der Blick in andere Länder - für Gleichberechtigung muss weiter gekämpft werden. Ein langer Weg.