Hi Turbo,
in einer ähnlichen Situation bin ich auch. Mein Vater hat sich vor 13 Jahren selbstständig gemacht und ist seit über 10 Jahren sehr erfolgreich. Jedes Jahr immer mehr aufgebaut.
Hab ihm immer geholfen, aber er sagte mir schon früh, ich soll erst was lernen bzw. studieren. Habe ein Studium in einer komplett anderen Branche abgelegt und erfolgreich zwei Jahre gearbeitet.
Als mich mein Vater fragte, ob ich Lust und Interesse hätte, konnte ich ihm zu Liebe nicht einfach nein sagen. Ich wollte es aber auch probieren, mit 29 dachte ich mir, komm ich probiere es aus, kann ja immer wieder zurück in meine Branche.
Nun bin ich seit 4,5 Jahren hier und seit einem halben Jahr steigt mir alles über den Kopf. Klar ich verdiene mittlerweile deutlich mehr. Damals 3.500 € brutto, vielleicht heute 4.000 - 4.500 € und jetzt verdiene ich im Jahr um die 100.000 €.
Seit drei Jahren haben wir eine Reklamation, die wir mehr oder weniger unter Kontrolle haben, aber seit einem Jahr häufen sich andere Reklamationen immer und immer wieder. Wir sind leider abhängig von ausländischen Lieferanten und die Mentalität in diesem Ausland ist...naja, nicht unsere.
Seit Jahren kehrt kaum Ruhe ein und ich schlafe schlecht. Mein Vater ist stolz auf meine Leistung und hätte weniger erwartet. Trotzdem bin ich nie zufrieden, nach 4,5 Jahren fehlt mir immer noch viel Fachwissen und ich hasse es, in meiner Privatzeit mit Geschäftspartnern essen zu gehen. Meistens sind es "Boomer" und wir sind halt nicht auf einer Wellenlänge.
Meinem Vater ist es egal, wenn die Firma nicht fortbesteht, aber er war in der Vergangenheit derjenige, der mir immer Druck mit Leistung und Geld gemacht hat und ich deswegen etwas studiert habe, was ich auch nicht unbedingt wollte. Mittlerweile tut es ihm Leid.
Die Firma steht zwar gut da, aber ich merke immer mehr, dass ich den Stress und Reklamationen nicht einfach ignorieren und privat normal weitermachen kann. Hatte mir als Ziel gesetzt, die Firma aufzubauen und zu verkaufen, aber mittlerweile denke ich mir, scheiß drauf, viel länger halte ich es nicht aus.
Auf jeden kleinen Erfolg, folgt irgendein Misserfolg, den wir nicht verursacht haben. Auch privat, ich bin immer Autos wie Seat gefahren und wollte mir nach 4 Jahren harter Arbeit einen BMW gönnen. Habe mich total gefreut, bis der Verkäufer anruft und sagt, es gibt die Farbe nicht und den Motor nicht mehr...
Habe mir jetzt gesagt, dass ich dieses Jahr anschaue, wenn es vom Stress nicht weniger wird, möchte ich es ehrlich gesagt nicht mehr weitermachen, so wie bei dir. Die Firma kann noch fortbestehen, mein Vater wird nicht einfach aufhören. Habe mir auch ein Polster aufgebaut, mit dem man gut die nächsten Jahre ohne irgendein Einkommen weiterleben kann, aber auch das ist nicht mein Ziel. Ich möchte zu meiner alten Firma oder zumindest in die Branche, da habe ich zwar nicht viel verdient, hatte aber keine Kopfschmerzen.
Meine größte Sorge ist, an der ich aktuell arbeite, was andere Leute denken werden: "War klar dass er es nicht wie sein Vater schafft." "Schau mal jetzt verdient er deutlich weniger als früher, wer macht sowas." etc.