gefährliches gedankengut ist für mich weniger von inhalten abhängig als vielmehr von herangehensweisen.
ich finde es gefährlich, wenn eine TINA-denkweise proklamiert wird ("there is no alternative"): entweder wir schränken gewisse grundrechte/menschenrechte ein und nutzen die gummihaftigkeit von konstrukten wie der "menschenwürde" so weit aus wie nur geht, oder die hammerbösen terroristen/randalierer/kinderschänder/raubkopierer/[populäres feindbild der wahl einsetzen] werden uns allen das leben zur hölle machen.
ich finde es auch gefährlich, wenn auf argumente gegen TINA-denkweise antworten kommen a la "dann könnte man ja gleich...". wenn also proklamiert wird, daß entweder TINA-mäßig gedacht/gehandelt werden muß oder alles in einem indifferenten relativismus versinken würde (diese argumentation wird gerne flankiert mit tiraden über "werteverluste" und ähnliches).
ich finde es auch gefährlich, wenn von verhältnismäßigkeiten abgelenkt werden soll. die todesstrafe wird mit kostengründen gerechtfertigt - unverhältnismäßig. g8-kritiker werden von behörden und den begleitenden medien in einen kontext mit terroristen gesteckt - unverhältnismäßig. abtreibungsbefürworter werden mit mördern auf eine stufe gestellt - unverhältnismäßig. graffitisprayer werden mit hubschraubern gejagt - unverhältnismäßiges kanonen-auf-mücken-geballer.
ich finde an den haaren herbeigezogene "wehret-den-anfängen"-äußerungen gefährlich. klar, es könnte natürlich sein, daß ein "killerspielspieler" irgendwann amok läuft, ist ja schon mal vorgekommen. es könnte passieren, daß einer, der mit 15 mal nen joint probiert hat, später ein fetter drogenboß mit von der bundeswehr geschützten mohnfeldern in afghanistan wird. es könnte durchaus passieren, daß einzelne menschen, wenn es ein gesetzliches grundeinkommen geben sollte, dieses ausnutzen und faul rumlungern. es könnte sein, daß unser aller lieblingsuser blauregen (remember, anyone?) mal ein kind auf eine weise anfaßt, die nicht in ordnung ist. es könnte passieren, daß in kleinkleckersdorf ein schmetterling furzt und daraufhin in china ein sack reis umfällt - die chaostheorie beweist es.
daß die von a nach b führenden kausalketten wesentlich mehr als nur ein glied haben, ist den "wehret-den-anfängen"-jubelpersern ja eher egal. und deshalb finde ich ihr gedankengut gefährlich.
ich könnte noch einiges an weiteren beispielen aufzählen (und mach ich auch gerne, wenn interesse besteht), aber die zielrichtung ist klar, oder? der menschliche denkapparat funktioniert u.a. deshalb so gut, weil er sich bewährte routinen schafft, die viel arbeit erledigen. die, die diese routinen mit der rohrzange der rhetorik bearbeiten, verbreiten schädliche "meme" - gefährliches gedankengut, wie in den obigen beispielen genannt.
ich möchte eigentlich mal was anderes wissen:
was ist denn gutes/nützliches/sinnvolles gedankengut? und worin unterscheidet es sich vom schädlichen?
wie läßt sich "positives" gedankengut effektiv verbreiten, "negatives" effektiv bekämpfen (hint: zensur hilft nicht)?
danke & schönes we
denYo