Also erstmal möchte ich Euch sagen: ruhig Blut. Auch wenn das erstmal unmöglich klingt. Alles andere bringt nur mehr Unglück.
Ich war auch in einer ähnlichen Lage, allerdings waren wir finanziell nicht zum Anschlag unter Druck ("nur" die Erkenntnis, dass man noch mal an die 100k reinstecken sollte die man so nicht wieder im Erlös bekommt, und die dann für ein anderes Herzensprojekt fehlten).
Ich würde jetzt zuerstmal auf der mentalen Ebene ansetzen. Denn die entscheidet, welche Handlungsmöglichkeiten Ihr nicht nur habt, sondern auch nutzt. Also beruhige Dich, erkenne dass Ihr aufgrund des Lebensalters noch sehr viel Zeit habt, Euren Lebensweg zu verändern.
Um eine einzige Tatsache kommt Ihr nicht herum: Ihr habt dieses Haus nun gekauft, Ihr wohnt dort erstmal, und Euch fehlen 80.000 Euro.
Das klingt doof, aber einen Trost habt Ihr: das ist die ganze Situation. Nichts weiter. Ängste, Sorgen, Kummer bis ans Lebensende usw. könnt Ihr selber dazu tun, aber Ihr könnt es auch lassen. Konzentrier Dich auf diese eine Lage. Und dann tut Ihr folgendes:
- überprüft mal Euren Finanzbedarf. Du schreibst DER Kostenvoranschlag. War das ein Totalangebot? Das ist oft teurer. Habt Ihr Euch wirklich selber um gute günstige Handwerker gekümmert? Habt Ihr mal kritisch nachgelesen was da geplant wurde? Man soll sicher keinen Billigschrott in sein Haus einbauen lassen aber guckt doch mal ob Ihr nicht zum Beispiel selber Restpostenfliesen einkaufen könnt, ob es die lasierte Dachpfanne sein MUSS, statt neuem Laminat die alten Dielen abschleifen lassen, ob man nicht mit einer verkabelten Steckdosenecke pro Raum auskommt, ob da die ersten 5.000€ schon für Entkernungsarbeiten fällig sind die Ihr auch selber machen könntet und ob es die Heizkörper irgendwo billiger gibt. Weiterhin gibt es Sachen die man eigentlich teilweise selber kann. Wenn z.B. für Innenverkleidungen die Schraubschienen erst mal gerade angebracht sind oder der Unterbau furs Laminat plan liegt (was ein Profi besser kann), dann ist es eigentlich nicht schwer, den Rest selbst anzuschrauben oder einzuklicken. Teilweise Eigenleistung halt. Mit etwas Umstellung kommt das sicherlich noch mal vom Preis runter, im übrigen könnt Ihr auch zu Betrieben gehen und denen genau das schildern - ist scheisse gelaufen, viel zu teuer, kriegt man das umgeplant. Die werden schon begreifen worum es geht. Auch einer guten örtlichen Bank oder Sparkasse kann man so etwas in Ruhe schildern.
- wie alleine steht Ihr denn wirklich da? Könnte man den Altkram nicht auch mit 5-6 guten Freunden an einem Wochenende rausreissen, gibts da keinen der mit nem Dielenschleifer umgehen kann? Müsst Ihr für ALLES irgendjemanden mit Mehrwertsteuer bezahlen??? Klar, man hat sich verhoben, schämt sich bisschen...aber warum nicht mal alle zu nem guten Essen einladen, sagen wie es gerade steht und dass man für ein paar Arbeitseinsätze einfach Hilfe braucht. Einfach drum bitten. Das gleiche gilt, sofern es im Rahmen der Möglichkeiten ist, auch für Geld (bei Familie) - Rahmen des möglichen bedeutet hier allerdings auch die EIGENE Möglichkeit, es zurück zu zahlen. Leihen must Ihr Euch das sowieso irgendwo, da ist zinslos besser.
Diese beiden Dinge: was fehlt nach kritischer Durchsicht denn wirklich, und welche Hilfe haben wir? sind dann geklärt. Nun kommt:
Es ist völlig richtig, was hier schon geschrieben wurde: in solchen Häusern macht man sich erstmal einen Teil brauchbar und schön. Das ist quasi Eure Basis, von der Ihr den Rest der Hütte angreift. Dieser Teil sollte auf JEDEN FALL realistisch sein, überhaupt: ab jetzt sind kleine Lösungen angesagt. Nix mit 5 Zimmer und so. Wohnküche, 2 Zimmer, Bad. Das kriegt Ihr hin. Falls es mit Heizen kritisch ist, solltet Ihr Euch überlegen, 2 Jahre mit Ofenheizung zu leben. Eine kleine Einheit bekommt man so auch warm und ein oder 2 gebrauchte Öfen sind schnell eingebaut. Ebenso paar neue Fenster, bzw. lasst Euch für Fenster und Türen so Wollvorhänge nähen wenn es erstmal die alten tun müssen.
Wenn Ihr das geschafft habt, hat Euer Haus einen Vorteil gegenüber anderen Bastlerobjekten: die Angriffsbasis ist schon geschaffen. Kleine, aber vorhandene Verbesserung der Verkaufbarkeit.
Dann solltet Ihr dringend (wieder Stichwort arbeiten mit Freunden und hinterher grillen) das Grundstück "aufräumen". Es muss nicht schick sein mit tollen beeten und Blumen, aber klar und aufgeräumt.
Was dann danach alles kommt, das ist zu weit in der Zukunft und eben Euer Weg. Der kann zu einem dieser geil ausgebauten Landhäuser führen wo man ganz neidisch wird - oder aber zu einem Verkauf, oder zu einer Kompromisslösung. Eure Entscheidung. Aber alles fängt damit an, die Sache realistischer aufzustellen (Preis runter und Hilfe annehmen), einen Teil für Euch gut bewohnbar zu machen und das ganze Grundstück präsentabler aussehen zu lassen. Wenn das erstmal so ist, ist es bereit für weiterbauen oder anbieten.
Viel Glück! Es ist schaffbar.