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Ich habe mich teilweise aufgegeben

LoverOfPi

Neues Mitglied
Schönen guten Abend,
ich bin ein 19 Jähriger Abiturient, der von allen Personen um ihn herum eine rosige, erfolgreiche Zukunft prophezeit bekommen hat.
Ich habe dieses Jahr einen 1.0er Schnitt erreicht. Das habe ich geschafft, durch einen immensen Lerndrang, der vor allem genährt wurde durch die Angst, zu versagen und nicht genug zu sein. Dabei habe ich mich enorm unter Druck gesetzt, auch von außen kam dieser Druck, wenn auch unabsichtlich. Ich hatte perfekt zu sein und habe mir selber auch nichts anderes erlaubt. Zu viel Angst hatte ich davor, nicht perfekt zu sein.
Die meisten von euch denken jetzt sicherlich: Ja klar, das ist krank, da kann man nicht glücklich sein.
Aber das stimmt nicht. Diese Zeit war die erfüllteste Zeit meines Lebens. Ich war neugierig, aufmerksam, immer lernwillig und glänzend.

Jetzt habe ich mein Abitur, einen Studienplatz und alles, worauf ich hingearbeitet habe, aber mir geht es schlechter denn je. In der Prüfungsphase habe ich mir zum ersten Mal eine Sinnfrage gestellt. Nach meinem Sinn. Gut, ihr werdet sagen, dass das normal sei, aber statt diesen Sinn zu finden, habe ich mir mehr und mehr gedanklich alles kaputt gemacht, denn: Ich habe eine Zwangsstörung entwickelt. Den Zwang, mir alles zu zerreden und zu zerdenken. Bei allem, woran ich auf der Sinnsuche gedacht habe, egal ob meine kleine Schwester, die ich bis vor kurzem über alles geliebt habe, meine Familie, Freunde, mein großes Hobby (die Mathematik). Alles habe ich erwägt, gegen alles hatte mein Kopf das Argument: "Ach, das redest du dir nur ein". Mittlerweile glaube ich das. Aus dem lernbegeisterten Abiturient wurde in nur zwei Monaten ein Wrack, ich bin gefühlslos, hoffnungslos, sinnbefreit, gefangen in Gedanken. Alle meine Hobbys, selbst das Betreiben von Mathematik löst in mir keinerlei Gefühle aus. Eben weil ich mir einrede: Das waren früher auch keine echten Gefühle, echte Interesse.

Mittlerweile nehme ich meine Umgebung kaum noch wahr. Ich bin wie gelöst. Von Druck, aber im negativen. Ich hänge nur noch rum, Motivation habe ich nicht, weil ich mir einrede, dass alles im Leben sinnlos ist, meine Lernsucht ist weg, weil ich mir einrede, dass diese Sucht nur vorgetäuscht war. Ich habe enorm destruktive Gedanken und mittlerweile aufgegeben. Ich sehe keinen Sinn in einer Psychotherapie, weil ich keinen Ausweg sehe und keinen Hoffnungsschimmer mehr habe. Ich habe mich isoliert, was die Gedanken angetrieben hat. Seit zwei Monaten denke ich dauerhaft nur diese Gedanken. Mittlerweile sind sie so tief in mir verankert, dass ich bezweifle, ein glückliches Leben führen zu können.
Ich möchte einfach wieder ich selber sein, wie früher. Energievoll, pflichtbewusst, perfektionistisch. Aber ich habe mich aufgegeben. Das in mir ist zu stark. Ich existiere nur noch, lebe nicht mehr.
 
G

Gelöscht 122945

Gast
Hm ja, also ich kann bestätigen, dass das Leben irgendwie komisch wird, wenn man anfängt über den Sinn zu grübeln - besonders weil man nie zu einer Antwort kommt, man grübelt einfach immer weiter.

Das ging mit 17 los bei mir und wurde nach dem Studium nochmal ganz stark. Es kommt also vor allem, wenn man in die nächste Lebensphase eintritt und man sich fragt, warum man das eigentlich alles tut.. wofür? Und in der Kindheit und Jugend macht man halt nur was die Anderen einem sagen.

Auch sind so perfekte Schüler oftmals sehr verkopft und denken alles recht kompliziert durch. Dadurch haben Einige Probleme, einfach mal was zu machen, weil es soll doch perfekt sein. Auch könnte es passieren, dass du im Studium nicht mehr der Beste bist, auch diese Erkenntnis haut einen manchmal um, wenn man immer der Beste war. Meine Cousine hatte nen Abi von 1,1 und im Bachelor Psychologie 2,5.

Ist mit dem Studium denn irgendwas falsch? Interessiert dich das Fach nicht? Wo willst du beruflich hin? Möchtest du Familie? Kinder? Ins Ausland und die Welt bereisen?

Machst du also alles nur weil du immer perfekt sein wolltest, liebten dich deine Eltern nur, wenn du perfekt warst?
 
G

Gelöscht 122945

Gast
ich bin ein 19 Jähriger Abiturient, der von allen Personen um ihn herum eine rosige, erfolgreiche Zukunft prophezeit bekommen hat.
Ich habe dieses Jahr einen 1.0er Schnitt erreicht.
So Prophezeihungen können auch ganz schön nach hinten losgehen, weil man dann hohen Leistungsdruck hat und mit Niederlagen nicht gut klar kommt.

Meinst du du hast sowas schon? Du hast ja die Erwartungen eigentlich erfüllt.

Ich weiß nur, dass so Leute ganz tief fallen können (oder sich auch schon bei ner 2 wie der letzte Loser fühlen)

Kenne mich leider nicht gut genug damit aus.

edit: oder hast du jetzt in der Prüfungsphase Angst keine 1 mehr zu schreiben?
 

LoverOfPi

Neues Mitglied
besonders weil man nie zu einer Antwort kommt, man grübelt einfach immer weiter.
Ich habe irgendwie aufgehört zu grübeln. Ich vegetiere nur noch. Es fühlt sich wirklich so an, als erreichen Gedanken mein Gehirn, kommen aber nicht in die nötige Region um sie aufzunehmen oder zu verstehen. Ich bin wie eine Maschine.



Ist mit dem Studium denn irgendwas falsch? Interessiert dich das Fach nicht? Wo willst du beruflich hin?
Bis vor kurzem nicht. Mittlerweile habe ich es mir aber in meiner depressiven Dummheit irgendwie ausgeredet. Ich fühle mich einfach zu allem distanziert. Lernen, verstehen, das alles kann ich gerade irgendwie nicht. Ich habe extrem destruktive Gedanken. Weil ich es mir immer wieder einrede. Ich habe mir eingeredet, dass ich keinen Spaß haben würde, ich habe mir eingeredet, dass ich keine Gefühle hätte, dass ich nicht mehr lernen kann. Und alles ist eingetreten, weil immer, wenn ich etwas versuche, diese Gedanken im Vordergrund stehen. Ich habe mir alles ausgeredet und zuletzt auch die Hoffnung. Die Angst vor diesem Zustand.


Möchtest du Familie? Kinder? Ins Ausland und die Welt bereisen?
Im Moment möchte ich gar nichts. Mein Kopf ist auf Durchlauf, ich habe kein Interesse mehr an Liebe, Geld, Familie, Lernen, Leben, ... Ich habe den Bezug zur Realität komplett verloren.


Machst du also alles nur weil du immer perfekt sein wolltest
Das rede ich mir zumindest ein, was dazu führt, dass ich es glaube, was mir wiederum den Antrieb nimmt.

liebten dich deine Eltern nur, wenn du perfekt warst?
Nein, zum Glück nicht. Sie lieben mich. Uneingeschränkt. Allerdings haben sie natürlich schon Leistungen von mir erwartet, eben, weil ich diese vorher auch erbracht habe.
 

Callia80

Aktives Mitglied
Du warst so gut und zielstrebig und jetzt stehst du vor der Frage, wer bin ich und was ist der Sinn? Meine Worte sind nur eine Vermutung. Du hast dich allein über Leistung und evtl. dessen Anerkennung definiert, aber nicht über dich als Mensch. Du warst der Macher der abgeliefert hat, abliefern wollte - möglichst gut. Dann merkst, dass Leben ist mehr als Leistung und Perfektionismus. Klar, dass man dann alles in Frage stellt, wenn sich aufgrund der Leistung und des Perfektionismus keine Befriedigung mehr einstellt. Das ist das grausame der Zielstrebigkeit gepaart mit Perfektionismus. Nichts ist gut genug. Da stehst du nun als Mensch, nicht als Genie, als jemand der denkt und fühlt und keine Zahlen verschiebt. Ich bin mathematisch nicht gut aufgestellt, würde aber vermuten daß alles in der Mathematik für jemanden der es versteht, einen Sinn ergibt. Alles ist Greif - und erklärbar. Und dann stellst Du fest, dass dein Sein und das Leben nicht so abhandelbar ist wie die Mathematik. Du hast vermutlich nie über dich nachgedacht, sondern gemacht und jetzt hat dir vermutlich eine Depression, ausgelöst durch die Sinnfrage die Hand gereicht. Es fühlt sich jetzt grausam für dich an, vermutlich hast du das Gefühl es wird nie wieder besser werden und alles ist verloren. Aber all das passiert nicht ohne Grund. Das was jetzt passiert, kann die Chance für dich sein, dir selber zu begegnen, dass viel schwieriger und manchmal auch schmerzhafter ist als die Mathematik.
 

LoverOfPi

Neues Mitglied
Ich weiß nur, dass so Leute ganz tief fallen können (oder sich auch schon bei ner 2 wie der letzte Loser fühlen)
Das war bei mir so. Mittlerweile habe ich das aber verloren, was mir meine Motivation nimmt.

oder hast du jetzt in der Prüfungsphase Angst keine 1 mehr zu schreiben?
Die Prüfungsphase ist schon vorbei. Aber ja, die Angst hatte ich, am Ende hatte ich keine zwei, nur Einsen.
 

Callia80

Aktives Mitglied
Nein, zum Glück nicht. Sie lieben mich. Uneingeschränkt. Allerdings haben sie natürlich schon Leistungen von mir erwartet, eben, weil ich diese vorher auch erbracht habe.
Unsere Gesellschaft ist so. Wir werden als kleine Kinder gelobt wenn wir etwas gut gemacht haben. Dann haben wir uns gut gefühlt. Wir haben also etwas geleistet und wenn es nur die ersten Schritte waren. Im Grunde sind diese Leistungen aber nur die Befriedigung des anderen, in dem Falle deiner Eltern. Fast alle Eltern sind so. Ich könnte mich da auch nicht von Freisprechen. Aber gibt es nichts schöneres, auch Liebe ohne Leistung zu spüren? Es wird seinen Grund haben, warum du so funktionierst und das bestimmt nicht, weil deine Eltern das so wollten, sie haben getan was sie für richtig gehalten haben.
 
G

Gelöscht 122945

Gast
Hm du brauchst auf jeden Fall Hilfe, das hört sich gar nicht gut an. Obwohl du ja immer noch sehr gut performst. Gibt doch an Unis immer so psychologische Beratungsstellen, die kennen sich damit bestimmt aus!

Nicht, dass du mal schlechte Noten einfährst und dann absackst. Geh das frühzeitig an, desto schneller wirst du das hoffentlich los.
Ich kann sonst nur als Tipp sagen, dass ich mein Studium immer so theoretisch ernst genommen habe, Informiere dich am Besten was du danach beruflich machen willst und wie deine Zukunft dann aussieht, damit du dahin arbeiten kannst. Wenn Zeit vorhanden Praktika etc.

Schläfst und isst du auch gesund und bewegst dich?
(Oh Gott das waren immer so Mutti Fragen an mich :ROFLMAO:)
 

Stardust

Mitglied
Ja, lass dich mal beraten.

Vielleicht brauchst du einfach auch mal eine Auszeit. Dich selbst finden. Du wirst es nicht nachvollziehen können, aber mit 19 stehst du noch ganz am Anfang und kannst gar nicht abschätzen, was das Leben bringen wird.
 

Ombera

Aktives Mitglied
Ich kann mir vorstellen, dass du eine komplette Auszeit von allem, was mit Lernen und Noten zu tun hast, brauchst. Zum Beispiel sofort alles stehen und fallen lasse und work&travel machen. Den Kopf frei bekommen, etwas Neues erleben, dich auf dich selbst besinnen. Das würde ich dir wünschen.
 

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