Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, wäre ich einfach Kind geblieben. Oder hätte mir pünktlich zu meinem 18. Geburtstag eine Kugel in den Kopf gejagt. Wenn wir von Anfang an ehrlich zu unseren Kindern wären, wie ihr zukünftiges Leben später aussehe, wäre entweder die Selbstmordrate um einiges höher oder wir würden uns erst gar nicht die Illusion einbilden, dass später irgendetwas schön werden würde. Von wegen tolle Karriere und Freiheit. Die einzige Freiheit besteht darin zwischen Parteien zu wählen, die ohnehin nur an unseren Geldbeutel wollen und die Mittelschicht immer weiter ausbluten zu lassen.
Jeden Morgen stehe ich wie Millionen andere Menschen auf, um zu einem verhassten Job zu gehen und meinen ganzen Tag zu verschwenden. Und wofür das Ganze? Nur um eine Wohnung zu finanzieren, die wir nur zum Schlafen nutzen. Wenn es wenigstens genügend Geld wäre, um sich etwas Luxus leisten zu können. Aber Urlaube, ein Eigenheim etc. sind doch dank der Inflation unbezahlbar geworden. Wenn man dann mal Wochenende hat, so wie heute, muss man sich um den Haushalt kümmern. Ich bin unter der Woche zu müde nach der Arbeit.
Rechnet man die wenigen Stunden hoch, in denen man wirkich Freizeit hat, ist es erschreckend. Frauen mit Kindern trifft es noch schlimmer, selbst wenn sie berufstätig sind bleibt der ganze Haushalt oft an ihnen hängen. Eine alleinerziehende Mutter von meiner Arbeit hat nie Freizeit für sich. Stelle es mir unglaublich schlimm vor 24 Stunden funktionieren zu müssen.
Noch dazu sieht jeder Tag gleich aus. Ich arbeite in einer Behörde und jeder Handgriff ist genaustens vorgegeben. Wären die Kunden nicht, würde sich meine Tätigkeit nicht von Fließbandarbeit unterscheiden.
Ich arbeite seitdem ich 16 bin und bin mittlerweile 25 Jahre alt und habe viel verpasst. Die meisten meiner Freunde haben das Abitur erlangt und sind ein Jahr um dir Welt gereist. Im Studium ging es auf viele Exkursionen oder teilweise an eine Uni ins Ausland. Da ich immer arbeiten musste, habe ich auch viel Partys verpasst. Es ärgert mich, dass ich nur eine Ausbildung absolviert und nie studiert habe. Meinen Eltern war es wichtig, dass ich schnell Geld verdiene.
Das Leben wird mit dem Alter auch immer schlimmer. Es kommt nicht nur immer mehr Verantwortung auf einen zu, sondern auch die Gesundheit nimmt immer weiter ab und die äußere Verfall weiter zu. Es bereitet mir Sorgen irgendwann nichtmal mehr meinen Hobbys nachgehen zu können, weil ich selbst dazu nicht mehr in der Lage bin.
Oft wünsche ich mir, gar nicht erst geboren wurden zu sein. Die wenigen positiven Momente im Leben wiegen die vielen schlechten nicht auf. Daher habe ich mich ganz klar gegen eigene Kinder entschieden. Leider können viele Männer meine Grdanken nicht nachvollziehen und ich bin vielen zu negativ mit meinen Gedanken. Die Wahrheit tut oft weh und damit können viele nicht umgehen. Ich habe schon oft versucht die Dinge positiver zu sehen, aber es gelingt mir nicht. Vieles ist letztendlich nur Ablenkung, die dazu führt, dass wir gefügig bleiben und schön weiter funktionieren, ohne etwas zu hinter fragen.
In Frankreich brannten vor einigen Jahren ganze Straßen, weil Benzin teurer geworden ist. Hierzulande wird sich lieber darüber aufgeregt, wenn der eigene Fußballverein verliert oder Stimmung gegen Leute gemacht, die wirklich unsere Hilfe brauchen.
Fühle mich so oft fehl am Platz, missverstanden und einfach nur unglücklich. Wache jeden Morgen auf und würde mich am liebsten aus dem Fenster stürzen. Da ich aber im Erdgeschoss wohne, würde ich mir nichtmal ein Bein brechen. Die Apothekerin um die Ecke ist schon skeptisch, wenn ich eine Packung Ibuprofen kaufe. Als ob ich damit die halbe Stadt in die Luft jagen könnte. Am liebsten würde ich so einfach aus dem Leben austreten können, wie damals aus der Kirche. Ein Formular ausfüllen, meinetwegen auch die 30 € bezahlen und dann nichts wie weg. Ihr wisst ja, nichtmal sterben ist umsonst.
Gleichzeitig frage ich mich wie Menschen, denen es viel schlechter geht als mir, ihr Leben meistern. Was gibt ihnen Hoffnung und was sehen sie schönes in ihrem Leben was ich nicht sehe? Gerade denke ich an längst vergangene Zeiten, in denen sich die Menschen halb zu Tode gearbeitet haben und trotzdem unter Hungersnöten litten. Wenn sie nicht an einer Geburt oder Krankheit verendet wären, hätte sie ein religiöser Fanatiker auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wie soll man da noch Lust auf das Leben haben? Man könnte damit argumentieren, dass sich aufgrund der Kirche niemand ungebracht hat und stattdessen das Schicksall als gottgegeben akzeptiert wurde.
Heutzutage ist aber kaum noch jemand gläubig und niemand fürchtet sich für seine Sünden gerade zu stehen. Was soll auch vor dem jüngsten Gericht noch groß angeklagt werden (von ein paar modernen Kriegsverbrechen mal abgesehen)? Dass ich mich schlecht ernährt habe und anstatt Fairtrade und Bio nur die günstige Eigenmarke gekauft habe? Mir oft vorgestellt habe, wie ich meine Kunden aus dem Fenster werfe, weil sie nach dreimaliger Aufforderung noch immer nicht alle Dokumente dabei hatten? Oder weil ich immer kurz in der Wohnung warte, bis die Nachbarn auch wirklich die Haustür hinter sich geschlossen haben, damit ich sie nicht grüßen muss?
An Tagen wie heute, wünsche ich mir wie früher bei meinen Freunden zu klingeln. Einfach spontan vorbei zu kommen, ohne Wochen im Voraus einen Termin zu vereinbaren. Irgendeine kindgerechte Serie zu schauen, in der uns suggeriert wird, dass Gerechtigkeit und das Gute am Ende doch siegt. Das jeder es zu etwas im Leben bringen kann und wir dazu nur an uns selbst glauben müssen.