Ich sehe das Drama daran nicht. Die beiden fahren durch ein Ghetto. Das Kind will wahrscheinlich wissen, warum es so hässlich aussieht dort. Der Vater sagt ihm, dass dort die Armen wohnen. Meine Güte - steinigt ihn doch nicht deshalb...
Wer weiß, warum er das gesagt hat? Vielleicht ist er in so einer Gegend großgeworden und hat sich da rausgekämpft.
Was hätte er Sozialromantisches antworten sollen?
"Hier wohnen die lieben Menschen, die wenig Geld haben und denen du bitteschön von deinem abgeben musst?"
Kein Elternteil will, dass sein Kind später mal so lebt. Daher die Warnung. "Sei fleißig, mach was aus dir, damit du nicht so leben musst!"
Wenn ihr einen besoffenen Bettler in der Stadt seht, der euch lallend um Geld anhaut,was sagt ihr eurem Kind dann? "Das ist ein ganz armes Opfer des pösen Systems und man sollte ihm Geld schenken?"
Also, ich gestehe, dass ich solche Leute gerne als Anti-Beispiel nehme und dann sage, dass man so enden kann, wenn man keinen Schulabschluss macht und Drogen konsumiert.
Ähm, ich empfinde meine Wohnsiedlung nicht als Ghetto. Diese Siedlung war ganz früher mal eine soziale Arbeitersiedlung. Hier konnten Menschen mit wenig Geld im Grünen leben, es gibt hier noch etliche Gärten, nur leider sind die heutzutage so teuer, dass man die nicht mehr dazu mieten kann, einige sind aber noch vermietet und auch gepflegt, viele allerdings verwildern. Dazwischen gibt es Grünflächen. Die Häuser sind zweistöckig, die Wohnungen haben größtenteils einen kleinen Balkon.
Hier wohnen Menschen mit wenig Geld. Eben auch arbeitende Menschen mit wenig Geld. Über mir wohnt eine alte Frau, die bestimmt schon sehr lange hier lebt. Unter mir wohnte auch eine alte Frau, die inzwischen verstorben ist. Neben mir wohen zwei junge Menschen im betreuten Wohnen. Daneben wohnt ein Mann, der arbeiten geht, in einem Imbiss bei Edeka, soviel ich weiß. Einen Stock über ihn, wohnt ein Mann, der bis vor einer Weile eine Arbeit hatte, ich glaube, jetzt hat er keine mehr. Unten wohnt noch der Sohn der Fau, die verstorben ist, er hat sie lange gepflegt, von ihm weiß ich gar nix, er ist sehr zrück gezogen. Dann wohnte da noch eine alte Frau, die es nicht mehr gibt, wahrscheinlich auch verstorben oder im Heim. Zur Zeit gehen da deren erwachsene Kinder ein und aus. Alles ruhige Gesellen.
Ich hatte schonmal eine Wohnung in der Siedlung gehabt, da ging es anders ab. Da waren Drogen auf jeden Fall mit im Spiel und viel Ruhestörung und Kindeswohlgefährdung. Ich bin damals zum Jugendamt, das Kind war kurze Zeit später bei einer Pflegefamilie, die Mutter ist auch bald aus der Wohnung rausgeflogen wahrscheinlich wegen Mietschulden.
Tja, ich denke, es vermischt sich alles sehr. Hier gibt es sone und solche. Bezahlbare Wohnungen gibt es immer weniger. In letzter Zeit stelle ich immer wieder fest, dass hier nicht unbedingt Leute wohnen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, aber viele haben sich wirklich arrangiert. Wenn es nicht so heiß ist, treffen sich manche auf dem Rasen, haben vielleicht ein paar Gartenstühle dabei, etwas zu essen, einen kleinen Tisch, und spielen Gesellschaftsspiele. Und ich hab selbst gestaunt, es war kein Alkohol mit im Spiel.
Was mich manchmal stört, sind die vielen Hunde. Nicht die Hunde an sich, sondern dass ihre Hinterlassenschaften einfach nicht weg gemacht werden, oder nur von wenigen. Wobei, auch das ist besser geworden, habe ich festgestellt. Weiß nicht, ob das Ordnungsamt oder sonstwer mehr drauf achtet.
Ansonsten sehr ich hier oft Eichhörnchen, es gibt viel Vogelgezwitscher, leider auch viele Krähen, eine hat mich mal angegriffen.
Also so Sch.... ist die Gegend gar nicht. Und wenn die Tochter, des Vaters, der sie ja über diese Siedlung aufgeklärt hat, irgendwann studieren will und vielleicht eine Wohnung braucht, ist sie vielleicht froh, hier eine Wohnung zu bekommen. Aber bis dahin wird dann doch alles saniert sein, und nur die wenigsten können es sich dann vielleicht leisten, hier zu wohnen. Wer weiß.