Anzeige(1)

Kontakt zu Mutter abgebrochen: Wie neu starten?

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Dilbert4711

Mitglied
Hallo zusammen,
Ich war bisher stiller Mitleser hier im Forum. Das hat mir sehr geholfen, da ich mich in vielen Beiträgen wiedergefunden habe. Jetzt schreibe ich selber meine Geschichte, vielleicht ist es ja schon eine Hilfe, sich alles von der Seele zu schreiben.

Ich, 41 Jahre alt, habe vor einem Jahr den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen. Vorrausgegangen ist der Ausbruch eines heftigen Streits, das zugrundeliegende Problem schwelte schon seit Jahrzehnten. Der Streit kam mit einer Whatsapp-Ankündigung ihrerseits vor dem eigentlichen Telefonat. D.h. ich war in meiner Wohnung, was ich als ungeheure Grenzverletzung angesehen habe. Meine Wohnung ist meine Festung, mein "safe space". Wahrscheinlich ist das Kernproblem, dass unsere beider Vorgeschichte wieder hochgekommen ist, worüber wir nie gesprochen haben und die wir versucht haben zu verdrängen. Seit dem ist mehr oder weniger Funkstille. Meine Mutter ruft generell nicht an und wenn, dann nur mit Vorwürfen, warum ich mich nicht bei ihr melde.

Ich habe den Kontakt komplett eingestellt. Zu Weihnachten -- nach sechs Monaten Funktstille -- habe ich sie angerufen. Der Anruf ist in die Hose gegangen ist. Sie war komplett eisig, ich war komplett eisig. Wir sind uns in der Hinsicht absolut ähnlich. Darauf hin hat Sie mir eine Whatsapp geschrieben, dass die Situation sie sehr traurig macht und erste Selbsteinsicht gezeigt. Ich habe Sie darauf hin angerufen. Wir beide waren wieder total eisig und wie versteinert. Sie hat mich gefragt, wie es denn soweit kommen konnte und ich antwortete, dass man vielleicht nicht alles aussprechen sollte besser vergessen und nach vorne schauen sollte. Sie hat aber gebohrt und dann ist es aus mir raus. Ruhig und sachlich, aber heftig. Kurz zusammengefasst: Meine Kindheit und vor allem Jugendzeit habe ich als sehr streng empfunden und ich musste immer ohne Widerworte gehorchen. Die Lieblosigkeit meiner Mutter hat unsere Beziehung vergiftet. Ich glaube, diese Offenheit hat ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.

Mir war klar, dass ich den Kontakt nicht dauerhaft abbrechen wollte. Ich habe das getan, um mich einerseits selber zu schützen. Andererseits hab ich durch ihren Schmerz seit 30 Jahren das erste mal wieder gemerkt, dass ihr etwas an mir liegt. Es klingt böse: Mir hat der Kontaktabbruch nicht geschadet. Seit meinem 13 Lebensjahr fühlte ich mich frei wenn meine Mutter nicht da ist und gefangen, wenn sie da ist. Andererseits förderte dies unsere Entfremdung und war toxisch. Ich würde den Kontakt wieder aufnehmen, um wieder die Mutter vor meinem 13 Lebensjahr wieder zu haben, die ich wirklich sehr stark geliebt habe, war ein Mama-Kind. Ich glaube auch, dass sie mich damals sehr geliebt hat, es aber später nie mehr zeigen konnte. Ohne ins Detail zu gehen: Der Einschnitt mit 13 hat nichts mit meiner Pubertät zu tun. Sie ist in der Zeit stark an einer Depression erkrankt, was ein Bruch in unserer Beziehung war.

Ich habe meine Mutter Freitag nach dem Hochwasser angerufen. Die Stadt ist zwar stark betroffen, sie wohnt aber auf einer trockenen Insel und kann sich wirklich glücklich schätzen. Das Hochwasser hat mich wirklich geärgert! Seit einem Monat druckste ich schon rum, sie anzurufen und jetzt kommt der Eindruck, dass ich mich wegen dieses blöden Hochwassers bei ihr melde. Beim Anruf habe ich sie ohne Umschweife gefragt, ob sie Interesse an einem Treffen hat. Ort und Zeit sei flexibel, mit der Ausnahme, dass ich nicht bereit bin, sie bei ihr zuhause zu treffen. Das Verhältnis mit meinem Stiefvater war nicht einfach und das Treffen soll eine Eltern-Kind-Aktion sein, wo er nicht dazu gehört. Mir ist klar, dass eine Entscheidung zwischen Kind und Partner nicht möglich ist, die verlange ich ja auch gar nicht. Ich denke nur als ersten Schritt fangen erstmal nur wir beide an. Sie hat vorgeschlagen, dass wir uns bei meiner Schwester treffen, die in der nächsten Großstadt wohnt, was für mich ok wäre. Dann meinte Sie bzgl. des Treffens "sie denke darüber nach". Wahrscheinlich war sie erstmal etwas überfahren. Andererseits war die Forderung von mir uns nicht wie seit Jahrzehnten Sonntags um 15:00, zum Kuchen zuhause zusammen mit dem Stiefvater zu treffen geradezu unerhört. Normalerweise war es immer sie, die die Richtung angibt.

Jetzt bin ich gespannt, ob sie dem Treffen zustimmt und vor allem, wie wir wieder zueinander einen Zugang finden. Wenn es gut läuft, hat sie noch ein paar Jahre zu leben, wo ich gerne etwas Zeit mit und Liebe von ihr nachholen würde. Ich habe nur Angst, dass wir zu dem Treffen wie Eisblöcke sitzen, uns nichts zu sagen haben, und wieder auseinander gehen. Sollte ich sie fragen, was sie sich von unserer Beziehung erhofft? Ich weiß es nicht. Was ist eure Meinung?
 
Sollte ich sie fragen, was sie sich von unserer Beziehung erhofft? Ich weiß es nicht. Was ist eure Meinung?
Zitat Ende

Stelle ihr bloss nicht solche Fragen zum jetzigen Zeitpunkt mit diesem Lehrerton.

Vermutlich war sie zu dir kaltherig, weil sie selber eine schwierige lieblose Kindheit / Elternbeziehung und viele eigene Probleme hatte.
Du könntest sie mal nach ihrem Leben fragen.
Versuche den Kontakt so freundlich und konfliktfrei wie möglich zu gestalten.

Erhoffe dir keine liebevolle Mama, welche du als kleines Kind in ihr gesehen hattest.
Erwarte von ihr nicht so viel.
 
Ich wollte ähnliches wie curcaracha schreiben. Ich hatte Vater und Mutter. Mein Vater war sehr kaltherzig und manchmal sehr laut und konnte überhaupt keine Gefühle zeigen. "Richtige" Gespräche waren nie möglich. Immer nur kurze, und sehr oberflächlich. Lange habe ich mich von ihm ungeliebt gefühlt (als Kind und Jugendliche), aber meine Mutter hat das "ausgeglichen". Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass mein Vater ja auch nur ein "Produkt" seiner Erziehung war. Er konnte einfach nicht aus seiner Haut. Aufgrund seiner Erziehung, und was er in seinem Elternhaus erlebt hat. Zum Glück habe ich einige Jahre vor seinem Tod (und da war ich eine Ecke jünger als du jetzt) Frieden mit ihm geschlossen.
 
Stelle ihr bloss nicht solche Fragen zum jetzigen Zeitpunkt mit diesem Lehrerton.

Vermutlich war sie zu dir kaltherig, weil sie selber eine schwierige lieblose Kindheit / Elternbeziehung und viele eigene Probleme hatte.
Du könntest sie mal nach ihrem Leben fragen.
Das ist ein guter Tipp nicht zu viel zu fordern. Ihr Problem ist leider, dass in ihrem Leben nicht mehr viel passiert. Sie ist nach ihrem Berufsende mit 70 in ein Loch gefallen und sitzt zuhause mit meinem Stiefvater rum.

Sie hatte keine einfache Kindheit. Ihr Vater war auch sehr streng, wenn man die Bilder von ihm sieht in der Uniform eines Wehrmachtsoffiziers und Schmiss/Narbe im Gesicht als Verbindungstudent wird's einem ein bisschen mulmig. Wenn sie etwas angestellt hat, wurde sie nicht nur geschlagen, sie musste einen "geeigneten" Stock selber pflücken. Die Psychokomponente war dabei bestimmt viel schlimmer als die eigentliche körperliche Züchtigung. Mein Opa hat die Kurve bekommen und war der liebevollste Opa den man sich vorstellen konnte. Meine Mutter hat das als Oma leider nie geschafft. 😢

Meine Mutter hat den Erstbesten -- meinen Vater -- geheiratet um von zuhause rauszukommen. Die Ehe ging nach meiner Geburt in die Brüche. Ihr jetziger Mann ist sehr dominant und forderte uns Kindern gegenüber absoluten Gehorsam. Über Gefühle oder Einwände wurde nie geredet. Bisschen Stockholm-Syndrom ihre jetzige Ehe. Auch wenn ich unter meinem Stiefvater als Jugendlicher sehr gelitten habe, hege ich kein Groll gegen ihn und habe ihm innerlich verziehen. Seit ich ihm körperlich und emotional ebenbürtig stark bin, gibt es keine Probleme mehr mit ihm. Das er nicht mein leiblicher Vater ist macht die Sache für mich viel einfacher. Wir sind einen Weg zusammen gegangen, der nun zu Ende ist. Mit dem biologischen Band zu meiner Mutter ist das nicht so einfach.
 
Die Frage ist doch, was DU dir erwartest, nicht sie.
Die Mutter, die sie vorher war, wirst du leider nicht wieder bekommen.
Das ist dir sicher schmerzlich bewusst und ihr auch.
Also, wieso der Kontakt? Ein freunschaftliches Verhältnis? Oder einfach nur, weil sie deine Mutter ist?
Meine beiden Schwestern haben vor 20 Jahren den Kontakt zu unserem Vater abgebrochen. Die Gespenster werden sie aber nicht los, das biologische Band von dem ich oben schrieb ist stark Ich möchte nicht so sein wie meine Schwestern. Ihr Verhalten den Kontakt abzubrechen fand ich damals grausam, aber mittlerweile kann ich es nachvollziehen. Das führt auch zur Antwort zur Frage: Der Grund ist, dass sie meine Mutter ist. Und ich möchte sie auch nicht leiden sehen, und sie leidet unter unserer schlechten Beziehung. Wir werden nie Freunde. Ich bin mir aber sicher, dass tief in ihr noch Mutterliebe für mich schlummert. Klar hätte ich davon gerne was ab.

Ich würde Sie gerne öfter sehen, nur hat das Zuhause in der Kombination mit meinem Stiefvater nicht funktioniert. Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn wir einen Zugang zueinander finden uns öfters zu dritt mit meiner Schwester zu treffen.
 
Ich bin ehrlich gesagt ziemlich pessimistisch bei solchen Aktionen. Wenn sie schon damals als Mutter ziemlich be...scheiden war, warum sollte sie plötzlich anders sein und sich wie durch Zauberei in die liebe Mutter, von den du als 12 Jährige in Erinnerung hattest zurück verwandeln?

Gerade je älter ein Mensch wird, desto weniger werden sie sich verändern.

Mein Rat wäre nicht all zu viel von ihr zu erwarten. Falls eine (unwahrscheinliche) positive Verhaltensänderung ihrerseits festzustellen ist, freu dich, wenn alles gleich bleibt, akzeptiere es und schließe mit dem Thema ab.
 
Gibt man LIEBE bekommt man LIEBE.
In der Regel.^^
Vielleicht braucht Sie ein Moment zum Auftauen, aber gibt es schöneres ?
 
Ich hab eine ähnliche Geschichte nur ohne Stiefvater. Meine Mutter war immer gut zu mir, so gut sie konnte. Sie hatte es verdammt schwer und meinen Alki Vater und 3 Kinder plus Vollzeitjob und wenig Geld zu ertragen. Bis ich erwachsen war, hat sie sich immer um mich gesorgt. Auch danach noch, aber ihr Leben wurde durch die Scheidung nicht besser. Sie hatte alle möglichen Krankheiten von denen die Hälfte nur eingeredet waren, ein neues Kniegelenk mit dem sie nun fast gar nicht mehr laufen konnte und keinen Arzt, der da mal wirklich hinschaut. Damals wollte ich sie noch in meine Nähe nehmen aber sie wollte nicht. "Einen alten Baum verpflanzt man nicht". Alles änderte sich immer mehr zum schlechten und irgendwann gab es nur noch Monologe ihrerseits, über Krankheiten, ihre bösen Mitmenschen und wie sehr sie alles hasst. Ich versuchte ihr zu helfen auf die Ferne aber hörte immer nur, ach das brauch ich gar nicht probieren, das hilft eh nicht.

Zu der Zeit hatte ich aber auch selbst Probleme und es wurde mir alles zuviel. Jeden Sonntag anrufen und dann fragt sie nie nach mir. Sie wusste am Schluß so gut wie nichts über mein Leben weil sie gar nicht hinhörte wenn ich es erzählen wollte. Ich wusste mir dann keinen andern Rat mehr, als den Kontakt abzubrechen und finde meine damalige Entscheidung heute ziemlich dämlich. Sie starb ein Jahr später und ich hatte sie nicht mehr lebend gesehen. Als ich in ihre Wohnung kam, hab ich dann verstanden wie sehr sie mich liebte. Es gab angefangene Briefe an mich, meine Tele Nummer war mehrfach überall aufgeschrieben, Bilder von mir überall und ich kapierte schlagartig WIE FALSCH meine Entscheidung war. Ich hatte gedacht, sie liebt mich gar nicht weil es nur noch um sie ging und auch der Gedanke ob sie mich je wirklich geliebt hat, kam öfter auf. Es war aber nicht so, sie konnte nur nicht raus aus ihrer Haut.

Sie selbst hatte eine schöne Kindheit, verlor aber beide Eltern früh und hat dann einige schlechte Entscheidungen getroffen. Damals hatte man aber noch eher weniger die Möglichkeit und die Zeit, da mal genauer hinzusehen. Da war der Zugang zu Selbsthilfebüchern eher nicht so da und Internet schon gar nicht. Da wurde nicht drüber geredet und gut wars. Nun ja, um mich gehts hier nicht. Ich wollte damit nur zeigen, das du darüber vielleicht mal nachdenken kannst. Versuche sie auch zu verstehen, was war kann man nicht mehr ändern aber man kann es besser machen. Wenn du mit deinem Stiefvater gar nicht klar kommst dann sag ihr das nochmal und lass ihn dann außen vor. Vielleicht tuts ihr ja auch ganz gut wenn sie mal ein paar Stunden ohne ihn was machen kann.
 
Als ich in ihre Wohnung kam, hab ich dann verstanden wie sehr sie mich liebte. Es gab angefangene Briefe an mich, meine Tele Nummer war mehrfach überall aufgeschrieben, Bilder von mir überall und ich kapierte schlagartig WIE FALSCH meine Entscheidung war.
Ich glaube auch, dass meine Mutter mich immer noch liebt. Aber sie kann es nicht zeigen. Sie lässt eine Beziehung zu ihr nur zu ihren Spielregeln zu. Das habe ich viel zu lange mitgemacht und habe irgendwann das Handtuch geworfen und den Schnitt gemacht. Eine Wiederaufnahme des Kontakt mit mir ist nur zu Spielregeln möglich, die beide Seiten akzeptieren, sie und ich. Da muss sie über ihren Schatten springen. Aber, in ihrem Wertesystem haben sich Kinder unterzuordnen und zu gehorchen, wie sie es auch schon tat.

Ich lass mich nicht unterwerfen, nur weil irgendwo tief in ihr noch Mutterliebe lebt. Das würde mir am Ende sogar noch die guten Erinnerung an meine Mutter bevor ich 13 war vergällen und das möchte ich nicht.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Anzeige (6)

Autor Ähnliche Themen Forum Antworten Datum
L Die Mutter sucht Kontakt zu mir Familie 44
J Kontakt zur Mutter abbrechen Familie 23
S Meine Tochter (12) will angeblich keinen Kontakt Familie 91

Ähnliche Themen

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.


      Du hast keine Berechtigung mitzuchatten.
      Du bist keinem Raum beigetreten.

      Anzeige (2)

      Oben