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Mein Leben ist eine einzige Lüge - und ich sehe keinen Ausweg

Meineid

Neues Mitglied
Hallo liebes Hilferuf-Forum!

Ich hatte schon lange vor, hier zu schreiben, aber habe mich mehrfach davor gedrückt. Aber ich bin an einem Punkt angelangt, an dem sich glaube ich mein Leben entscheidet.
Ich bin 25 Jahre alt und studiere Rechtswissenschaften, bin männlich und führe oberflächlich ein ganz normales Leben. Ich bin Einzelkind liebender Eltern und habe seit kurzem eine Freundin, welche ich über alles liebe.
Ich mache auf die meisten Menschen einen zurückhaltenden, aber freundlichen Eindruck -so sagt man mir zumindest. Ich tanze nicht aus der Reihe.

Ich hatte eine schwierige Schulzeit, nach einem Umzug wurde ich aus meinem sozialen Umfeld herausgerissen. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich ein glückliches, offenes Kind mit einer unbeschwerten Kindheit. Nun folgten Mobbing, Einsamkeit und ein soziales Zurückziehen, welches bis heute anhält. Das Mobbing zog sich die gesamte Gymnasialzeit - bis heute habe ich Hemmungen bei Gesprächen, sowohl mit Freunden, geschweige denn mit Fremden. Mich begleitet stets das Gefühl, komisch zu sein, abgelehnt zu werden...

Ich zog mich also zurück und entwickelte eine Leidenschaft zum Computerspiel, welche bis heute anhält. Dieses Leidenschaft, gepaart mit Faulheit und dem Mobbing (bitte nicht als Ausrede sehen!) führten zu durchwachsenen Schulnoten - sehr zum Leidwesen meiner Eltern, die in mir wohl mehr sahen als einen durchschnittlichen Schüler.

Nach dem Gymnasium, welches ich mit ach und krach über die Bühne brachte, folgte mein Studium der Sozialwissenschaften. Ich hoffte damals auf einen Neuanfang, ein neues Umfeld, ein neues Leben, ein neues Ich. Doch statt aus den alten Mustern herauszubrechen, igelte ich mich erneut ein. Gewiss, das Mobbing war nicht mehr da - aber das Gefühl, von niemandem gemocht, von allen kritisch beäugt zu werden, blieb. Es gelang mir nicht, einen festen Freundeskreis zu finden.

Meine Studienleistungen blieben weit hinter meinen Erwartungen zurück, ich beschäftigte mich lieber mit Computerspielen und Netflix. Es gab Tage und auch Wochen, an denen ich nur zum Einkaufen aus dem Haus ging. Meinen Eltern gaukelte ich ein normales Studentenleben vor.

Vor 1,5 Jahren nun stand ich im letzten Semester, die Maximalstudienzeit ausgenutzt, mit viel zu wenig Studienleistungen vor einer unlösbaren Aufgabe, ich versuchte es, doch ich bestand natürlich nicht. Fünf Jahre nach meinem Abitur stand ich also ohne Abschluss da.

Und hier begann meine nächste, große Lebenslüge: ich erzählte allen, ich hätte den Abschluss bestanden.
Und die nächste Lüge folgte obendrein: da mir ein Master nun nicht möglich war, begann ich ein neues Studium. Was aus purer Verzweiflung erfolgte, verkaufte ich als Sinneswandel - das alte Studium habe mir keine Freude bereitet, ich wäre jung genug für einen Neuanfang. Niemand schöpfte Zweifel, jeder unterstützte mich - bis heute.

Vor ca. 1 Jahr begann ich, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen - allerdings nicht wegen meiner Lügen, sondern auf Grund meiner sozialen Isolation und Antriebslosigkeit. Und wegen meiner Auswegslosigkeit, die ich jedoch nicht ansprach.

Die Therapie half bedingt, auch durch das Citalopram veränderte sich nichts an meiner Antriebslosigkeit (weder bei 10 noch bei 30mg), und meinem Psychologen erzählte ich von meinen Lügen nichts - noch schlimmer, ich erzählte meinem Psychologen genau die selben Lügen.

Vor ca. einem halben Jahr lernte ich meine Partnerin kennen. Einige Jahre jünger als ich, zielstrebig, fleißig, unfassbar schön und lieb und die große Liebe meines Lebens (und ich ihre). Seitdem mischt sich in die jahrelange Agonie Panik. Panik davor, mein Leben bereits unwiderruflich zerstört zu haben. Panik, dass ich ihr Leben dauerhaft negativ beeinträchtigen werde - wenn sie erstmal merkt, was für ein Taugenichts ich tatsächlich bin. Panik davor, dass einzige was mir im Leben etwas bedeutet, zu verlieren. Und ich schäme mich so sehr dafür, diese wunderbare Frau hinters Licht zu führen - auch wenn ich ihr in jeder sonstigen Hinsicht gut tue...aber auf lange Sicht werde ich, wenn sich nichts ändert, ihr unfassbares Leid zufügen. Der Mann den sie bedingungslos liebt, den sie schätzt und mit dem sie eine gemeinsame Zukunft will - ein Hochstapler, ein Versager, ein Taugenichts...mir graut es bei diesen Gedanken so sehr!

Und dennoch konnte ich mich zu nichts aufraffen. Dennoch verbringe ich meine Zeit im Internet, statt für die Uni zu arbeiten.

Nun, in 2 Wochen, stehe ich kurz vor der Exmatrikulation. Getan für die Prüfungen habe ich kaum etwas - ich denke, ich könnte es schaffen - aber beim bloßen Gedanken an den Arbeitsaufwand resigniere ich. Und sollte ich die Prüfungen nicht schaffen, dann, ja dann ist es vorbei. Dann fliege ich auf. Dann kann ich kein neues Studium mehr aufnehmen.

Ich weiß nicht, was ich mir von diesem Geschreibsel hier eigentlich erwarte - ich denke, ich wollte einmal in meinem Leben die Wahrheit sagen. Ehrlich sein. Dass ich an meiner Situation völlig selbst Schuld bin, und dass sich kaum etwas ändern lässt, weiß ich. Aber es tut gut, das alles zumindest mal runterzuschreiben.

Vielleicht hat jemand ja einen Ansatz, einen Tip wo und wie ich anfangen könnte, mein Leben in den Griff zu bekommen. Ich möchte noch dazu sagen, dass ich trotz der totalen Auswegslosigkeit meiner Situation mein Leben genieße - an Suizid denke ich nicht, dafür lebe ich zu gern. Worüber ich manchmal nachdenke ist, alles zu verlassen und irgendwo ein neues Leben anzufangen - kein Bürde mehr zu sein für meine Eltern und meine Freundin, die mich über alles lieben und unterstützen (im Falle meiner Eltern auch finanziell seit meiner Kindheit!). Natürlich ist dieser Gedanke völlig abwegig, aber naja, das ist nun mal ein wiederkehrender Gedanke.

Vielen Dank falls jemand sich die Mühe gemacht hat, meinen Text zu lesen.

Freundliche Grüße,

Meineid
 
Eine der wesentlichen Grundlagen für eine gutes Miteinander ist Vertrauen und Vertrauen setzt Ehrlichkeit voraus. Du hast dich für das komplette Gegenteil entschieden und erkennst jetzt das Ergebnis. Wir müssen sicher nicht diskutieren was es bedeutet so weiter zu machen. Ich sehe nur eine Lösung: Ab jetzt schonungslose Wahrheit und alle um Verzeihung bitten. Manchen Menschen hilft es bzw. gehen anders damit um, wenn sie erfahren waurm du das gemacht hast. Aber auch hier bitte nur noch die Wahrheit.

Es ist klar, dass du so natürlich viel verlieren kannst. Aber auf Dauer wirst du gewinnen d.h. es gibt möglicherweise ein tiefes Tal, das du durchschreiten musst (wenn du dein Leben auf bessere Beine stellen möchtest).
 
Nicht jeder ist dazu geschaffen, zu studieren. Oft ist der Leistungsdruck und der Druck des "Gefallen wollen - sich selbst und anderen" unüberwindbar und führt zum kompletten Versagen. An diesem Punkt zu akzeptieren und vor allem zu reflektieren, das ein Studium nicht der richtige Weg ist stellt sämtliche Erwartungshaltungen auf den Kopf. Zu erkennen, das man die Erwartungen der Anderen nicht erfüllen kann, ist oft wesentlich schwerer, als die Erkenntnis, die eigenen Erwartungen zu hoch angesetzt zu haben.
Anstatt sich den daraus resultierenden Konsequenzen zu stellen, hast Du den Weg der Flucht gewählt - Flucht in die Welt der Spiele, Flucht in eine Welt aus Lügen. Es scheint der bequemere Weg für Dich gewesen zu sein, aber das aus jeder Lüge eine neue entstehen muss baut eine neue Art von Druck auf, bei der das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein immer weiter in den Keller sinkt.
Du kompensierst dies durch eine Scheinwelt, die Dir das geben soll, was Dir fehlt - Anerkennung. Um diesen Schein zu wahren, bist Du bereit den Menschen aufzugeben, den Du liebst. Aus Bequemlichkeit und dem fehlenden Mut zur Wahrheit.
Ist es wirklich bequemer alles aufzugeben, nur damit man nicht entlarvt wird......?
Der bequemere Weg wäre der - zur Wahrheit, er nimmt Dir den Druck, jede Lüge aufrechtzuerhalten, durch eine neue Lüge.
Dein Spiegelkabinett von verzerrter Gesichter lässt Dich irgendwann Deine wahres Gesicht nicht mehr erkennen.
Du wirst Dich in Dir selbst nicht mehr finden, wenn Du so weitermachst und am Ende nur noch eines sein - Einsam mit einem Menschen, den Du noch nicht einmal kennst - Du.

Mut zur Wahrheit, schafft eine Anerkennung die Du noch nicht kennst und ein Gefühl von Befreiung, dessen Erleben Dich positiv umhauen wird.........weil Du dann fühlst, merkst und begreifst - wie schwer Deine Larve wirklich war.......und wie geil es ohne sie ist.😉

Halte mal die Luft an - die spürst den Druck auf Deinen Lungen - die ersten Atemzüge werden gierig sein und den Druck von der Lunge nehmen, bevor Du befreit weiteratmen kannst. So fühlt es sich an, wenn die Larve der Lügen zerbricht.
Noch befindest Du Dich in der Phase des beständigen Luftanhaltens..................und versteckst Dich unter Deiner Sauerstoffmaske
 
Hei,

Irgendwie kommst du mir so vor als würdest du noch viel zu viel davon halten was du glaubst tun zu müssen im Leben. Vielleicht hängt das auch damit zusammen das du diese Mobbing Erfahrungen gemacht hast die dich anscheinend immer noch begleiten bzw. lange begleitet haben. Du beobachtest permantent wie die Menschen um dich auf dich reagieren und was sie von dir halten, nur du solltest dir bewusst werden das es egal ist was andere von dir halten oder was andere glauben das man erreichen muss. Deine Lügen sind doch nichts schlimmes deine Familie und deine Freundin werden dich immer noch lieben und wenn nicht dann ist das keine richtige Liebe.
Du kannst auch ohne Studium alles machen was du willst anscheinend liebst du das nicht was du da tust ist ok mach was anderes, denk nicht dran das du irgendwie Zeit verschwendet hast. Von allem was du tust lernst du was, hauptsache du tust immer was.

Nimm das Leben ein bisschen gelassener und glaub an dich und das was du fühlst, dreh den Spieß endlich um und seh die Menschen die dich runter machen als die Iditon du bist nicht umsonst gemobbt worden. Du bist sicher in die Kategorie " der richtigsten Menschen dieser Welt" und genau aus dem Grund hast du dir das auch gefallen lassen.

Freut mich für dich das du dich für die Wahrheit entschieden hast sags einfach, das macht dich zu einem klugen Menschen.

Und ich hoffe das du dich in deinem restlichen Leben nicht stressen lässt, das du irgendwie sein solltest und irgenwas erreichen musst.Dir muss es gut gehn du musst dich wohl fühlen und glücklich sein. Darum gehts und das weißt du alles selbst davon bin ich überzeugt man bekommts nur sehr selten bestätigt weil so viele Menschen so verstört sind . Unser System halt 🙂

Alles Liebe
 
Hallo Meineid! Ich habe deinen Text mit grosser Aufmerksamkeit gelesen und darin etwas erkannt, mit dem Menschen vermutlich schon konfrontiert sind, seit es Kulturen überhaupt gibt: Lebenslügen. Du hättest natürlich schon früher «erstinstanzlich» mit deinen Eltern brechen und die Wahrheit erzählen können. Womöglich wären sie enttäuscht gewesen, vielleicht aber auch besorgt. Aber ist bedingungslose Wahrheit wirklich immer die Lösung? Es kommt natürlich sehr fest darauf an, wer diese Wahrheit zu Ohren bekommt. Zudem müssen Wahrheiten auch immer treffend formuliert werden (daher bevorzuge ich persönlich das Wort Aufrichtigkeit). Ich mag mich erinnern, wie ich damals Unterschriften gefälscht und die Schule geschwänzt hatte und es dann später erneut tat, weil der mit Drohungen und Angstmache vollgepackte Leistungsdruck meines Vaters mein ganzes (Sozial-)leben fast in den Abgrund gerissen hätte. Ich habe diesen Mann belügt und bin aufgeflogen. Ich landete kurz in verschiedenen Institutionen, es wurde geweint, gedroht, tabuisiert. Ich zog früh aus und die Beziehung verbesserte sich allmählich. Aber ich lüge bis heute noch. Ich schliesse ihn konsequent aus meiner Lebensführung aus und gaukle einen anderen Menschen vor. Vorausgesetzt, ich besuche ihn überhaupt noch. Er ist die Konfrontation nicht wert und damit kann ich sehr gut leben. Das ist ein Szenario. Es hätte aber selbstverständlich auch anders kommen können. Wenn deine Eltern dich lieben und es ihnen in erster Linie wichtig ist, dass du bei guter psychischer und physischer Gesundheit bist und weniger darum, dass du ein Musterschüler bist, dann werden sie die Wahrheit, ob verständnisvoll oder schweren Herzens, akzeptieren müssen. Sie werden nicht wütend auf dich sein, weil du so bist, wie du bist, sondern weil du sie angelogen hast. Gleichzeitig werden natürlich auch Sorgen in ihnen aufkommen. Sie werden sehen, dass ihr Kind sozial nicht so eingebettet ist, wie sie es immer dachten. Womöglich enstehen dann auch Schuldgefühle ihrerseits. «Wieso haben wir nichts bemerkt?» Deine Freundin wird die Wahrheit ebenfalls treffen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass sie dich deswegen verlassen würde. Für einen Partner - und das ist eine der wenigen Dinge, die sich universell sagen lässt - ist es wichtig, dass der andere einigermassen bodenständig im Leben steht. Sie liebt letzten Endes dich und deine Persönlichkeit und ein Bachelor oder Master ist keine Persönlichkeitseigenschaft! Auch sie wird in erster Linie vermutlich enttäuscht sein, weil du sie angelogen hast. Du sagst es selbst: Willst du den Dampfdrucktopf so lange brodeln lassen, bis alles in die Luft fliegt oder willst du langsam Lufst aus dem Ventil lassen? Es kann sehr unangenehm werden und wird es auch vermutlich. Aber besser, die Lage wird kurzfristig schlecht, als dass langfristig alles irreversibel kaputtgeht. Ständig in Angst leben zu müssen, dass die eigenen Lebenlügen auffliegen, ist sicherlich kein schönes Leben. Und selbst wenn im allerschlimmsten Fall vieles in die Brüche ginge, so wärst du am Ende erleichtert, wüsstest woran du bist und könntest vielleicht nach sehr langer Zeit endlich aufatmen. Ich rate dir an, aufrichtig zu sein und vielleicht zuerst einmal nur zu deiner Freundin das Gespräch zu suchen. Viel Glück dabei! Émile Durkheim.
 

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