Ich (48) bin eigentlich Fachinformatikerin im Bereich Softwareentwicklung von Beruf, habe aber meinen letzten Job im Dezember '22 nach 10 Jahren gekündigt, weil das Betriebsklima toxisch geworden war, und ich schon psychische und körperliche Probleme bekam. (Ich war eine von 7 Mitarbeitern, die gleichzeitig gegangen sind.).
Ich habe überhaupt keine Lust mehr, in der IT zu arbeiten, weil das ganze Gebiet so extrem schnelllebig ist, und mich nie wirklich begeistert hat. Das war vor allem ein Notnagel, weil meine Interessen in Bereichen liegen, mit denen man kein Geld verdienen kann. Meine Motivation, mich in neue IT-Themen einzuarbeiten, liegt leider mittlerweile bei null. Dadurch, dass mein letzter Arbeitgeber in der IT eher noch Anfang des Jahrtausends unterwegs war, fehlt mir zudem einiges, was heute verlangt wird, wie KI-Kenntnisse oder umfangreicheres Wissen über Cybersecurity und Datenschutz.
Außerdem bin ich Diplom-Geologin, habe aber nie in dem Beruf gearbeitet, weil es da so gut wie keine Stellen gab und gibt und schon gar nicht, wenn man durch die Familie ortsgebunden ist. Mittlerweile dürfte der Abschluss von 2004 wohl auch nichts mehr zählen.
Nachdem ich monatelang ergebnislos gefühlt jeden anderen Beruf abgecheckt habe, ob er mich interessieren würde, bzw. ob ich mir das zutrauen würde bzw. ob es überhaupt Stellen/Bedarf gibt, habe ich mir ein Coaching für Berufsberatung organisiert.
Da kam hauptsächlich heraus, dass die Standard-Berufe bei mir keinen Sinn machen. (Ok, so weit war ich vorher schon.)
Meine Interessen liegen leider vor allem in den Bereichen Texte, Bücher und Geschichte, also im Bereich "brotlose Künste". Geologie wäre auch gut, aber wie gesagt, da gibt es nichts.
Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich mich mit dem Berufsfeld Texter befasse und wir beim nächsten Termin nochmal weiter sprechen. Alternativ wäre etwas mit Bibliotheken/Archiven interessant, wo ich auch IT-Wissen einbringen könnten, weil ich in meinem letzten Job eine Publikationsplattform mit betreut habe.
Ich habe als Schülerin mal ein Praktikum in einer Öffentlichen Bibliothek gemacht, und das war super. Aber damals haben mir alle davon abgeraten, Bibliothekarin zu werden, weil man da nichts verdienen würde und keinen Job bekäme.
Tja, wäre wohl besser gewesen, wenn ich darauf nicht gehört hätte...
Oder die hatten Recht, und ich wäre damit auch in der IT gelandet.
Jedenfalls scheint es keine Möglichkeit zu geben, ohne mindestens einen Bachelor oder eine weitere Ausbildung einen Job im Bereich Bibliothek/Archiv zu bekommen. Nur, wer nimmt schon eine knapp 50-jährige Azubine in einem Nicht-Mangelberuf?
So ein Bachelor dauert ja auch mindestens 3,5 Jahre.
Aber hier haben ja schon zwei Leute geschrieben, dass durch ChatGPT viele Jobs für Texter weggefallen sind, bzw. dass es schwierig ist, damit überhaupt Geld zu verdienen.
Macht es dann überhaupt Sinn, dass ich mich weiter in der Richtung umschaue?
Oder soll ich dann lieber doch versuchen, eine Ausbildung oder einen Bachelor für Bibliothekswesen/Archive zu machen?
@Holunderzweig: Es gibt eine Menge kreative Informatiker. Unter Rollenspielern, wofür man ja sehr kreativ sein muss, ist gefühlt jeder zweite ITler.
Wie das biologisch erklärbar ist, kann ich Dir nicht sagen.
Ich habe auch eine kreative und eine rational-logische Seite.
@Etli: Softwaretests werden, meiner Meinung nach, in Zukunft auch von KIs erledigt werden. Gerade die lassen sich ja gut automatisieren. Ich denke, der Job hat leider auch nicht viel Zukunft.
Einfachere Software, wie sie Fachinformatiker schreiben, wird in Zukunft ebenfalls von KIs programmiert werden.
Wenigstens ist das ein Argument dafür, dass es keine gute Idee ist, in meinem alten Job zu bleiben.
Ich kann Euch verstehen. Ich fühle mich auch wie eine Versagerin. Knapp 50, seit über einem halben Jahr Hausfrau und vorher immer nur 20 Stunden gearbeitet, wegen der Kinder.
Außerdem habe ich nur unnütze Fähigkeiten und Interessen und oben drauf auch noch mein Leben lang Konzentrationsprobleme und andere ADS-Symptome, wie dass ich sehr langsam arbeite, viel vergesse und viele Flüchtigkeitsfehler machte plus Unsicherheit im Kundenkontakt. (Mein Sohn hat die Diagnose. Daher kenne ich mich mit dem Thema aus.)
Ich weiß auch gar nicht, ob ich eine 40 Stunden Woche überhaupt schaffen würde, weil mich Arbeit sehr anstrengt. Aber ok, 20 oder 30 Stunden wäre schonmal besser als nichts.
In der Bibliothek damals klappte das mit dem Kundenkontakt aber irgendwie besser, als in meinem IT-Job. Wahrscheinlich habe ich mich da sicherer gefühlt.
Warum kann ich nicht einfach IT toll finden oder irgendwas anderes nützliches oder mich zumindest ausreichend motivieren, das weiter durchzuziehen? Andere Menschen schaffen es ja auch, in Jobs zu arbeiten, zu denen sie keinen Bock haben, warum ich nicht?
Ich habe das Glück, dass mein Mann genug verdient und dass wir genug Rücklagen haben, aber das kann trotzdem nicht so weitergehen.