ich finde es sehr seltsam, dass Du solche Schlüsse ziehst: Das drängt sich einem ja nicht unbedingt auf: Da muss man schon sehr um die Ecke denken, dass man aus einer eher Mittelmäßigen Note und der Tatsache, dass man im Studium fleißig war eine bestätigung dafür sieht, dass man ein Versager ist...
Es muss Gründe geben, dass du diese Verknüpfung herstellst: Den Tatsachen scheint sie nicht zu entsprechen.
Musst Du denn zu den besten in Deinem Fach gehören, damit Du überhaupt in diesem Fach unterwegs sein "darfst"?
Würdest Du denn sagen, dass man zu den besten gehören muss, damit man dazugehört?
ich glaube, Du stellst Dir da dinge vor, die so nicht stimmen.
Nicht jeder, der in einem Job gut und zufrieden ist und auch nicht jeder, der in eienr Uni zB lehrt, muss der totale Überflieger sein.
Was hast Du denn für Ziele nach dem Studium? Sind die durch diese Note unerreichbar? Vermutlich nicht: das alles findet nur in Deinem Kopf statt: Du drückst Dir quasi selbst ein Sigel auf.
Denkbar wäre ZB auch, dass Du sagst: Meien Leistung ist ganz besonders heraussragend, weil ich mir alles mühsam erkämpfen musste: Mir wurde es nicht in die Wiege gelegt, aber ich habe hart für den Abschluss gearbeitet. Härter als die anderen und deswegen verdiene ich den Abschluss ganz besonders.
Auch so eine Interpretation Deiner Lage wäre denkbar (und ich fände sie auch viel "gerechter" Deiner person und Deiner leistung gegenüber) dass Du es so ganz anders siehst, aht sicher tiefere persönliche ursachen, denen DU auf den Grund gehen sollest, anstatt Dich jetzt an der Note festzubeißen.
Ich denke, dass du mit dem, was du sagst, Recht hast. In guten Momenten sehe ich dies auch so, dann denke ich, ich übertreibe einfach.
Ich habe zum 1. Mai einen Referendariatsplatz (die werden notenunabhängig verteilt), allerdings ist dies eine 18-monatige Zwischenstation. Ich weiß gar nicht richtig, was ich will. Als ich aus der Schule kam hatte ich Angst davor, dass ich mich nie finanzieren kann und habe deswegen auf Lehramt studiert. Da sich in den mehr als 10 Jahren allerdings so viel verändert hat, ist dies wie ein altes Paar Schuhe, das ich noch "zu Ende putzen" muss. Ich mache dieses Referendariat nur, weil ich zu Ende bringen möchte, wofür ich so viel in Kauf genommen habe. Was mir eigentlich liegt, weiß ich nicht. Allerdings finde ich den Beruf der Lehrerin irgendwie doof. Ich wäre gerne Schriftstellerin geworden, aber ich bin zu bodenständig dazu. Ich bin mit Finanzsorgen aufgewachsen, da meine Mutter sehr jung war, als sie Kinder bekam, sich dann getrennt hat und mein Vater keinen Unterhalt gezahlt hat. Meine Mutter hatte leider bis dahin auch keine Ausbildung abgeschlossen, so dass ich eine - gefühlt - sehr turbulente Kindheit hatte. Ich habe mir mit 18 gesagt, dass ich deswegen spießig werden möchte. Allerdings weiß ich nicht, ob mir dies tief im Inneren entspricht.
Warum beschäftigt mich diese Note so? Vielleicht, weil es alles ist, was ich in meinem Leben habe. Und wenn man keine Kontakte mehr zu anderen Menschen hat, dann verliert durch einen möglichen Vergleich auch die Objektivität. Ich messe mich nur an mir selbst und meinen Noten. Und da hat man mich eben mit einem "befriedigend" bewertet, was mir weh getan hat, weil ich gerne "gut" wäre. Zumindest dann, wenn ich mich so bemühe, es zu sein.
Ich weiß nicht. Ich kann auch verstehen, wenn andere dies schwer nachvollziehen können. Ich bin seit Jahren wirklich nur alleine, ich hatte nur sporadischen Kontakt zu Kommilitonen und manchmal zu Professoren in Sprechstunden. Andere Kontakte sind weggebrochen und ab einem gewissen Zeitpunkt bin ich sie auch umgangen, weil ich Sorge hatte, jemand könnte bemerken, wie dumm und fehlerhaft ich bin. Da habe ich mich mit den Noten geschützt und dem Gedanken, dass ich es dann in Zukunft zumindest finanziell gut haben werde.
Ich würde auch gerne etwas anderes als das Lehramt machen, aber ich glaube einfach nicht mehr an mich. Als ich jünger war, habe ich noch viel gezeichnet und vor allem viele Gedichte verfasst. Dies hat aufgehört, als man mich nur noch nach oberflächlichen Kriterien bewertet hat, wie den Noten und dem Abschluss und ich habe angefangen, den Anforderungen zu entsprechen, um den ständigen Angriffen von außen zu umgehen ("Du studierst noch?" etc.). Nachdem ich dann eine Phase hatte, in der ich im Internet nach echten Talenten gesucht habe und diese auch gefunden habe, ist mir aufgefallen, dass ich schlechter bin, als ich einst annahm. Ich habe deswegen das Zeichnen und das Schreiben aufgegeben. Wen interessiere ich schon? Ich bin irgendeine mittelmäßige Frau aus einer mittelgroßen Stadt irgendwo in Deutschland, nichts Besonderes und angepasst bis zum Geht-Nicht-Mehr. Ich habe mich einfach völlig aufgegeben und verloren.
Ich sagte ja schon: Diese Note ist nicht irgendeine Note. Es fühlt sich an, als lasse ich eine langjährige Beziehung hinter mir, in die ich viel investiert habe, die meine Zukunft war. Ich habe wirklich so sehr geglaubt, dass ich vielleicht auch mal Professorin werden kann und mein Hobby - die Literatur - zu meinem Beruf machen kann ...
Ich möchte noch hinzufügen, dass diese Selbstaufgabe und Minderwertigkeit auch stark mit sehr negativen Beziehung (partnerschaftlich) zusammenhängt. Meine letzten beiden Freunde, dies liegt einige Jährchen zurück, aber dennoch, haben mich immer nur so lange akzeptiert, wie ich sie bewundert habe und mich ihnen untergeordnet habe. Wenn es schwierig wurde oder sie festgestellt haben, dass ich ein Mensch mit Fehlern bin, waren sie weg und haben mich beleidigt. Zurückgeblieben ist dieses Gefühl, meinen Rollen in bester Form gerecht werden zu müssen, weil ich sonst verletzt werde.
LG