weiß auch nicht ob das liebe ist oder andere liebe, frustriere ihn oft und hasse ihn auch manchmal dann darf er es ja auch. und nach dem kontaktabbruch hast du jetzt eine normale beziehung zu deiner mutter? danke.
Die Sache ist, er ist der Vater, er und deine Mutter sind dafür zuständig, dass es euch auch seelisch gut geht, sie haben die Verantwortung dafür, das ist nicht nur ein Wort, und das ist ihm bei all den Verboten und Kontrollen vollkommen egal. Echte Elternliebe bedeutet, dass man möchte, dass die Kinder meistens zufrieden oder glücklich sind (klar, ein paar kleinere Probleme gibts immer), dass sie ihre Talente und ihre Persönlichkeit entwickeln, dass sie Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen haben, dass sie stark werden. Genau das will dein Vater nicht, er will nur Gehorsam. Er sieht euch als einen Teil von sich selbst an, nicht als eigenständige Personen. Das ist keine Liebe.
In jeder normalen, gesunden Beziehung gibts auch mal Auseinandersetzungen, Streit, Wut, und in der Pubertät und der Jugend gibts öfters Zoff mit den Eltern, das ist auch normal. Aber nicht so wie bei euch. Jesper Juul, der Familientherapeut, der viele Bücher geschrieben hat, schreibt, dass man ein Kind ab 10, 11 Jahren nicht mehr erziehen kann, weil der eigene Wille und die eigene Selbstständigkeit dann schon sehr stark sind. Ab da kann man ein Kind eigentlich nur noch begleiten und ihm raten, aber keinen Gehorsam mehr verlangen.
Das Kind oder der Jugendliche kann seine Eltern manchmal hassen, diese extremen Gefühle sind in dem Alter normal, das Elternteil kann wütend auf das Kind sein, aber Hass ist zu viel, das sollte bei Eltern nicht auftauchen, weil sie ja mit ihren Gefühlen als Erwachsene besser umgehen und viel reflektieren können. Ich glaube vor allem nicht, dass du und dein Vater irgendeine gute Bindung habt, das ist ihm auch egal. Du provozierst ihn vermutlich in erster Linie, weil er euch mit so vielen Verboten und Kontrollen einengt, oder? Wenn er sich dafür interessieren würde, wie es dir und deiner kleinen Schwester geht und was euch wichtig ist, würdest du ihn nicht mehr so oft provozieren, denke ich.
Psychisch gesunde Eltern reflektieren ihr eigenes Verhalten und das der Kinder, wollen herausfinden, warum gerade viel Streit ist oder das Kind ständig traurig aussieht, und suchen dann nach Lösungen, anstatt zu hassen. Dein Vater scheint sich selbst überhaupt nicht zu hinterfragen.
Zu meiner Mutter: Wir hatten jetzt über 10 Jahre eine gute Beziehung, nicht sehr gut, aber gut. Es war wirklich schön mit ihr. Wir sind beide respektvoll miteinander umgegangen. Sie hat selbst eine lange Psychotherapie gemacht; ohne die wäre so eine gute Beziehung zwischen uns überhaupt nicht möglich gewesen. Sie hat erst im fortgeschrittenen Alter über ihre eigene Kindheit und Familie, über sich selbst, über ihre Partnerschaft und die Beziehungen zu mir und meinem Geschwister nachgedacht und es seelisch aufgearbeitet. Aber auch mein Gang zum Anwalt war wichtig.
Im Moment stehen größere Probleme zwischen uns im Raum. Vor ca. eineinhalb Jahren hatten wir Streit, wir sind beide sehr wütend geworden, haben aber danach gemerkt, wie viel so ein giftiger Streit kaputtmachen kann. Wir haben uns jetzt dazu entschieden, alles möglichst ruhig zu besprechen und viel nach den Hintergründen für den Streit zu fragen, anstatt uns gegenseitig Vorwürfe zu machen. In der Kindheit meiner Mutter wurde kein einziger Konflikt offen ausgetragen; als ich Kind war, wurden wir Kinder von den Eltern vehement beschimpft; wenn wir wütend waren, durften wir unsere Wut auf die Eltern aber "natürlich" nicht zeigen. Jetzt wollen meine Mutter und ich anders mit Konflikten umgehen, ich habe mir zwei Bücher von Fachleuten darüber gekauft. Vermutlich kann man sagen, dass es in beiden Büchern um gewaltlose Kommunikation geht. Ich schreib das extra, weil es für ALLE Beziehungen wichtig ist, dass man zwar streitet, aber nicht so, dass man die Beziehung dadurch mehr und mehr kaputtmacht.
Meine Mutter war nie so abhängig von meinem Vater wie das bei euch zu sein scheint. Sie war immer berufstätig, hat ihre eigenen Ansichten immer vertreten, auch gegenüber meinem Vater, der politisch anderswo steht als sie. Also ehrlich gesagt, ich denke, dass deine Mutter eine noch längere innere und äußere Reise antreten müsste, bis sie psychisch gesund wäre, ... und gute Beziehungen gibts nur, wenn das der Fall ist.
Zu deinen anderen Themen schreibe ich später.