Ich war mehrere Jahre über die Zeitarbeit im kaufmännischen Bereich und sehe das nicht so positiv wie meine Vorposter/-innen. An deiner Stelle würde ich das bleiben lassen bzw. nur so lange mitmachen, bis du irgendwo einen Festvertrag unterschrieben hast. Es ist wichtig, dass du am Ball bleibst und dich weiterhin um eine dauerhafte Stelle bewirbst. Ansonsten könnte es sein, dass du dich auf die eine oder andere negative Überraschung gefasst machen musst (dass du wenig verdienst und die Zeitarbeitsfirma den Großteil deines Lohns einstreicht, ist nur ein Punkt von vielen).
Hier sind einige Beispiele:
Kein Anspruch auf eine passende Arbeitsstelle
Angestellte von Zeitarbeitsfirmen haben keinen Anspruch auf Arbeitsstellen, die zu ihnen passen. So einer Firma geht es nur darum, mit ihren Angestellten Geld zu verdienen. Wenn bei einem Kunden eine Stelle frei wird und du aktuell keinen Einsatz hast, wird die Zeitarbeitsfirma alles versuchen, um dich in diesen Einsatz zu bekommen. Und es ist ihnen egal, ob du den Job haben willst und die Stelle zu dir passt. Wenn sie dir z. B. sagen, dass du zu einem Bewerbergespräch wegen einer Stelle fahren sollst, die du gar nicht haben möchtest, musst du trotzdem zum Gespräch gehen.
Ein langer Arbeitsweg
Zeitarbeitsfirmen fragen ihre Angestellten im Vorstellungsgespräch, wie lange sie maximal zur Arbeit fahren möchten. Nach Angabe deines Maximums heißt es zwar„Ja, in Ordnung“, aber du darfst dich nicht wundern, wenn du in einen Einsatz mit 1,5 bis 2 Stunden Anreise (in EINE Richtung!) geschickt wirst. Wenn du protestierst, heißt es „Ach Frau X… wir wissen, dass das ein sehr weiter Weg für Sie ist. Aber es tut uns soooo leid, wir haben momentan keine freien Stellen in der näheren Umgebung. Und es sind doch NUR 2 Monate. Das packen Sie ganz bestimmt, wir glauben an Sie. Nach diesen 2 Monaten suchen wir dann einen anderen Einsatz in Ihrer Nähe.“
Wenn dich die Kundenfirma aber nach 2 Monaten verlängern möchte, musst du das annehmen. Du musst jede Verlängerung annehmen, die dir angeboten wird und so lange den weiten Weg fahren, bis dich der Kunde nicht mehr braucht. Wenn du dich weigerst, riskierst du die Kündigung.
Keine richtige Zugehörigkeit in der Kundenfirma
Während eines Einsatzes musst du die gleiche Arbeitsleistung bringen wie die festangestellten Mitarbeiter einer Kundenfirma. Trotzdem kann es in manchen Fällen sein, dass du nicht auf die gleiche Weise in ein Team integriert wirst wie die Leute mit Festverträgen. Du musst z. B. damit rechnen, dass sich alle im Team duzen und du als Einzige gesiezt wirst, dass deine Kollegen mittags gemeinsam in die Kantine gehen und du als Einzige davon ausgeschlossen wirst. In manchen Firmen werden nur Festangestellte zu Feierlichkeiten wie Sommerfest und Weihnachtsfeier eingeladen, Zeitarbeiter dürfen nicht dabei sein.
Keine Planung des Jahresurlaubs möglich
Obwohl viele Zeitarbeitsfirmen in der heutigen Zeit behaupten, dass man den Jahresurlaub bei ihnen genauso im Vorfeld verplanen kann wie im Fall einer Festanstellung, ist das meist nur utopisches Wunschdenken. Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen werden in erster Linie von Kunden mit aktuellen Personalengpässen engagiert. Und die Kunden erwarten, dass diese Mitarbeiter so lange für sie im Einsatz sind, bis sie nicht mehr gebraucht werden.
Wenn du während eines Einsatzes mehr als 2-3 Tage am Stück Urlaub nehmen möchtest, kann es sein, dass die Kundenfirma dich abbestellt und an deiner Stelle eine andere Arbeitskraft anfordert. Oder dich gar nicht erst einstellt, wenn du schon im Bewerbergespräch erwähnst, dass du in einigen Monaten einen 14-tägigen Urlaub geplant hast.
Eine Ex-Kollegin von mir, die auch bei der Zeitarbeit war, hatte mal in einem Jahr Einsätze bei 3 verschiedenen Kunden, die jeweils 4 Monate dauerten. Weil diese Einsätze so kurz waren, haben es die Kunden nicht eingesehen, ihr Urlaub zu genehmigen. Sie musste ein ganzes Jahr ohne Urlaub durcharbeiten.
Menschen, die ihre Urlaubstage gerne auf Reisen verbringen, für die man im Vorfeld eine gewisse Planung benötigt, sind für das Modell Zeitarbeit eher nicht geeignet. Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen müssen flexibel und spontan sein und so gut wie immer verfügbar, für den Fall, dass ein Kunde kurzfristig jemanden braucht.
Keine Sicherheiten
Die Kündigungsfrist für die Kundenfirmen beträgt nur 7 Tage. Wenn ein Kunde dich nicht mehr haben will, kannst du von heute auf morgen deinen Job verlieren. Auch wenn er dich für sagen wir mal 9 Monate verpflichtet hat: Wenn er dich heute nicht mehr haben will, bist du in spätestens einer Woche dort weg. Meistens sogar von jetzt auf gleich, denn keine Zeitarbeitsfirma besteht beim Kunden auf die Einhaltung der 7-tägigen Frist. Eine gute Kundenfirma zu finden ist nicht so leicht, arbeitssuchende Mitarbeiter findet man in der Regel schneller.
Du darfst dich niemals zu früh freuen, wenn dir ein Kunde eine Zusage für einen langen Einsatz erteilt. 2x hatte ich den Fall, dass ich von Kunden für ein ganzes Jahr bestellt wurde und sie meiner damaligen Zeitarbeitsfirma auch schon zugesagt hatten. Beide Male überlegten es sich die Kunden anders und teilten der Zeitarbeitsfirma 2-3 Tage vor meinem Arbeitsbeginn mit, dass sie sich am Ende doch für jemand anderen entschieden haben.
Unehrliche Kunden
Du wirst zu einem Gespräch eingeladen, gehst hin und hast einen sehr positiven Eindruck. Eine Kundenfirma möchte dich für ein ganzes Jahr verpflichten, mit der Option auf Übernahme nach dem Einsatz. Du fängst dort an, gibst dein Bestes und fühlst dich wohl. Nach kurzer Zeit erfährst du per Zufall, dass du nicht wie angekündigt für ein ganzes Jahr, sondern vorerst nur für 2-3 Monate verpflichtet wurdest. Weder der Kunde noch die Zeitarbeitsfirma halten es für nötig, dir vor Beginn deines Einsatzes auch nur ein Wort darüber zu sagen.
Das ist leider kein Einzelfall. Manche Unternehmen erzählen den Angestellten von Zeitarbeitsfirmen im Bewerbergespräch, dass sie einen längeren Vertrag wollen, die Mitarbeiter freuen sich, aber der Kunde stellt dann doch nur für 2-3 Monate ein und verlängert dann um weitere 2-3 Monate usw. Das Schlimmste war für mich, dass ich von beiden Seiten im Vorfeld nicht darüber aufgeklärt wurde und das immer per Zufall erfahren habe. Wenn du auf der sicheren Seite sein willst, musst du gleich zu Beginn eigenständig bei der Personalabteilung anrufen und nachfragen, auf welchen Zeitraum dein Einsatz begrenzt ist.
Unehrliche Disponenten bei den Zeitarbeitsfirmen
Ich hatte schon mehrmals den Fall, dass ich von einer Zeitarbeitsfirma zu einem Gespräch geschickt wurde und sie mir erzählt haben, dass der Kunde eine Arbeitskraft für mehrere Monate sucht und denjenigen auch fest einstellen möchte, wenn sich die Person gut einbringt. Beim Gespräch erfuhr ich dann, dass die Leute nur eine Urlaubsvertretung für wenige Tage/Wochen haben wollten.
Kurzeinsätze sind bei Mitarbeitern unbeliebt, weil viele über die Zeitarbeit in ein festes Arbeitsverhältnis kommen möchten. Also lügen ihnen die Disponenten was vor und behaupten, es ginge um einen langfristigen Einsatz mit Zukunftsperspektive, obwohl das Gegenteil der Fall ist.
Falsche Informationen vor Bewerbergesprächen
Es gab auch schon mehrere Fälle, da ging ich super vorbereitet zum Bewerbergespräch und erfuhr dann am Empfang, dass mein Gespräch in einem anderen Ort oder in einem anderen Stadtteil oder in einem anderen Gebäude stattfinden sollte. Oder bei einem anderen Ansprechpartner. Die Zeitarbeitsfirma hatte mich vor mehreren Gesprächen mit falschen Angaben versorgt, ich erschien mehrmals unpünktlich zum Gespräch, weil ich zunächst im falschen Gebäude war. Oder ich erfuhr, dass mein Gespräch sich wegen Urlaub des Ansprechpartners um eine Woche verschoben hatte (Disponent hatte vergessen, mich darüber zu informieren). Und lauter solche Sachen.
Wobei das bewusst so gemacht wurde, die Disponenten haben einfach unachtsam und schlampig gearbeitet. Darf aber trotzdem nicht passieren.
Versuche weiterhin, in ein festes Arbeitsverhältnis zu kommen. Sollte es bis Ende des Jahres nicht klappen, kannst du es bei der Zeitarbeit probieren. Aber bitte nicht allzu lange. Je länger du drin bist, umso schwieriger wird für dich der Weg in die Festanstellung.