Der Kurzurlaub an der Nordseeküste stellte sich als genau das Richtige heraus, um meine angespannten Nerven zu beruhigen. Lange Spaziergänge am Strand, Sterneküche und hervorragende Drinks bei dezenter Klaviermusik in der Hotelbar waren Balsam für meine Seele. Nur die Omnipräsenz auf diskrete Weise indiskreter Ober und sonstigen Personals in diesem Luxusschuppen nervte ein wenig, aber in Zeiten des Fachkräftemangels musste man das wohl als Qualitätsmerkmal ansehen. Ich machte es mir in meinem Sessel bequem und beobachtete die anderen Gäste der Bar. Keine Vertreter oder Berater, dazu war der Laden zu teuer und zu weit weg vom Schuss. Hier waren Leute mit Geld, die sich einen teuren Urlaub am Strand gönnten. Was tat ich eigentlich hier? Ein nicht mehr jung zu nennender Mann mit einer viel zu jungen Begleiterin. Sugardaddy. Ein viel zu aufmerksamer und verliebt tuender Mann mittleren Alters mit einer nicht sonderlich attraktiven Frau gleichen Alters. Heiratsschwindler. Ein südländischer Typ in einem teuren Maßanzug. Terrorist. Waffenhändler. Spion. Ein langweilig wirkendes Paar, das sich in einer Ecke anschwieg. Wahrscheinlich die wahren Spione.
Mehr war an diesem Abend noch nicht los, aber es war ja noch früh. Ich widmete mich meiner Zeitung, auch wenn das gedämpfte Licht die Verwendung des Handys zum Nachrichtenkonsum nahegelegt hätte. Nein, kein Handy in diesem Urlaub. Keine Nachrichten von meiner Frau, von der Firma oder vom Insolvenzverwalter. Die konnten mich alle mal. Die obligatorischen Fußballergebnisse, Kriege und Promischeidungen ließ ich links liegen. Als Erstes schaute ich nach, ob meine heimliche Annonce veröffentlicht worden war ...
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