Bezüglich des Trainingscamps komme ich zu einigen Punkten, die mich erst einmal sehr wundern. Es scheint- zumindest offiziell- keine Statistiken über den Erfolg oder Mißerfolg der besagten Einrichtung zu geben, dies obschon die Ziele ja aufgrund der straffällig gewordenen Jugendlichen schon sehr reell zu analysieren sind; es ist ja wesentlicher Teil der Aufgabe dieses Camps, so wie ich das verstanden habe, Jugendlichen einen Weg aus der Illegalität bzw. den aggressiven Verhaltensweisen zu ermöglichen. Ich selbst habe auf der Homepage keinerlei Statistiken, keinerlei Fakten vorgefunden- wenn das hier jemand nachtragen könnte, wäre ich ernsthaft dankbar.
Ich frage mich weiterhin, ob hier nicht, zumindest bei oberflächlicher Betrachtung, dem ein oder anderen verschiedene Ungereimtheiten aufgefallen ist. In diesem Camp wird mit einer hierarchischen Gewalt, ja stellenweise sehr deutlich mit Erniedrigung der Delenquenten, ans Werk gegangen, die einerseits nicht geeignet ist, die Realität auch nur ansatzweise nachzustellen- (wir mögen in einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft leben, in der man aber sicherlich nicht durch verbale Gewalt und Erniedrigung und "durchboxen" im körperlichem Sinne weiterkommt, sondern durch Bildung und den viel kritisierten Ellbogen, der eben nicht bedeutet, dass man jemanden verbal oder körperlich angeht)-, andererseits aber auch ein enormes Aggressionspotential bei den Jugendlichen schaffen kann. Mein erster Eindruck innerhalb einer Dokumentation über dieses Camps war der, dass wenn man mich da hinschicken würde, die Herren Pädagogen ganz schnell nach meiner Entlassung die Radieschen von unten begucken könnten- die Arbeit basiert zu großen Teilen auf Erniedrigung, Kasteiung und verbaler Gewalt. Ich frage mich ernsthaft, wie die Einstellung, man müsse den Willen dieser jungen Leute brechen, auch nur annähernd dazu führen kann, dass diese Jugendlichen ein Leben verbringen, in dem sie gänzlich begreifen, weshalb bestimmte Verhaltensweisen (in erster Instanz für sie selbst) schlecht sind. Man setzt auf Angst, Bestrafung, Erniedrigung und unbedingten Opportunismus als Druckmittel, versucht allerdings nicht die Jugendlichen auf eine Ebene zu bringen, in der sie logisch begreifen, wo die Fehler in ihren Verhaltensweisen liegen. Das schafft enormes Aggressionspotential.
Ein weiteres Paradoxum ist das exzessive Training, das diese Jugendlichen durchleben. Wir reden hier von straffälligen Menschen, die in einem Camp ordentliches Konditions- und Boxtraining erhalten- wenn die aus dem Camp herauskommen, haben sie nicht nur eine i.d.R. höhere Kondition, sondern wissen schlechtestenfalls auch sehr genau, mit welchen Techniken sie jemanden arg böse verletzen können. Straffällige Jugendliche ans Boxen zu bringen birgt m.E. sehr große Gefahren, wenn man es eben nicht schafft, das Ursprungsziel der Therapie zu erfüllen- ich unterstelle, in Ermangelung entsprechender Zahlen, dass dieses Camp keine Traumquote von 55% nicht wiederholt straffällig gewordener Absolventen besitzt- insofern schickt man schlechtestenfalls viel besser konditionierte, mit großem Hass auf Obrigkeiten und hierarchischen Strukturen im Allgemeinen und gewaltbereite Jugendliche aus dem Camp wieder nach Hause- der letztere Fall setzt, wie gesagt, den schlimmsten Fall voraus.
Ich frage mich, wie man ein Camp, das mit unbedingtem, gnadenlosem Opportunismus, Erniedrigung und verbaler Gewalt arbeitet, tatsächlich als denkbare Alternative sehen kann- noch dazu wundert mich, dass die Jugendämter nahezu entzückt sind über ein "Programm" dessen genaue Statistiken anscheinend nicht bekannt sind- auf der Homepage ist dazu nichts vermerkt, Anfragen werden zurückgewiesen. Sollte jemand diese Statistiken haben, wäre ich außerordentlich interessiert.
Liebe Grüße,
Zabulus