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Vereinsamt, Verzeifelt, Kummer und Zerissenheit zwischen DE und USA

ullyses

Neues Mitglied
Ich bin neulich zufaellig auf dieses Forum gestossen und dachte mir, dass es vielleicht einen Versuch wert ist. Ich lebe nun seit ca. 8 Jahren in den USA und habe einige Hoehen und Tiefen durchlebt. Mit der gegenwaertigen Situation jedoch weiss alleine nicht mehr weiter und finde einfach keinen Ausweg. Ich habe mir schon oft ueberlegt 'professionelle Hilfe' aufzusuchen, aber ich weiss nicht wie und wo, besonders hier in den Staaten, ob es ueberhaupt Hilfe oder eine Loesung geben kann.

Ich weiss gar nicht womit ich beginnen soll und wieviel ich erzaehlen kann und sollte, aber ich hoffe, dass ich diese komplizierte Geschichte aufs Wesentliche reduzieren kann.

Nachdem ich meine Schulzeit als Einzelgaenger ohne Aussichten auf eine Beziehung verbracht habe, wechselte ich die Schule als ich es nicht mehr aushielt und lernte vor ueber 20 Jahren meine grosse Liebe kennen. Meine erste Freundin, der erste Kuss, die erste langjaehrige Beziehung, die irgendwann unter meinen staendigen Verlustaengsten litt. Ich habe mir nie so richtig vorstellen koennen, warum sie ausgerechnet mit mir zusammen sein wollte und bekam mit jedem anderen ihrer maennlichen Freunde grosse Angst, dass sie besser, lustiger, unterhaltsamer, intelligenter sein und sie mir wegnehmen wuerden. Ich habe mir damals immer eine gemeinsame Zukunft vorgestellt, sogar eine Familie, aber es war fuer uns beide zu frueh, und mit meiner Eifersucht habe ich ihr wohl oft die Luft zum Atmen genommen. Im Laufe der sechs Jahre habe ich damit viele Fehler gemacht, und sie hat unsere Beziehung dreimal beendet. Sie kam immer wieder zurueck, aber jede Trennung schmerzte mehr, und nach der letzten Trennung gab ich meine Hoffnung fuer eine gemeinsame Zukunft auf. Sie verbrachte ein Jahr in London, und ich zog vier Jahre weg und studierte.

Waehrend des Studiums lernte ich meine zweite Freundin kennen. Sie kommt aus den Vereinigten Staaten und ich habe sie immer in den Semesterferien besucht. Irgendwann habe ich auch ein einjaehriges Praxissemester absolviert, um mehr Zeit mit ihr verbringen zu koennen. Ich kehrte wieder nach Deutschland zurueck, beendete mein Studium und war bereit fuer den naechsten Schritt - Deutschland zu verlassen und in die Staaten ueberzusiedeln.

Eines Tages tauchte meine erste Freundin ploetzlich wieder auf und wir verbrachten eine Nacht zusammen, die mir grosse Gewissensbisse bereitete, schliesslich plante ich meine Zukunft nun mit meiner zweiten Freundin in den Staaten, die sich und ihre Beziehung aufgrund ihrer Abwesenheit auch nicht verteidigen konnte. Ich fuehlte mich richtig schlecht und benutzt als ich meiner Ex erlaubte mich zu verfuehren. Diesmal war ich derjenige, der den Kontakt beendete.

Ein Jahr spaeter zog ich um, und heiratete meine amerikanische Freundin. Und damit folgten eine Reihe von Veraenderungen und Probleme, die ich vorher nicht vorausgesehen und deren Ausmass ich vorher einfach nicht abschaetzen konnte.

Zuerst gab es grosses Heimweh - ich habe meine Eltern und Freunde sehr vermisst. Ploetzlich war es kein zeitlich beschraenkter Urlaub oder Praxissemesteraufenthalt mehr, sondern eine endgueltige Trennung. In den ersten Jahren war ich auch arbeitslos, d.h. habe mich mit gelegentlichen Freelance-Projekten ueber Wasser gehalten, aber finanziell war es mir zu jener Zeit auch nicht mehr moeglich einfach mal so nach Deutschland zu fliegen. Waehrend des Einwanderungsprozesses konnte ich das Land auch wegen des laufenden Prozesses fast zwei Jahre lang nicht mehr verlassen. Neben Selbsthass und gebrochenem Selbstvertrauen durch unbeantwortete Bewerbungen folgte eine Krise nach der anderen. Als ich hier festsass, starben in Deutschland meine Tante und Grossmutter in einem ziemlich kurzen Zeitraum und ich konnte sie nicht mehr besuchen um mich zu verabschieden oder sie noch ein letztes Mal zu sehen. Zur Beerdigung konnte ich auch nicht kommen - dies trieb damals auch einen Keil in meine Familie.

Ich erlebte die wohl groesste Krise meines Lebens. Meine Identitaet und all meine Habseligkeiten waren immer noch in Deutschland, und hier in den Staaten sass ich alleine da, d.h. bis auf meine Frau. Mein groesstes Problem war meine voellige Vereinsamung. Viele Menschen hatte ich nie in meinem Leben, aber es gab ein paar gute Freunde. In meiner Wahlheimat habe ich keine Freundschaften knuepfen koennen, meine Frau ist hat auch kein gesundes soziales Lebel, und ich glaube als (merkwuerdiges) Paar ist es wahrscheinlich auch schwieriger als fuer (glueckliche) Singles. Who knows. Diese und noch einige andere Probleme haben sich wohl auch auf unsere Beziehung ausgewirkt.

Wir gehen freundschaftlich miteinander um, sorgen fuereinander und helfen uns gegenseitig, aber Romantik oder koerperliche Naehe hat es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben. Sie hat auch gesundheitliche Probleme, die mich in eine Lage brachten mich so ziemlich um alles rund um den Haushalt zu kuemmern. Ich mag diese Stadt nicht, wuerde am liebsten wieder zurueck nach Deutschland zu meinen Eltern (bevor es zu spaet ist und es ihnen eines gesundheitlich zu schlecht geht), und unsere Beziehung ist groesstenteils auch wirklich nur ein gegenseitiges Abhaengigkeitsverhaeltnis. Sie kommt alleine genausowenig zurecht wie ich. Sie tut mir oft leid, und ich helfe ihr wo sie es nicht schafft. Ich fuehle auch, dass ich ihr etwas schuldig bin, weil sie mich in den Jahren der Arbeitslosigkeit unterstuetzt hat. Als ich einen Job hatte und sie waehrend der Wirtschaftskrise arbeitslos wurde, habe auch ich sie unterstuetzt, aber ich fuehle mich immer noch verantwortlich.

Aber von einer romantischen Beziehung kann nicht die Rede sein. Die Aussichten auf eine gemeinsame Familie und Kinder sehen auch nicht rosig aus. Sie ist vier Jahre aelter als ich, und auch gesundheitlich ist daran nicht zu denken. Ich denke, sie will auch keine Kinder. Ich haette auch Angst ein Kind in eine so abgekuehlte Beziehung ohne ein gesundes soziales Leben zu setzen.

Zu meiner ersten Freundin und grossen Liebe hatte ich viele Jahre keinen Kontakt mehr obwohl sie mich immer wieder im Netz gefunden hat und immer still im Hintergrund schlummerte. Ich habe immer bereut, dass es damals so lief wie es lief und sie auch immer wieder (besonders in schwierigen Zeiten) vermisst. Vielleicht hat meine Unfaehigkeit sie zu vergessen ebenfalls einen Schatten auf meine zweite Beziehung geworfen.

Im Januar schliesslich haben wir uns zum ersten Mal seit Jahren wieder schriftlich ausgetauscht und ich habe erfahren wie es ihr in den Jahren ergangen ist. Wir ziehen uns immer noch so an wie einst, und empfinden die gleichen starken Gefuehle fuereinander die verrueckterweise sogar koerperlich fuehlbar sind. Es ist verrueckt. Es war als seien all diese (10?) Jahre nie vergangen. Das, was ich in den letzten paar Monaten gefuehlt habe, habe ich in all den Jahren fuer unmoeglich gehalten. Das einzige Problem: Sie ist in einer ungluecklichen Beziehung mit ihrem Lebenspartner und finanziellen Verpflichtungen fuer ein Haus... ich bin in einer nicht so gluecklichen Beziehung mit Frau, Haus, und einem sehr gut bezahlten Job.

Ich koennte mir jetzt zwar Flugreisen erlauben, habe aber durch den Beruf mit ca. fuenf Tagen so gut wie keinen Urlaub im Jahr. Ich habe auch Angst, meine Frau zu verletzen und ein emotionales und finanzielles Schlachtfeld zu hinterlassen. Ich weiss, dass die Beziehung langfristig nicht mehr funktionieren kann, aber ich moechte sie auch nicht alleine und zugrunde gehen lassen.

Ich wuerde mir wuenschen, ideal waere, wenn wir unsere eigenen Wege gehen koennten und uns als platonische Freunde immer noch weiter unterstuetzen und fuereinander da sind, aber ich weiss nicht wie ich es anstellen soll und ueberhaupt ein Gespraech eroeffnen soll ohne dass sie zusammenbricht. Eine weitere Komplikation ist die geografische Trennung. Sollte ich wieder nach Deutschland ziehen, koennte ich sie nicht mehr in den Staaten unterstuetzen. Das andere Problem ist mein Job.. ich kann ihn nicht einfach aufgeben und in Deutschland wieder von Null einen Neuanfang starten. Wuerde ich nach all diesen Jahren ueberhaupt noch einen Job finden koennen? Und meine erste Freundin - nun, wer kann mir versichern, dass es diesmal ploetzlich funktionieren und nicht wieder auseinanderfallen wuerde? Ich kann doch nicht aus einer spontanen Laune heraus alles aufgeben und nachher voellig alleine und vor einem finanziellen Ruin zu stehen.

Ich weiss einfach nicht mehr weiter. Wir vermissen uns sehr - und ich stelle mir immer noch eine Familie mit ihr vor. Ich moechte es meiner Frau nicht antun. Es ist ein Ding der Unmoeglichkeit. Wir werden auch nicht mehr juenger. Ich moechte den Kontakt zu meiner Ex nicht abbrechen, weil ich hier einsam bin und es mir wirklich weiterhilft sich mit ihr zu unterhalten. Sie ist der erste menschliche Kontakt, den ich in den letzten Jahren (ausserhalb meines Jobs) hatte. Ich moechte sie nicht verlieren.

Ich koennte noch viel mehr schreiben und weitere Details ueber unsere Beziehungen offenbaren, aber ich denke ich habe vielleicht schon zuviel geschrieben. Gibt es eine Loesung ohne alles zu zerstoeren? Gibt es jemanden mit aehnlichen Auslandserfahrungen - besonders mit der Vereinsamung? Oder mit aehnlichen Beziehungsproblemen? Wie geht man am besten damit um? Ich glaube, dass ich es diesman nicht alleine bewaeltigen kann und Hilfe benoetige. Fuer jede Idee und jeden Gedanken bin ich superdankbar.

Danke im voraus.
 
M

Monarose

Gast
Wenn du dich trennst, dann nicht wegen der "alten Liebe". Du idealisierst sie.
Kannst du dir vorstellen, eine Paarberatung mit deiner Frau zu machen? Oder willst du ganz sicher raus?
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo ullyses,
deine Situation ist wirklich kompliziert und deine Probleme
darin gut nachvollziehbar - sowohl emotional, praktisch und
auch rein sachlich. Es wäre ein Wunder, wenn es dir dabei
nicht schlecht ginge - insofern reagierst du völlig normal und
"gesund".
Nach allem, was ich über Problemlösungen weiß, wird es in
deinem Fall nicht ohne einen sehr klaren Schritt und auch
nicht ohne "Opfer" abgeben, wenn du eine Veränderung in
deinem Leben herbeiführen möchtest. Und du wirst nicht
gleichzeitig alles so lassen können, wie es ist und deine Lage
verbessern. Diesen Widerspruch hast du ja "gefühlt" auch
schon erkannt. Einen großen Pluspunkt sehe ich jedoch da-
rin, dass du ganz alleine die Entscheidungen treffen kannst:
du kannst (wenn du das beschließt) die USA verlassen, aus
deiner Freundin eine Ex-Freundin machen, deinen Job kündi-
gen. Daran kann dich niemand hindern außer dir selbst, deinem
schlechten/guten Gewissen, deinem Verantwortungsgefühl. Es
ist alleine deine Entscheidung, wie dein Leben die nächsten
Jahre und Jahrzehnte verlaufen soll, ob du noch Kinder haben
wirst, ob du dir auch emotionales Glück gönnst bzw. ihm eine
realistische Chance gibst usw.
Ich kenne dich ja nicht außer aus deinen Zeilen - aber mein
Eindruck ist, dass dir ein Leben, das vor allem aus Arbeit,
Pflichterfüllung und Verantwortungsausgleich besteht, über
kurz oder lang seelisch den Garaus machen wird und dass dir
auf der anderen Seite (des Atlantiks?) ein Leben mit sozialer
Eingebundenheit, emotionalem Glück, Familie und einer leben-
digen Paarbeziehung wertvoll genug ist, dafür mit einigen der
Tabus zu brechen, mit denen du dich in den letzten Jahren um-
geben (und eingemauert bzw. blockiert) hast.
Es wäre doch gelacht, wenn du keinen Weg finden würdest, mit
deiner Freundin eine Absprache zu treffen, die ihr auch nach
deiner Rückkehr nach Deutschland hilft, ein gutes Leben zu le-
ben. Und die Jobsituation hier ist derzeit besser als je zuvor, es
gibt viele offene Stellen, speziell für Fachleute. Allerdings würde
ich dir (du hast es ja selbst schon angedacht) nicht raten, deine
Rückkehr alleine auf die neu erwachte Beziehung zu deiner Ex-
Freundin zu gründen. Diesmal wäre es wohl besser, du würdest
die Beziehung zu dir selbst als Anlass nehmen, deinen Lebens-
mittelpunkt zu wählen. Nimm dich selbst als Grund. Du bist wich-
tig genug und auch dein "Streben nach Glück" :) - das ist mehr
wert als jeder "gute Job", wenn er dich davon abhält, ein gutes
Leben zu führen.

Gute Gedanken und Entscheidungen wünscht dir
Werner

P.S. Deine Idee, mit jemand über deine Lage und die nächsten
Schritte zu sprechen, finde ich gut. Suche doch mal in deiner
Umgebung nach jemand, der "solution focussed counselling"
oder "-therapy" anbietet. Das ist eine lösungsorientierte Metho-
dik, die glaube ich gut zu dem passt, das du brauchst. Du kannst
aber natürlich auch weiter hier schreiben, wenn dir das nützt.
 
F

Fuechsin

Gast
Ich glaube ja, dass Menschen auch ueber sich hinauswachsen koennen. Und zuviel Rueckhalt kann auch vor dieser Entwicklung schuetzen.
Wenn du deine Frau verlaesst wird es schwer fuer sie und auch fuer dich.
Aber das ist immer noch besser als fuer den Rest deines Lebens zu ueberlegen, was denn haette gewesen sein koennte....
Mach deine Entscheidung nicht von deiner Ex abhaengig. Denn am Ende kann auch diese Beziehung irgendwann zerbrechen. Aber wenn du glaubst in Deutschland gluecklicher zu sein, dann GEH!
 

ullyses

Neues Mitglied
Vielen Dank fuer eure Antworten und Denkanstoesse!

Ich glaube ich bin mir nicht huntertprozentig sicher, ob ich ganz sicher raus will. Sicher, es faehlt die gluehende Leidenschaft in dieser Beziehung, die koerperliche Naehe, Waerme und Zuneigung - aber die Sicherheit, Zuverlaesslichkeit und ihre Treue in dieser Beziehung sind sicherlich Argumente, die auch wieder fuer unsere Beziehung sprechen.

Am Ende werde ich mir wohl die Frage stellen muessen, ob ich in einer recht kuehlen, geradlinigen und funktionalen, aber sicheren und friedlichen Beziehung gluecklicher bin, als eine, die moeglicherweise nur rauf und runter geht, sehr leidenschaftlich und gefuehlsbetont, aber auch manchmal sehr schmerzhaft sein kann. Aber ich muss dabei schon zugeben, dass mir die letzten Monate schriftlich/telefonisch mit meiner Exfreundin mehr Freude und Lebendigkeit gegeben haben als die letzten Jahre mit meiner Frau. Manchmal kann man zusammen und doch einsam sein - oder auch Tausende von Kilometern getrennt und trotzdem sehr nah verbunden sein.

Als ich noch in Deutschland wohnte war ich auch zu meiner Frau sehr nah verbunden obwohl wir soweit voneinander entfernt waren. Erst als wir staendig zusammen waren ging es nicht mehr.

Ich glaube es besteht auch eine Gewissensfrage - koennte ich mich auf eine neue Beziehung einlassen, wenn wir uns nicht einig seind und es keine gemeinsame Uebereinkunft darin gibt, dass es doch besser waere, getrennte Wege zu gehen? Koennte ich es mit meinem Gewissen vereinbaren, sie zu verletzen und sie mit einem emotionalen Truemmerhaufen und ihrer gesundheitlichen Situation alleine zu lassen? Wuerde mein schlechtes Gewissen es unmoeglich machen, mich fallen zu lassen, mein Leben zu geniessen und es mit meiner Freundin zu teilen?

Es waere vielleicht leichter eine Entscheidung zu treffen und Antworten zu finden, wenn wir uns staendig streiten oder uns ueberhaupt nicht verstehen wuerden. Aber wir streiten nicht, wir gehen friedlich miteinander um, und meine Frau hat mir nie etwas angetan. Wenn ich ihr etwas Schlimmes antun wuerde, staende ich genauso schlecht da wie der Exmann meiner Grossmutter vor vielen Jahren, der ihr ziemlich grosses Leid antat - sie war bis zu ihrem Tod nicht darueber hinweggekommen - das hat einige Narben in meiner Kindheit hinterlassen, da ich damals viel Zeit mit ihnen verbracht hatte.

@Werner, besser haette ich es nicht formulieren koennen - ein Leben, das vor allem aus Arbeit, Pflichterfuellung und Verantwortungsausgleich besteht, wird mir seelisch irgendwann den Garaus machen. Im letzten Jahr war es besonders schlimm, ich habe mich in etwas hineinmanoevriert, das jeglichen Hauch von Leben vernichtete. Neben dem Job von 8 bis 17 Uhr am Tag hatte ich noch einige Freelance-Projekte die fast jeden Abend und jedes Wochenende beanspruchten, und im letzten Herbst habe ich noch ein paar Kurse in den Mix geworfen. Irgendwann fuehlte ich mich nur noch ausgebrannt. Ich habe vielleicht gehofft, dass ich durch andere Projekte und Studien vielleicht meine Lage hier aufbessern koennte. Vielleicht war es auch ein Versuch, ein leeres Loch mit etwas Sinnvolles aufzufuellen oder mich von dieser Beziehung abzulenken.

Die Aussichten auf der anderen Seite sind in der Tat schon viel lebensfreudiger und attraktiver.. ein sozial eingebundenes Leben, emotionales Glueck, Lebendigkeit und moeglicherweise ein Familienglueck? Und dazu noch die Moeglichkeit meine Eltern wiederzusehen (zu denen ich frueher immer sehr nahe war)? Das sind schon starke Argumente fuer einen Szenenwechsel. Was mich jedoch gleichzeitig auch zoegern laesst ist die Angst, dass es nur eine Illusion sein koennte, dass all diese gluecklichen Bilder und Traeumereien sich eben nicht bewahrheiten und nichts von alldem eintreffen, und es zum Schluss alles andere als ein glueckliches Ende geben koennte.

Naja, selbst wenn es nicht mit meiner Exfreundin funktioniert, gaebe es immer noch eine gemeinsame Zeit mit meinen Eltern. Das waere schon etwas schoenes. Da muss ich @Fuechsin zustimmen - die Entscheidung sollte ich wohl nicht von meiner Freundin abhaengig machen. Ob ich in Deutschland ohne meine Freundin/Eltern gluecklicher waere ist auch eine gute Frage... ich weiss es nicht. Ich wollte mir schon immer ein bischen Zeit nehmen und mir (schriftlich) Gedanken darueber machen und alles auflisten, was ich wirklich mag oder nicht mag, was genau ich suche und wo ich langfristig eine gluecklichere Zukunft sehe. Grass is always greener on the other side wie es hier so schoen heisst. Es gibt hier in den Staaten einige Dinge die ich im Laufe der Jahre liebgewonnen habe, aber natuerlich auch in Deutschland noch vieles, das mich auch heute noch an meine Heimatstadt oder auch Studienort bindet. Erinnerungen vor allem, Freunde, ein besseres Verstehen und Verstandenwerden. Vieles waere in Deutschland wohl auch einfacher - obwohl ich einiges auch in den Staaten einfacher und unkomplizierter fand als in meinem ersten Lebensabschnitt.

Ich wuenschte wir koennten zu dritt mit jemandem ueber die Lage und die naechsten Schritte sprechen. Waere es nicht fairer wenn jeder jeden anderen anhoeren und erfahren koennte wie es wirklich um die Beziehung, Freundschaft oder Gefuehle steht? Aber das ist wohl auch nicht realistisch, nicht zuletzt auch logistisch nicht machbar. Es ist wohl auch nicht realistisch zu erwarten dass sie sich gut verstehen oder dass sie mir den Segen geben wuerde nur noch platonisch als Freunde Kontakt zu pflegen waehrend ich mit meiner Ex zusammenlebe.

Als ich vor einiger Zeit versucht habe mit ihr darueber zu sprechen, wie sehr ich meine Familie vermisse und dass ich Angst davor habe, dass sie sich eines Tages nicht mehr helfen koennen, hat sie nur geschwiegen und spaeter das Thema gewechselt. Das habe ich ihr noch nicht einmal uebel nehmen koennen.. ich haette wohl auch nichts zu antworten gewusst. Ich glaube dass sie wohl auch Angst davor hat welche Entscheidungen ich treffen koennte.

Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sie reagieren wuerde wenn ich meine Exfreundin ins Gespraech bringe.

Ich wuenschte manchmal ich haette eine gesuendere, kompromisslosere Beziehung zu mir selbst. Vielleicht wuerde es mir dann leichter fallen ein gutes Leben zu fuehren und alle Hindernisse aus dem Weg zu schaffen ohne mir den Kopf zu zerbrechen und vom Gewissen geplagt zu werden.

Heute geht es mir ein bischen besser als vor einigen Tagen. Vielleicht hat es schon geholfen alles einmal von der Seele zu schreiben, obwohl ich noch einiges zu loesen habe. Vielen Dank nochmal fuer all eure Gedanken und danke dass ihr euch die Zeit genommen habt meinen Wortschwall zu lesen.. Schoenes Wochenende!
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
AW: Vereinsamt, Verzweifelt, Kummer und Zerissenheit zwischen DE und USA

Ich wuenschte wir koennten zu dritt mit jemandem ueber die Lage und die naechsten Schritte sprechen. (...)

Ich wuenschte manchmal ich haette eine gesuendere, kompromisslosere Beziehung zu mir selbst. Vielleicht wuerde es mir dann leichter fallen ein gutes Leben zu fuehren und alle Hindernisse aus dem Weg zu schaffen ohne mir den Kopf zu zerbrechen und vom Gewissen geplagt zu werden.
(...)
Heute geht es mir ein bischen besser als vor einigen Tagen. Vielleicht hat es schon geholfen alles einmal von der Seele zu schreiben, obwohl ich noch einiges zu loesen habe.
Hallo ullyses,
ich kann mir auch vorstellen, dass es dir geholfen hat, dir
über deine Lage Gedanken zu machen und es auch hier
mit anderen zu teilen. Damit stehst du ja auch vor dir selbst
zu dem, was ist - man könnte auch sagen: du arbeitest an
der "gesünderen Beziehung zu dir selbst", die du dir wünschst.

Dass ein Gespräch zu dritt hilfreich wäre, würde ich aus meiner
Erfahrung (als Paarberater) anzweifeln - es sei denn, du gäbst
eurer Beziehung auch emotional noch eine Chance, was ich ge-
rade nicht sehe. Es scheint so, als hättest du diese Ebene an
Zwischenmenschlichkeit weitgehend ausgeblendet und nur
noch deine Ex-Freundin hat aus alter Verbundenheit diese Sei-
te an dir nochmal aktivieren können.

Es ist deutlich, dass dir Einiges fehlt und dass du es derzeit in
deiner Partnerschaft nicht leben kannst. Ich denke, es ist deine
Entscheidung, ob du das, was jetzt gut ist zwischen euch und
auch an deiner Gesamtsituation, eintauschen willst gegen einen
Neuanfang, der dir keine Garantien gibt, aber vielleicht mehr
Chancen, ein "gutes Leben" zu führen - unabhängig davon, wer
dann darin welche Rolle spielt. Es gibt ja auch Beispiele wie
unseren neuen Bundespräsidenten, in denen Paare verbunden
bleiben, auch wenn sie nicht mehr zusammenleben oder sogar
mit einem neuen Partner leben.

Und was dein schlechtes Gewissen anbetrifft: es würde mich
sehr wundern, wenn deiner Partnerin nicht auch etwas in eurer
Beziehung fehlen würde. So gesehen würdest du mit einem ge-
ordneten Ausstieg und Neuanfang auch ihr die Möglichkeit geben,
sich neu zu orientieren. Wenn du dich aber völlig verpflichtet
fühlst, bei ihr zu bleiben und für sie zu sorgen, musst du das
auch um deines Seelenfriedens willen tun. Ob du dann deine
anderen Bedürfnisse durch Besuche in der Heimat oder durch
eine Liebesbeziehung zu einem anderen Menschen stillst, ist
deine freie Entscheidung. Du kannst auch bewusst auf etwas
verzichten und es gut sein lassen, darüber zu grübeln, was sein
könnte oder nicht und stattdessen genau das schätzen, was ist
und was du lieben kannst.

Viele Grüße,
Werner
 

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