Eine Verhaltenstherapie ist nicht auf die Behandlung von Traumata ausgelegt und das aus 2 Gründen:
1. Verhaltenstherapie dient dazu psychiatrisch auffällige Verhaltensweisen, die durch eine psychische Störung verursacht werden, zu korrigieren.
Eine Traumafolgestörung ist keine psychische Störung, sondern eine höchst natürliche Reaktion auf unnatürliche Erlebnisse.
Würde man nun das Verhalten anpassen, würde man lediglich die nach außen sichtbaren Folgen therapieren und somit die Verdrängung und Isolation der traumatischen Erfahrung fördern, nicht aber die Aufarbeitung und Integration in das Bewusstsein.
2. Verhaltenstherapie arbeitet sehr häufig mit Konfrontationstherapie, welche bei Angststörungen sehr wirksam sein kann, bei falscher Einschätzung durch den Therapeuten aber sogar hier überhaupt erst zur Bildung eines Traumas durch Schock führen kann.
Bei ihr werden die Betroffenen einer Angst so lange ausgesetzt, bis sie die Grenze des Erträglichen überschreitet und das teilweise sehr massiv.
Konfrontationen eines Traumapatienten mit Trauma oder Trigger bis über diese Grenze hinaus führt nur zu einer Sache: Retraumatisierung.
Dadurch verschlimmert sich die Symptomatik enorm oder sie unterbricht sich durch Dissoziation und Verdrängung - und tritt dann zu einem späteren Zeitpunkt umso stärker wieder auf.
Ich selbst hatte traumatische Erlebnisse in der Kindheit und wurde ein Jahrzehnt lang mit Verhaltenstherapeutischen Ansätzen "zwangsbehandelt", da meine Eltern die Therapeuten aussuchten und diese Versprechen von großen Erfolgen machten, obwohl es nur zu wiederholter Retraumatisierung kam.
Traumatherapie beinhaltet immer entweder psychoanalytische oder tiefenpsychologische Ansätze, in drei Phasen (Stabilisierung, Aufarbeitung, Integration) und wird (außer der Stabilisierungsphase) ambulant in Gesprächstherapie durchgeführt;
Oder Techniken wie EMDR, die physisch wirken.
Zu den Phasen:
Stabilisierung dient der Beruhigung des Patienten. Dabei werden Techniken vermittelt, um zB Flashbacks & Alpträume zu unterbrechen und einen stabilen, regelmäßigen Alltag wiederherzustellen.
Aufarbeitung, dient der Bewusstmachung des Traumas. Eventuell abgespaltene und verdrängte Erinnerungen (durch Dissoziation zB) werden herausgearbeitet. Mit bereits bewussten Erinnerungen wird gearbeitet, sie werden zB immer wieder durchgesprochen oder aufgeschrieben, bis der Patient sie begreift und damit umgehen kann. Trigger und Flashbacks vermindern sich in dieser Zeit.
Integration dient der Akzeptanz des Traumas, als Teil der Vergangenheit.
Hier lernt der Patient mit der Erfahrung bewusst umzugehen und sie als *wirklich* vergangen wahrzunehmen, als etwas, das vorbei ist und einen extremen Ausnahmezustand darstellt.
Er lernt mit dem Trauma zu leben.
Wenn man sich diesen Aufbau ansieht, dürfte eigentlich deutlich werden, weshalb reine "Umerziehung" in Form von Verhaltenskorrigierender Therapie keine dauerhafte Lösung zur Bewältigung eines Traumas darstellt.
Der Fachwelt ist dies durchaus bekannt und bewusst.
Weshalb es trotzdem immer wieder Psychotherapeuten gibt, deren Ausbildung zum Verhaltenstherapeuten eigentlich nicht ausreicht, um eine Traumatherapie durchzuführen, die aber trotzdem Traumata behandeln, ist mir teilweise schleierhaft.
Vermutlich wegen dem hohen Mangel an Fachkräften in Deutschland, um zumindest eine "Erstversorgung" zu bieten.
Dann sollten sie sich allerdings meiner Meinung nach eher auf konkrete Stabilisierung konzentrieren und nicht mit unangemessenen Therapieformen weiteren Schaden produzieren.
Es wäre wünschenswert, dass sie betroffene Patienten möglichst schnell an spezialisierte Kollegen weiterleiten.