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Verlust von Vertrauen

lea

Aktives Mitglied
@Mona Was du schreibst, erinnert mich an meine eigene Therapie, meine Gefühle und die Veränderungen, die ich an mir gemerkt hab.
Du machst das richtig, trau dich, du selbst zu sein!
Was das Verarbeiten von Problemen angeht, kann ich dir nicht ganz zustimmen. es kommt wohl drauf an, wie massiv und langanhaltend die Einflüsse waren. Oder man müsste lebenslang in Therapie bleiben, wär auch ne Lösung aber da amchen die Krankenkassen nicht mit.
Aber man kann immerhin lernen, damit umzugehen. In guten Zeiten bedaure ich diese unsensiblen sogar manchmal. Son gefühlsmässiger Einheitsbrei kommt mir langweilig vor. Wer tief leiden kann, erlebt auch Momente des Glücks intensiver.

LG Lea
 
M

Mona

Gast
Hallo Lea!

Ich glaube auf keinen Fall, dass man nur lernen kann, damit zu leben. Ich sehe es an Dingen, die ich hinter mir gelassen habe. Warum also nicht auch den Rest? Aber mit "lebenslang" hast du Recht. Ich setze mich mit allem seit 17 Jahren intensiv auseinander. Und werde es auch weiterhin tun. Aber vielleicht gehen wir von unterschiedlichen Vorstellungen aus. Wenn du meinst, irgendwann sei man sozusagen das Idealbild eines Menschen und würde keine Probleme mehr haben, dann ist das nicht das Ziel, das ich habe. Aber ich möchte mich von den Prägungen befreien, die mich in meinem authentischen Selbstausdruck einschränken, die mir die Sicht verstellen und die mich in Verhaltensmuster zwingen, die nicht Selbstausdruck sind, sondern nur Konditionierung. Und das konnte ich schon in einigem. Wenn ich daran denke, wo ich angefangen habe und wie ich heute bin, liegen wirklich Welten dazwischen. Und die Einflüsse bei mir waren hart, intensiv und haben sehr lange gedauert. Ich bin zum Beispiel mit sehr viel Gewalt aufgewachsen, habe aber mein Kind kein einziges Mal geschlagen, weil ich Wege entwickelte, ihm anders die Grenzen zu setzen, die notwendig waren. Eine der schwierigsten Sache auf diesem Weg war es, zu unterscheiden, was wirklich zu mir und meinem ureigenen Wesen gehörte - und was nur Reaktion auf Altes. Da lerne ich immer noch sehr viel dazu.
Die Unsensiblen habe ich noch nie beneidet. Ich war lange Zeit voller Abwehr und man hätte mich auch für unsensibel halten können. Doch das war ich nie, ganz im Gegenteil. Ich finde, jeder Mensch sollte sein wie er ist. Ob hochsensibel oder weniger sensibel ist überhaupt nicht ausschlaggebend. Schlimm wird's nur, wenn sich fühlende Menschen in Mustern bewegen, die ihre Gefühle abtöten. Und davon gibt's viele. Aber sie wissen das nicht. Doch glücklich sind sie dabei mit Sicherheit nicht. Ich glaube sogar, dass es gar keine seelisch gesunden Menschen gibt, die sehr unsensibel sind. Die wirklich Unsensiblen haben nur einen Weg gefunden, sich ihren Verhärtungen nicht stellen zu müssen und verlassen diesen Weg nie. Das beziehe ich jetzt nicht auf das Auftreten. Wenn jemand immer sanft und lieb ist, heißt das noch lange nicht, dass er nicht darauf dressiert wurde und dahinter oft genug ein harter Kern steckt. Umgekehrt ist es aber auch so, dass wenn jemand burschikoser und polternder auftritt, nicht eine ganz feinfühlige Seele haben kann. Das alles sind nur Äußerlichkeiten, sozusagen die Verpackung, aber nicht unbedingt der Inhalt. Man kann "Sensibilität" auch leicht mit Überempfindlichkeit verwechseln - die Gründe haben kann, die nichts damit zu tun haben, etwa übermäßige Verwöhnung, Unselbständigkeit u.dgl. Ein sensibler Mensch ist für mich aber einer, der sich in andere Menschen einfühlen kann und in dem das Leid anderer echtes Mitgefühl hervorruft. Wieviele sind nicht weit davon entfernt? Sie denken nur an sich und auch wenn es oft so aussieht, als wären sie nur übermäßig gut und menschlich, kann der Grund dafür sein, dass sie Angst haben, zu sich selbst zu stehen. Ich hab schon erlebt, dass man, wenn man an so einer Fassade kratzt, oft ganz was anderes dabei sichtbar wird. Die Gier nach Selbstbestätigung und die Angst vor Ablehnung.
Viele sehen das gar nicht, sie halten sich an den Schein. Aber so war ich nie, nicht mal als Kind. Schon da konnte ich echt von unecht unterscheiden - und das hat mir viele Schwierigkeiten eingebracht. Denn wer will das schon hören? Ich wurde unterdrückt und bestraft dafür - aber ich hab das dennoch nie verloren. Nur mir lange Zeit schon nicht mehr selber geglaubt. Aber das löst sich immer mehr auf und ich bin sicher, es wird sich weiter auflösen. Ich werde mich niemals damit abfinden, mit meinen Schwierigkeiten leben zu lernen. Ich werde mich davon befreien und hab es auch schon zu einem großen Teil gemacht.
Aber das Leben ist nicht einfach. Sieh dich um und schau dir die Welt an! Sensible Menschen werden niemals ständig nur auf dem Glückstripp sein, das ist unmöglich bei all dem Leid ringsherum. Und auch man selber wird nie gänzlich davon verschont bleiben, denn zum Leben gehört eben alles, nicht nur das Schöne. Wirklich schlimm ist nur, wenn man seine Lebensenergie ewig dafür vergeudet, in der Pseudowelt zurecht zu kommen, die uns als Kinder eingeredet wurde. Und es gibt so viele, die das tun. Deshalb glaube ich auch, dass die, bei denen der Leidensdruck zu groß wird, um das noch durch zu ziehen, diejenigen sind, die die größten Chancen darauf haben, da einmal auszusteigen. Man kann wirklich alles von verschiedenen Seiten betrachten. Was aber nicht heißt, dass - wenn man selber gerade leidet - das nicht total schmerzhaft ist und man nicht verzweifelt oder nicht die Hilfe anderer braucht. Aber gerade die ärgsten Leidenszeiten können uns am meisten weiter bringen. So sehe ich das jedenfalls.
Liebe Grüße
Mona
 

lea

Aktives Mitglied
Hi Mona,

wenn ich lerne, mit meinen Schwächen zu leben und damit umzugehen, dann ist das doch aber eigentlich nix anderes, als meine Individualität anzuerkennen. Es sind ja MEINE Macken.
Mir kommt das im Moment so vor, als suchtest du nach einem Idealzustand. Bitte nix persönlich nehmen aber so euphorisch war ich auch mal.

Die Suche nach dir selbst wird wohl die Grundlage sein, dir zu Authonomie zu verhelfen. Für den Moment......man wird immer wieder neues an sich entdecken, wenn man sich neuen Einflüssen aussetzt. Von daher, und da waren wir uns ja einig, wäre ne lebenslange Begleitung durch einen Psychologen sinnvoll. Es wird dann auch neue Probleme geben.
Ebenso wird ne Konditionierung nicht ewig anhalten. Das ist wie mit englisch lernen. Wenn man keine Gelegenheit zur Anwendung hat, is alles irgendwann wieder wech.

Bitte versteh mich jetzt nicht falsch. Ich hab überhaupt keine Bedenken, dass du das schaffst. Du bist ne starke Frau. Das da oben sind meine Erfahrungen.

Darf ich fragen, was das für Prägungen sind, die deinen authentischen Selbstausdruck einschränken? Es tauscht sich besser aus, wenn man kongreter wird.

LG Lea
 
M

Mona

Gast
Hallo Lea,
meine persönlichen Prägungen sind ganz schön heftig. Ich war ein sehr empfindsames Kind mit viel Gefühl. Hatte aber eine sehr derbe und grobe Mutter. Dazu noch war ich nicht willkommen, zweites Kind, sozusagen ein "Unfall". Von Anfang an mochte sie mich nicht, besonders, weil ich nicht pflegeleicht war und in ihren Augen viel zu "heikel". Sie war so grob zu mir und hat mich ständig geschlagen - wenn ich geweint habe, schlug sie nochmals zu. Zu meiner um 7 Jahre älteren Schwester kam dann noch 3 Jahre nach mir mein Bruder. Sie war die Brave und Vernünftige, er der kleine Liebe. Ich war der Störenfried und die Ungeliebte. Da ich mich nicht unterwürfig in mein Schicksal ergeben habe, habe ich viel rebelliert. Das hat mir noch mehr Ablehnung eingebracht. Aber ich konnte gar nicht anders, so ist mein Temperament einfach. Zu meinem Vater hatte ich eine ganz gute Beziehung, aber da die Ehe schlecht war, wurde das abgewertet und ständig untergraben. Ich wurde zwar gut versorgt und finanziell fehlte es mir an nichts, aber ich habe niemals das Gefühl von Respekt und Angenommensein erlebt. Meine Geschwister stellten sich genau so gegen mich wie meine Mutter. Ich hab mir einfach immer eine ganz gute Freundin gesucht, mit der ich mich total verbunden fühlte und habe das Ganze so relativ gut überlebt. Aber das ist natürlich für ein Kind nicht genug, doch mehr gab es nicht für mich. Meine Mutter war oft an Grausamkeit nicht zu überbieten. Ich war immer sehr, sehr tierliebend. Einmal bekam ich ein Kaninchen geschenkt - ganz jung. Ich liebte es sehr, es wurde total zutraulich. Eines Tages wurde es jedoch als Mittagessen serviert (wir waren keine Bauern). Und als ich begriff, was da am Teller lag, heulte ich wie verrückt und lief davon. Ich wurde ausgelacht für meine "Empfindlichkeit" und dafür bestraft.
Ja, Lea, ich könnte noch einige solcher Geschichten schreiben, aber ich denke, das reicht als Beispiel.
Das alles habe ich schon verarbeitet und hinter mir. Aber es kommt noch immer wieder Neues hervor - Erinnerungen, die ich bisher auf Eis gelegt hatte. Ich muss mich mit jeder auseinander setzen, denn anders kann ich mich nicht davon befreien.
Liebe Grüße
Mona
 

lea

Aktives Mitglied
Hi Mona,

unsere Biografien ähneln sich. Was mir auffällt ist der Satz: Von Anfang an mochte sie mich nicht.
Was ist das eigentlich für ein Scheissmechanismus, der ansonsten normale Mütter dazu bringt, eins ihrer eigenen Kinder nicht zu lieben. Ich habs nie begriffen und werds nie begreifen. Lea
 
M

Mona

Gast
Hallo Lea,
Es gibt keinen Mechanismus, der Mütter eines ihrer Kinder nicht lieben lässt, sondern solche Mütter können überhaupt niemand wirklich lieben. Auch meine Geschwister haben einiges abbgekommen, wenn auch nicht auf die Art und Weise wie ich, jedoch wurden sie auch nie als eigenständige Menschen wahr genommen.
Ich habe schon viel über all das nachgedacht und mit den Jahren verstanden, was im Grunde da geschieht. Eigene unverarbeitete Dinge, die ein Leben lang im Rucksack mitgeschleppt werden und ständig zu denselben Verhaltensmustern zwingen bis sich das Ganze so verfestigt hat, dass keine Änderung mehr möglch ist war eine Spezialität unserer Elterngeneration. D.h alle Neurosen wurden unreflektiert beibehalten. Und auf dieser Basis wurde gelebt.
Ich hab einmal gelesen, dass Eltern alle Probleme, die sie nicht lösen, an ihre Kinder weiter geben. Und davon bin ich auch überzeugt. Je gestörter die Eltern, desto größer der Schaden bei den Kindern. Denn die sind ja jahrelang von ihnen beeinflusst worden und haben ihre ersten Bezugspersonen in ihnen gehabt. So "lernt" ein Kind, wie die Welt ist, wie es andere sehen und wie es selbst gesehen wird. Wenn man nicht das Glück hat, einfühlsame und liebevolle Eltern zu haben, die die Persönlichkeit ihres Kindes achten, hat man zwangsläufig später damit Probleme. Denn das alles formt ja auch das Selbstbild und das gesamte Lebensgefühl.
Ich hab auch mal gelesen, depressiv wird man nicht geboren, man wird depressiv gemacht. Auch das glaube ich.
Ich denke, meine Mutter hat ihren ganzen Lebensfrust an anderen ausgelassen. Bevor sie sich selbst hinterfragt hat, hat sie alle anderen schuldig gesprochen daran. Sie war wie ein wütendes Kind, das im Körper eines Erwachsenen steckte. Nicht viel reifer, muss ich ehrlich gestehen. Sie hat alle tyrannisiert und mich schon deshalb am meisten, weil ich die Eigensinnigste war. Sie wollte, dass alle auf ihre Befehle hin springen sollten, aber ich hab das nicht getan. Also war ich "böse". Warum ich oft zu Dingen nein gesagt habe, die sie verlangte, hat sie nicht interessiert, weil sie meine Gefühle und Bedürfnisse überhaupt nicht interessiert haben. Sie kannte ja nicht mal ihre eigenen wirklich.

Aber kein Kind kann was dafür, wenn die Mutter so ist. Es hat ein Recht auf bestmögliche Behandlung. Nur nützt das leider nichts, wenn die Eltern dazu gar nicht fähig sind. Das Einzige, was man davon mitnehmen kann, ist, daraus zu lernen, selber seine Familiengeschichte zu hinterfragen und dem endlich ein Ende zu setzen. Aber das ist unheimlich schwer, denn geprägt ist geprägt und es bedeutet sehr viel Arbeit an sich, das stückweise abzulegen. Ich kenne aber ein paar Menschen, die da gut voran kommen. Vieles ist möglich, wie ich dadurch sehe. Ich denke, am wichtigsten ist es, immer mit sich selbst in Kontakt zu bleiben und sich die eigenen Gefühle anzusehen, seine Ängste zuzulassen usw. Wenn man nur drüber hinweg lebt, kommt man nicht weiter. Das tun aber die meisten. Ich halte auch Löckchens Freund für so einen Menschen. Die Beziehung zu seiner Frau läuft nicht so wie er das möchte - also nimmt er sich eine Freundin. Da er aber offenbar mit überhaupt niemand eine tiefere Beziehung führen kann, lässt er die dann auch wieder fallen und geht zurück. Solche Männer betrachten ihre Ehefrauen als Mutterersatz und kaum als erwachsenes, gleichwertiges Gegenüber. Das sind sie ja selber im Innersten nicht. Solange es Mitspieler gibt, können sie so weiter machen. Nur wenn sie niemand mehr finden, werden sie gezwungen, sich mit sich selber auseinander zu setzen. Doch leider finden die meisten ihre Mitspieler immer wieder. Der Mann einer Bekannten von mir hatte jahrelang eine Freundin. Dann machte er Schluss, blieb wieder bei seiner Frau. Nach einem Jahr hatte er eine neue Freundin. Die Frau bleibt trotzdem bei ihm. Das bedeutet aber nur, dass sie selber ordentliche Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl hat. Wenn die Menschen sich weniger an das klammern würden, was sie davon abhält, mal der eigenen Wahrheit ins Gesicht zu sehen, wären alle besser dran. Aber dazu kann man niemand zwingen.
Meine Eltern haben sich niemals ihrer Wahrheit gestellt. Sie stritten, jammerten und tobten bis zu ihrem Tod. Weder wurden sie glücklich noch wir Kinder. Ehrlich gestanden ist mir da lieber, ich gehe den mühevollen Weg der Selbstfindung als dass ich ihnen das nach mache. Da hat man wenigstens eine Chance, andernfalls aber hat man sie nicht.
Liebe Grüße
Mona
 

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