Ich möchte einmal folgenden Aspekt zur Diskussion einbringen:
Die emotionale Vernachlässigung und Misshandlungen von Kindern steigern nach Expertenmeinung die Wahrscheinlichkeit von psychischen und körperlichen Erkrankungen im Erwachsenenalter erheblich. Körperliche Misshandlungen von Kindern kämen wesentlich häufiger vor als sexueller Missbrauch, hätten aber genauso schlimme Folgen, schätzte der leitende Oberarzt an der Mainzer Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ulrich T. Egle, ein.
Zu diesem Thema gab es im Oktober 2001 in Mainz eine erste internationale Konferenz, die den Zusammenhang zwischen psychosozialen Belastungen in der Kindheit und Gesundheit im Erwachsenenalter zum Thema hatte. So wird z. B. das Stresssystem im kindlichen Gehirn durch Misshandlungen derart geprägt, dass die Stressbewältigung ein Leben lang beeinträchtigt ist. Die Zahl der vernachlässigten Kinder steige, und psychische Beeinträchtigungen könnten sich noch Jahrzehnte später als Erkrankungen äußern.
Die Vernachlässigung - wie beispielsweise nicht ausreichende Flüssigkeit und Nahrung - können hauptsächlich bei Säuglingen und Kleinkindern von gesundheitsschädlicher bis hin zu lebensbedrohlicher Körperaustrocknung, Unterernährung oder sogar bis zum Tode führen.
Ebenso gesundheitsgefährdend können sich auch eine extreme Vernachlässigung der Körperpflege oder eine der Witterung unangepasste Kleidung auswirken.
Und die emotionale Vernachlässigung wie zu wenig Zuwendung, Gefühlskälte oder Feindseligkeit der Eltern können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, zu körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklungsstörungen führen.
Je jünger ein vernachlässigtes Kind ist, umso größer ist das Risiko bleibender Schäden in seiner körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung.
Vernachlässigung im Säuglingsalter kann sich in einer Bindungsunfähigkeit, im Kleinkindalter in Beziehungsstörungen auswirken. Auch das ältere Kind kann in seinem Persönlichkeits- und Selbstwerterleben in schwer wiegender Weise angegriffen und geschädigt werden.
Ich habe selbst Familien (wohlgemerkt: ehrenamtlich als Hilfestellung für Eltern) betreut, in denen die Kinder einfach nur versorgt werden: sie werden angezogen und erhalten ausreichend Nahrung, aber ansonsten funktionieren diese Kinder wie Roboter, sie wachsen auf ohne Zuneigung, Liebe, Wärme auf. Alleingelassen (manchmal auch in einem mit Spielsachen vollgestopften Kinderzimmer), mit einem Fernseher als Betreuer. Und ich bin immer wieder erschüttert, wie sich dann die Eltern äußern und meinen, sie tun doch alles für ihr Kind. Wenn man solchen Eltern dann sagt, es ist nicht vorrangig eine Frage des Geldes, wie man ein Kind aufwachsen lässt, ein Kind braucht Zeit, dann ist das Verständnis oft bei Null. Immer und immer wieder geht es darum, dass man seinem Kinde was bieten „müsse“, dass es ihm an nichts fehlen solle, meint aber eigentlich damit immer nur materielle Dinge. Dabei erkennen sie nicht, dass sich viele Kinder selbst in der Familie einsam fühlen. Das einfach Gefühle für die Kinder nicht da sind. Und auch das ist eine Pflicht der Eltern, die sie gegenüber ihren Kindern haben.
Und ich begrüße es, dass darauf mehr Augenmerk gelegt wird, denn die Fälle an Vernachlässigung von Kindern in den letzten Jahren, mehrfach mit Todesfolge, machen solche Vorschriften notwendig.
Eisherz