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Wahlrechtsreform der Ampelkoalition

Amatio

Aktives Mitglied
In dem Video seht ihr die Debatte zur Wahlrechtsreform der Ampelkoalition. Sie ist sehr interessant und fand vorgestern statt (Freitag, 17.03.2023).

Kernpunkte der Reform: Der Bundestag hat künftig fix 630 Abgeordnete. Die Anzahl der Wahlkreise bleibt bei 298. Die Grundmandatsklausel wird abgeschafft. Es gibt keine Überhangmandate und keine Ausgleichsmandate mehr. Wenn eine Partei mehr Erstmandate (relative Mehrheitswahl in den 298 Wahlkreisen) gewinnt, als es ihr nach den Zweitstimmen (Verhältniswahl mit 5%-Sperrklausel, zukünftig ohne die bisher durch die Grundmandatsklausel geregelte Ausnahme) zusteht, dann bekommt sie nur soviele direkt gewählte Abgeordnete, wie es ihr nach den Zweitstimmen zusteht.


Beispiel: Eine Partei hat 10% der Stimmen und hat 80 Direktmandate gewonnen. Dann bekommt sie von diesen Direktmandaten nur 63 (10% von den künftig festgelegten 630 Sitzen des Bundestages). Die anderen 17 direkt gewählten Abgeordneten gehen leer aus. Gewählt ist gewählt gilt nicht mehr. Das Ganze nennt sich Zweitstimmendeckung.

Das trifft die Linke und die CSU.
Die Linke hat bei der letzten Bundestagswahl nur 4,9% der Zweitstimmen bekommen. Sie hat jedoch drei Wahlkreise mit der Erststimme gewonnen (natürlich im Osten: zwei in Osten von Berlin, einen in Leipzig). Ab drei gewonnen Wahlkreisen griff bisher die Grundmandatsklausel. Das bedeutet, die 5%-Hürde war aufgehoben und die Partei bekam nicht nur die drei Direktmandate, sondern so viele Sitze, dass es den 4,9% entsprach. Insgesamt 39 Sitze von 736 Sitzen insgesamt (tatsächlich ist das sogar etwa 5,3%. Das ist etwas mehr als die 4,9% Zweitstimmenanteil der Linken, was daran liegt, dass andere Parteien durch die 5%-Hürde nicht in den Bundestag gekommen sind).

Nach dem neuen Wahlrecht ginge die Linke beim gleichen Ergebnis wie 2021 komplett leer aus. Die Grundmandatsklausel gibt es nicht mehr. Und noch nicht mal die drei direkt gewählten Abgeordneten kämen rein.
Die Linke spricht deshalb von einem Anschlag auf die Demokratie. Ich sehe das auch so.

Und die CSU hat bei der letzten Bundestagswahl 45 von 46 Direktmandaten in Bayern gewonnen. Und hatte 5,2% der Zweitstimmen in ganz Deutschland. Würde sie bei der nächsten Bundestagswal 2025 wieder 45 Direktmandate in Bayern gewinnen, jedoch nur noch 4,9% der Zweitstimmen bekommen, dann ginge sie komplett leer aus trotz 45 direkt gewählter Abgeordneter. Millionen von Stimmen fallen weg. Der winzig kleine SSW (Südschleswigscher Wählerverband, Partei der dänischen Minderheit im Norden von Schleswig-Holstein, politisch sozialdemokratisch und grün ausgerichtet) kommt dagegen in den Bundestag mit läppischen 55.330 Stimmen.


Das neue Wahlrecht bevorzugt die Parteien der Ampelkoalition und benachteiligt die Konkurrenz; besonders die Linke und die CSU, aber auch die CDU. Nur die AfD ist als einzige Oppositionspartei von dem neuen Wahlrecht nicht negativ betroffen. Denn sie liegt stabil über 5% und ist daher auf die Grundmandatsklausel nicht angewiesen; und die Zweitstimmendeckung stört die AfD auch nicht, da der prozentuale Anteil ihrer direkt gewählten Abgeordneten an allen Bundestagsabgeorneten weit unter ihrem Zweitstimmenanteil liegt. Bei der AfD hat also auch die Zweitstimmendeckung keine Auswirkungen.

Die Ampel will also offensichtlich die Union schwächen, die Linke und die CSU aus dem Bundestag kegeln und nur die AfD als einzige Oppositionspartei nicht schwächen. Vor denen hat man offensichtlich viel weniger Angst als vor den Linken und der CSU.

Die Ampelparteien sind selbstverständlich von der Wahlrechsreform in keinster Weise negativ betroffen.


Was für ein Zufall aber auch! :p
 

Shorn

Sehr aktives Mitglied
Die Ampel will was das Volk schon lange als Notwendigkeit herbeisehnt nämlich eine drastische verkleinerung des Bundestages. Wir sind das kleinste Land mit der grössten Regierung und zudem auch noch der höchsten Steuerlast weltweit.

Wenn man sich die Debatten ansieht ist kaum einer da die meisten kassieren nur ab.
 
G

Gelöscht 125515

Gast
Bevorzugt hätte ich es, wenn man es bei 598 Abgeordneten belassen hätte. 299 per Direktwahl, die anderen 299 nach Liste. Die 5% Hürde würde wegfallen. Wer ein Direktmandat gewinnt, zieht ohne Diskussion ein. Für ein Listenmandat bräuchte eine Partei dann zukünftig ca. 0,33% der Stimmen. Das mischt das Parlament ordentlich durch und auch Kleinstparteien bekommen die Gelegenheit bei der Bundespolitik mitzumachen. Kompromissfindung würde dann zukünftig noch wichtiger werden als vorher.

Eine Partei mit 50% und 0 Direktmandaten hätte also 25% der Plätze bekommen. Pragmatisch, simpel, nachvollziehbar. Überhangmandate hätten sich erledigt und das Wachstum des Bundestages daher auch. Es würde außerdem die Parteien dazu zwingen, auch vor Ort zu gewinnen, wenn sie wirklich einflussreich sein wollen.
 

Amatio

Aktives Mitglied
Bevorzugt hätte ich es, wenn man es bei 598 Abgeordneten belassen hätte. 299 per Direktwahl, die anderen 299 nach Liste. Die 5% Hürde würde wegfallen. Wer ein Direktmandat gewinnt, zieht ohne Diskussion ein. Für ein Listenmandat bräuchte eine Partei dann zukünftig ca. 0,33% der Stimmen. Das mischt das Parlament ordentlich durch und auch Kleinstparteien bekommen die Gelegenheit bei der Bundespolitik mitzumachen. Kompromissfindung würde dann zukünftig noch wichtiger werden als vorher.
Das gefällt mir auch gut. Man nennt diese Art von Wahlrecht Grabenwahlrecht, weil zwei getrennte Wahlverfahren benutzt werden (sie sind sozusagen durch einen "Graben" getrennt).
Eine Partei mit 50% und 0 Direktmandaten hätte also 25% der Plätze bekommen.
Das würde so nicht passieren. Eine Partei, die 50% der Zweitstimmen bekommt, bekommt auch immer eine Menge Direktmandate. Und wäre dann dadurch überrepräsentiert. Deshalb macht die Ampel das nicht. Die kleinen Ampelparteien FDP und Grüne bekommen nämlich kaum Direktmandate; die SPD bekommt zwar welche; aber viel weniger als die Union (CDU und CSU). Das ist der Nachteil des Grabenwahlrechtes (für die Grünen, die FDP, die Linken, die AfD und auch für die SPD). Für die Union wäre es dagegen ein Vorteil. Deshalb hat sie es auch vorgeschlagen. Das ist eben die Crux mit dem Wahlrecht: Es gibt kein neutrales Wahlrecht.

Kleine Parteien kämen natürlich rein; auch winzige Splittergruppen, das sie ja tatsächlich nur 100% : 298 = 0,33% für einen Sitz bräuchten (implizite Sperrklausel). Das finde ich zu radikal. Ich würde daher die Sperrklausel auf 2% absenken. Und sie wären eben unterrepräsentiert. Und die großen wären überrepräsentiert.
Pragmatisch, simpel, nachvollziehbar. Überhangmandate hätten sich erledigt und das Wachstum des Bundestages daher auch. Es würde außerdem die Parteien dazu zwingen, auch vor Ort zu gewinnen, wenn sie wirklich einflussreich sein wollen.
Ich finde das auch gut. Aber SPD, FDP, Grüne, AfD und die Linke sind aus nachvollziehbaren Gründen dagegen. Nur die Union ist dafür, hat aber keine absolute Mehrheit, um das durchzusetzen. Daher hat das Grabenwahlrecht in Deutschland leider keine Chance.

 

Shorn

Sehr aktives Mitglied
Was die User von dieser Reform halten und ob sie meinen, dass das Bundesverfassungsgericht zustimmt.

Ich finde das die Reform lange überfällig war und das Bundesverfassungsgericht dieser zustimmt.
Wir brauchen nicht noch mehr von schlage Lang oder Wagenknecht was wir brauchen sind PolitikerInnen mit Hirn und Verstand, leider haben wir davon zu wenig.
 

Roselily

Sehr aktives Mitglied
Den Bundestag auf ein vernünftiges Maß zu schrumpfen ist überfällig und das Vorgehen wurde schon lange diskutiert. Lange vor dieser Regierung.
Mit jeder Wahl ist die Zahl der Abgeordneten durch die Überhangmandate gestiegen. Bis zuletzt auf 736 Abgeordnete. Damit hat Deutschland das weltweit zweitgrößte Parlament, gleich hinter China.
Ich denke, das die geplante Reform nicht weit genug geht.
 

Amatio

Aktives Mitglied
Ich finde das die Reform lange überfällig war und das Bundesverfassungsgericht dieser zustimmt.
Wir brauchen nicht noch mehr von schlage Lang oder Wagenknecht was wir brauchen sind PolitikerInnen mit Hirn und Verstand, leider haben wir davon zu wenig.
Die Verkleinerung des Bundestages ist lange überfällig. Das stimmt.

Die Art und Weise ist das Problem. Wenn eine Partei mit 55.000 Stimmen in den Bundestag kommen kann; jedoch Millionen andere Stimmen unterschlagen werden, weil eine Partei zwar viele Direktmandate in einer Region bekommen hat, jedoch keine 5% der Zweitstimmen insgesamt, dann verletzt das massiv den Grundsatz der Gleichheit der Wahl nacht Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz. Das ist offensichtlich verfassungswidrig. Deshalb wird das Bundesverfassungsgericht diese Reform mit Sicherheit nicht durchgehen lassen.

Alternative:
Der Bundestag hat künftig fix 598 Sitze. Das sind 32 weniger als die 630 der Ampelkoalition. 299 Abgeordnete werden in den 299 Wahlkreisen direkt gewählt. Jedoch nicht mehr nach dem relativem Mehrheitswahlrecht wie bisher, sondern nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht. Gibt es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit, dann findet zwei Wochen später eine Stichwahl statt zwischen dem Erstplatzierten und dem Zweitplatzierten. So wird sichergestellt, dass ein Wahlkreisabgeordneter immer 50% der Stimmen hinter sich hat. Das ist sehr demokratisch.

Das Verhältniswahlrecht findet nur Anwendung auf die anderen 299 Abgeordneten (Grabenwahlrecht). Die Sperrklausel hierfür wird von 5% auf 2% gesenkt. Die Grundmandatsklausel wird so wirklich entbehrlich. Überhangmandate und Ausgleichsmandate gibt es nicht mehr. Die Größe des Bundestages ist bei 598 Abgeordneten fix.

So sieht ein einfaches und gerechtes Wahlrecht aus.
 

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