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Werde ich nie wieder ohne Antidepressiva leben können?

Kannja

Aktives Mitglied
Hallo Kannja,

vielleicht hast Du in den Jahren auch Erfahrungen mit dem Wirkstoff
Mirtazapin gemacht? Deine Ausführungen erinnern mich sehr an daran.
Ja, es hat mir anfangs auch ein wenig geholfen. Ich fühlte mich wie in
einem Glaskäfig: Ich in der Mitte, dann eine Weile nichts und draußen
standen die Sorgen und Probleme Schlange. Die Beschäftigung damit
war einfach nicht möglich, weil alle in die Tiefe gehenden Gedanken
blockiert waren. Fürchterlich...

Und dann hat in dieser Zeit der BMI auch noch um 10 Punkte zugelegt!

Ich habe dann einen sehr guten Arzt kennengelernt, der mir erst einmal
stundenlang zugehört und dann das Elontril verschrieben hat. Nach er-
folgter Umstellung (und sofortigem Behandlungsabbruch der Klinik!) be-
gann mein neues Leben.

Natürlich wird auch Elontril Deine Welt verändern, nur:

Wenn wir nichts ändern, bleibt alles beim Alten. Wollen wir das?
Hallo Yannik!

Nochmals vielen Dank für Deine Antwort! Nein, natürlich muss sich im leben vieles ändern, damit es einem besser geht. Ich habe bereits EINE MENGE verändern können... zum Beispiel habe ich seit einiger Zeit einen Hund und der ist mein größtes Glück, das beste was mir je passieren konnte... Wo ich es selbst gar nicht schaffte aktiv zu werden und Kontakt zu neuen Menschen zu suchen, ergibt sich das mit ihm nun wie von allein. Auf einmal habe ich viele neue Bekanntschaften, unternehme viel und wenn ich mal ganz down bin und mich am liebsten nur einigeln würde, dann kann ich das zum Glück nicht mehr. Es vergeht kein Tag mehr an dem ich nicht auf den Füßen bin, rausgehe und mit anderen Menschen spreche. Für mich ein kleines Wunder. Mal ab davon wie viel Freude mein Hund mir macht und wie viel Liebe er gibt. :)

Zudem bin ich ja in Therapie und arbeite immer weiter daran mich innerlich zu verändern, so dass ich besser mit den Dingen die mich so krank und traurig gemacht haben umzugehen lerne.

Aber es gibt eben auch die "Krankmacher" die ich leider nicht selbst einfach verändern kann. Meinen Vater kann ich nicht wieder zum Leben erwecken, meine Mutter nicht zu einer Mutter die irgendein Interesse an mir hätte machen, mein Bruder kennt nur seine eigenen Interessen... Kurz: Ich habe null familiären Rückhalt. Es ist schön, dass ich nun neue Kontakte habe, aber das Gefühl aufgehoben zu sein, geliebt zu werden, einen festen Platz zu haben, können sie leider nicht ersetzen. Und da ist noch so vieles mehr was mich so runterzieht und traurig/allein mit allem sein lässt. Weihnachten... ich darf gar nicht daran denken...

Momentan nehme ich ja noch kein Elontril und eben nun auch seit gut einem Monat gar kein Antidepressivum mehr. Meine Therapeutin meinte gestern, dass ich ihr so viel besser gefallen würde, "spritziger" sei, Unrecht eher erkennen und benennen würde und dass sie hofft, dass ich nun z.B. das miese Verhalten meines Bruders und meiner Mutter nicht mehr hinnehmen werde, weil ich nicht mehr so gedämpft sei. Nur, will ich das? Das Gefühl von all dem Schmerz, das hadern mit all der Ungerechtigkeit, das Gefühl etwas sagen und bewegen zu wollen, aber es nicht zu dürfen? Das macht so viel hilflose Verzweifelung und manchmal auch Wut. Mit Antidepressivum habe ich all das durchaus auch gespürt, aber eben nicht mehr so tief und es war leichter zu verdrängen.

Mirtazapin hat mir meine Hausärztin als aller erstes verschrieben... dabei ist es ja ein sedierendes Antidepressivum und ich war ohnehin schon komplett gelähmt und antriebslos... also für mich absolut unverständlich. Habe es damals aber kurz ausprobiert und bin dann nur noch wie im Dämmerzustand im wahrsten Sinne des Wortes getorkelt, sogar gegen Türrahmen gelaufen etc. Mirtazapin bekamen aber auch in der Klinik derartig viele Mitpatienten, dass ich manchmal schon überlegte ob da Korruption eine Rolle spielen könnte. Denn diejenigen die es nahmen waren alle keineswegs zufrieden mit der Wirkung, nahmen aber ungeheuer an Gewicht zu... wenn wir hier nicht von 2,3 KG reden, finde ich das gesundheitlich und psychisch schon gravierend und schlimm.

Ich selbst habe nur die antriebssteigernden Antidepressiva dauerhaft genommen - in der Klinik zudem 9 verschiedene Medikamente die die Ärzte nacheinander an mir ausprobierten um mich nachts zum Schlafen zu bringen. Erfolglos. Die Antriebssteigerung funktionierte nicht, dafür aber die platt machenden Nebenwirkungen der Antidepressiva umso mehr... Meine Ärztin gab auch offen zu, dass bleiernde Müdigkeit eben leider eine häufige Nebenwirkung auch bei solchen AD's ist die eigentlich gegenteilig wirken sollen... und so war es bei mir.

Was meine Essstörung angeht: Jetzt, ohne AD habe ich das Essen wieder wesentlich besser im Griff und damit auch die bulimischen Attacken. Mit AD hingegen habe ich konstant zugenommen, auch ohne wirklich viel zu essen, hatte aber zudem auch permanent Heißhunger... deshalb geriet meine Essstörung völlig aus den Fugen - so schlimm wie noch nie zuvor. Nun habe ich aber bereits die Extrakilos und hasse mich selbst, bin so angewidert wenn ich mich auf Fotos sehe, kann kaum in den Spiegel gucken... Dazu muss ich auch noch erwähnen, dass ich ohnehin eine gravierende Stoffwechselstörung habe und dass ich vor den Antidepressia schlank war, hat mich unglaublich lange Zeit von Disziplin, mich quälen und hungern gekostet... All das wurde durch die Medikamente kurzer Hand zunichte gemacht. Da aber ein ganz wesentliches Problem bei mir sowieso in fehlendem Selbstwertgefühl liegt, ist das wirklich gravierend für mich. Jetzt traue ich mich gar nicht mehr zu essen, habe Angst von Verwandten so wie ich jetzt bin gesehen zu werden (Weihnachten steht so kurz bevor...) Meine psychische Verfassung macht das also wesentlich schlimmer. Ärzte spielen die Nebenwirkung Gewichtszunahme durch AD's ja gern herunter, aber ich finde das ist überhaupt keine Kleinigkeit. Denn zu den ohnehin vorhandenen, psychischen Problemen schämt man sich nun auch noch so für den eigenen Körper, findet sich häßlich, fühlt sich unwohl in der eigenen Haut, unattraktiv für das andere Geschlecht, nicht liebenswert, verachtet sich für die Gewichtszunahme, meint ständig hungern zu müssen...
 

Butterblume81

Aktives Mitglied
Also wenn ich das so lese, verstehe ich nicht, warum man dir immer mehr AD's verschreibt.

An deiner Stelle würde ich es erstmal dabei belassen und nicht wieder mit einem neuen Medikament anfangen. Ich meine, wo soll das hinführen? Bist du ein Versuchskaninchen?
Klar, möchte man immer den Ärzten glauben, aber das sind auch keine allwissenden Götter.

Fakt ist ja, du hast keine nennenswerten, positiven Veränderungen durch die Medikation. Im Endeffekt fühlst du dich sogar noch schlechter, als sowieso schon.

Aber ich möchte dir natürlich nur ungerne zu irgendetwas raten, was eventuelle Auswirkungen auf dich hätte.

Hör aber mal tief in dich hinein. Da wirst du die Antwort finden.

P.S. Was ist mit alternativen Behandlungsmethoden? Heilpraktiker? Evtl wäre das etwas für dich.

Alles Gute :)
 

tulpe

Sehr aktives Mitglied
Ich nehme seit über 14 Jahren Antidepressiva :(

Ich wollte auch mal davon weg, aber es ist in die Hose gegangen - ich war 3 Wochen medi-frei und dann waren die Selbstmordgedanken so stark, dass ich wieder damit anfangen musste.

Mittlerweile habe ich mich eigentlich damit abgefunden, dass ich das Zeugs mein Leben lang nehmen muss.

Ich nehme Sertralin und habe, wenn die Dosis nicht ganz zu hoch ist, kaum mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Ich kann mich auch daran erinnern, dass ein Arzt, der mein Blutbild gesehen hat, mal zu mir sagte, dass man in meinem Blut überhaupt nicht erkennen kann, dass ich schon jahrelang Antidepressiva nehme.

Dein Thread und die Erinnerung weisen mich aber darauf hin, dass ich wohl doch mal wieder ein Blutbild machen lassen sollte, denn komischerweise hat mich noch nie ein Arzt darauf hingewiesen, dass man das mal machen sollte :confused:

Es ist schon blöd, wenn man auf solche Pillen angewiesen ist und sie einem aber auch irgendwie schaden :(

Ich wünsche Dir auf alle Fälle, dass Du das richtige Medikament findest, dass Dir auch wirklich hilft, denn ansonsten ist es die Nebenwirkungen ja nicht wert. So gesehen bin ich also mit dem Sertralin notgedrungen ganz zufrieden.
 

Yannick

Sehr aktives Mitglied
Hallo Kannja,

wie sich unsere Geschichten doch ähneln...

ich bin schon etwas älter und die Zeit hat dafür gesorgt, dass meine Verwandten
schon deutlich weniger geworden sind. Mit dem Rest habe ich eher selten bis gar
keinen Kontakt mehr. Vor acht Jahren starb meine Frau und ich stand mit einem
schulpflichtigen Kind alleine da. Zwei Jahre habe ich gegen die Depression erfolg-
reich bestehen können und dann kam der langsame Absturz.

Vieles ist "verarbeitet" (ein schreckliches Wort!) und anderes belastet mich bis heute.
Ich habe vieles geändert, um nicht mehr mit den verbleibenden Auslösern in Kontakt
zu kommen, incl. Umzug. Ablenkung wird leider immer noch groß geschrieben. Habe
mir neue Hobbys und Aufgaben gesucht - und Fremdsprachen gelernt. Ich mache viele
Kurzreisen und hätte auch einen Hund, was aber an meiner Tierhaarallergie scheitert.
Inzwischen habe ich viele neue Menschen kennengelernt; vor allem durch sportliche
Aktivitäten. Nur Freunde habe ich keine; dafür habe ich die Messlatte wohl zu hoch
gelegt. Aber das sollte man positiv sehen: So kann mich niemand mehr enttäuschen...

ADs nehme ich nur noch bei Bedarf. Wenn ich dann nehmen muss, ist mir das aber
auch egal. Ich habe mich damit abgefunden. Es geht eben nicht ganz ohne.

Was mich noch ernsthaft beschäftigt, ist das Gewicht. Mit viel Sport und sehr aus-
gedehnten Wanderungen bin ich knapp 30 kg losgeworden, musste aber nun eine
Pause einlegen. Nach Weihnachten geht's weiter. Ach ja, Stichwort Weihnachten:
Ich kann dabei keine Freude mehr empfinden und lasse es schlicht und einfach aus-
fallen. Ein paar Höflichkeitsbesuche wird es geben und das war es dann.

Ich weiß nicht, ob Sport für Dich eine Alternative ist. Für ist eine gute Möglichkeit,
die Pfunde loszuwerden ohne ständig von Hunger geplagt zu werden. Wie dem auch
sei, ich drücke Dir jedenfalls die Daumen und wünsche Dir viel Kraft es durchzuhalten.

LG
 

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