Dass es Dir trotzdem ein bisschen besser geht und sich Erkenntnisse bei Dir einschleichen, werte ich als positiv.
Ja, ich habe viel nachgedacht. Und mein Kopf ist jetzt auch etwas freier, ich habe die kühle Abendluft genossen, die Ruhe in mich aufgenommen. Jetzt bin ich wieder hier und auch wieder etwas ruhiger.
Das ist das, was Dir eingetrichtert wurde und was Du bis heute lebst. Wenn Du über Deinen Schatten springen möchtest, dann in dem Sinne, dass Du zu Dir stehst, wie Du bist. Meinst Du nicht, dass jeder Defizite hat? Dass nicht jeder seine Macken hat? Du hast sie doch auch so geliebt und angenommen, wie sie ist. Warum Du Dich dann nicht selbst? Wo ist der Unterschied zu Dir?
Ja, Du hast recht. All das, was ich heute bin, habe ich mir hart erarbeitet. Und all das, ist ihr nichts wert. Sie möchte mehr. Mehr kann ich ihr nicht geben. Mehr bin ich nicht. Aber ich war immer stolz, so weit gekommen zu sein. Vielleicht erwartet mich ein Leben in Einsamkeit. Ich habe Angst davor. Vielleicht gibt es auch irgendwo einen Menschen da draußen, der in der Lage ist, mich so zu lieben, wie ich bin. Ich weiß es nicht. Ich klammere mich an den Gedanken, habe ihn gerade auf meinem Weg durch die Felder gedacht, er wärmte mein Herz. Für einen kurzen Augenblick war dieser schöne Traum wahr, um dann vom kühlen Wind in den Himmel getragen zu werden.
Du kannst doch nicht die Verantwortung dafür tragen, dass sie nicht verletzt wird. Wie soll ein Mensch das schaffen? Und wie sieht es mit Deinem Leben aus? Verdient es auch die Bezeichnung ein lebenswertes Leben? Ich glaube nicht, dass das der Hauptgrund für die Trennung war, wie Du schreibst. Du trägst doch nicht die Verantwortung dafür, dass sie ein lebenswertes Leben hat.
Nein, eigentlich tue ich das nicht. Da hast Du recht. Vieleicht habe ich einfach um etwas gekämpft, das schon lange nicht mehr da war. Falsche Motive. Falsche Gedanken. Und doch scheint es so lohnenswert. Ich bereue nicht, diesen Kampf um sie gekämpft zu haben. Aber ich glaube, der Kampf ist vorbei. Nein, die Verantwortung für sie trage ich jetzt nicht mehr. Und ich trage die Verantwortung für mich. Und dazu gehört auch, dass ich sie fair behandele, ungeachtet dessen, was sie tut. Denn wenn sie sich unfair verhält, dann heißt das noch lange nicht, das ich das auch tun werde. Aber auch meine Geduld wird ein Ende haben. Sie bekommt jetzt das, was ihr zusteht. Und damit wird jegliche Unterstützung meinerseits enden. Viel mehr Fairness kann sie nicht erwarten, sollte sie es doch tun, wird sie enttäuscht werden.
Wenn man jemanden liebt, dann nimmt man ihn doch so, wie er ist und versucht nicht, ihn nach seinen Vorstellungen zu formen. Bzw. man verbiegt sich selbst doch nicht so, um der Vorstellung zu entsprechen, die ein anderer von einem hat. Und ich schreibe es gerne noch einmal: wer hat keine Probleme, keine Defizite, keine Macken? Und ist er deshalb weniger liebenswert? Oder denkst Du, jeder will nur einen perfekten Menschen? Das ist doch Käse..
Ja, vollkommen richtig. Wenn ich jemanden liebe, dann akzeptiere ich ihn immer so, wie er ist. Etwas anderes macht keinen Sinn. Aber in einer Beziehung verändern sich auch beide Partner, jeder passt sich ein kleines bischen an, schon allein der Tatsache geschuldet, dass die Zeisamkeit anders funktioniert als die beidseitige Einsamkeit. Aber es war einfach zu einseitig. Ich passte mich an, sie forderte mehr. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich nur noch Gefangener der Beziehung war. Ich fühle mich jetzt freier, das habe ich an den Tagen festgestellt, an denen sie nicht da war.
Dass Du sie nicht vergessen kannst, kann ich nachvollziehen. Und es braucht sicher seine Zeit, bis Du Dir alles mit einem gesunden Abstand betrachten kannst.
Ja, es wird noch viele Tränen kosten, darüber hinweg zu kommen. Aber ein winziger Teil von mir ist froh, dass es zu Ende ist. Ich war vorhin erschreckt über den Gedanken. Irgendetwas ist aufgelebt. Seit der Trennung lebe ich viel intensiver, jeder Tag bietet viel mehr, als die lethargischen Tage der Beziehung. So vieles hat sich verändert. Vieles, das ich vergessen geglaubt habe, ist wieder da. So viele Gedanken ströhmen über mich. Noch kann ich nicht alle deuten.
Du hast recht; es ist viel, was Dich jetzt beschäftigt und ich hoffe, es ist nicht zu viel, was ich hier schreibe. Ich wünsche Dir, dass Du Deinen eigenen Wert wieder findest und erkennen kannst und Deine Gedanken sich in eine bessere Richtung bewegen.
Nein, es ist nicht zu viel, das Du schreibst. Es hilft mir, meine Gedanken aus der Kreisbahn zu stoßen, in der sie sich befinden. Es hilft mir, einen anderen Standpunkt zu sehen und zu verstehen.
Es hilft mir vielleicht, wieder ein Leben zu finden...
lostsouls