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DEPRESSION - Autoren beschreiben ihre Überwindungsstrategien

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Gelöscht 77808

Gast
Es gab heute ( zufällig am 1. April ! ) wieder einen neuen Beitrag zum Thema "Depression" mit der Bitte um Hilfe.

Ich eröffne daher einen Thread, in dem Autoren ihre Strategien beschreiben oder Teile ihrer Strategien, mit deren Hilfe sie dabei sind, die Depression zu überwinden oder es gar geschafft haben.


Er soll dazu dienen, die eigenen (!) positiven Erkenntnisse / Erfahrungen der Überwindung darzustellen und er soll als Ratgeber zitiert und verlinkt werden können, ohne dass man dieselben Ratschläge öfter verfassen muss.



Ich danke vorab allen Teilnehmern.
Bleibt gesund!



Ein kurzes Vorwort.

Wer hier über die Überwindung einer Krankheit schreibt, wird zugeben müssen, dass er sie hat oder hatte.
Krankheiten wie Depressionen lasten hier und da Makel an; es kommt zu der Frage, wie und warum man hinein geraten ist.
Hier merke ich an, dass im Netz Videos gefeiert werden, in denen sich - zB off road - Leute aus unmöglichen Situationen zu befreien wussten, ohne ihnen den Vorwurf zu machen, dass sie sich die Mühe hätten sparen können, wenn sie gleich auf der Strasse geblieben wären.
 
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Gelöscht 77808

Gast
Bei mir.

Ursache:
gleichzeitige Scheidung nach 4 fachem Umzug und zurück zur Familie, Trennung von meinen Kindern, die danach entfremdet wurden, neue Wohnung eingerichtet, Gerichtsverfahren, Trennungsunterhalt, Finanzsorgen, Führerschein Klasse II, neue Tätigkeit in einem anderen Geschäftsbereich, excessiver Nebenjob, Schlaflosigkeit, Überlastung.

Folge
Entwicklung einer massiven Depression, Unvermögen aus Gedanken zu entfliehen, abgewiesen durch einen Pater am Gymnasium, der sich in grösster Not für "nicht zuständig" erklärte, Verlust der letztmöglichen Hilfeinstitution (Kirche), Suizidversuch 180 Schlaftabletten, bewusstlos geworden und gefunden worden, Krankenhaus, Verlegung in eine andere Klinik auf Grund intensiver Intervention der findenden Person unter massiver Androhung von Konsequenzen, dort erst Intensivstation und lebensrettende Maßnahmen eingeleitet. Halluzinationen, Entlassung auf eigenen Wunsch, Hausarzt. Psychologische Behandlung und Medikation abgebrochen.

Selbstreflexion und Ergebnis
Mein Hausarzt wusste vielleicht nicht, wie er mir helfen konnte.
Wie sehr er mit geholfen hat, wurde klar, als ich mir seine Worte ins Gedächtnis rief:
"weg mit Schaden!"
Ich begann also darüber nachzudenken, dass ich nicht immer traurig war. Es gab vorher eine andere Zeit.
Meine Logik war, dass ich die Zeit zurück drehen musste sprich: dass ich nur die Verhältnisse wie davor herstellen musste, um gefühlsmässig auch wieder in dieser Zeit "zu landen".
Also habe ich all das wieder aufgebaut, was ich unterdessen abgestoßen habe.
Mein Hobby, die Teilnahme an der Gesellschaft, Struktur im Alltag sowieso(!), da ich nach jedem vollbrachten Tag wusste, dass am nächsten Tag neue Herausforderungen anstehen.
Die Herausforderungen hatte ich damals bereits einmal gemeistert; es war kein Problem aber Routine.
Meine Depression hatte ich wohl immer noch.

Depressionen machen unerwartet traurig, aus nichtigem Anlass. Alles kann triggern, egal, ob es ein verwelktes Blatt ist, eine tote Maus, der Gedanke an Morgen.

Die Depressionen wirkten sich auf mein Aussehen aus: verspannt, verkrampft, geschwollene Augen.
Ein Blick in den Spiegel und ich wusste wie es um mich stand. Andere spürten es aber auch.

Damit war ich im Allgemeinen nicht mehr gesellschaftsfähig und begann mich zu isolieren.

Der Höhepunkt trat ein, als ich zitternd an einer Tankstelle Zigaretten kaufen wollte, unfähig, das Geld zu zählen, schweißnass und die Haare im Nacken aufgestellt, weil ich beobachtet wurde. (Soziale Phobie).
Wurde ich?

Hier war der Höhepunkt des Leidensdrucks erreicht. Ein wichtiger Zeitpunkt, da er markiert, ob ich danach endgültig untergehe oder die Wende einleite.

Da ich zuvor bereits einmal gestorben bin, habe ich überlegt, ein weiteres mal zu sterben. Und bin Samstag Abend in die Skihalle gefahren. Inmitten all der fröhlichen feiernden Leute gedachte ich zu sterben.

Was ist passiert?
Nichts. Nichts und wieder nichts.
Niemand hat mich wahr genommen, zwischendurch war ich auf Toilette, hab mich übergeben, bin danach wieder zurück. Immer noch keine Reaktion.
Da der Tod also nicht eintreten wollte, habe ich es fortan wöchentlich zweimal gemacht, Freitag Abend und Samstag Abend. Es hat nicht geklappt, zu sterben.

Nach und nach trat allerdings die Gewohnheit ein, es ergaben sich - ungeplant, aber erhofft? - nette Kontakte. Ich habe mich also geändert: Direkte Konfrontation mit dem Übel zwecks Überwindung der Hemmnisse!

Desweiteren habe ich nachgedacht, welchen realen Grund ich haben könnte, traurig zu sein.
Ich habe meine Traurigkeit an der üblichen Reaktion Gesunder gemessen.
Die meisten Situationen wurden von ihnen mit einem Schulterzucken beantwortet.
Lag ich falsch?

Meine Depressin musste demnach irreal sein.
Wenn ich es schaffe, meine Gedanken mit der angeblichen Ursache zu verknüpfen und Folgerungen zu erreichen, wie sie andere Leute auch erreichen, würde ich nicht mehr traurig sein müssen.
Das Nicht-traurig-sein war jedoch schwierig zu überwinden: charakterlich "steht" man entweder darauf, sich in die Opferrolle zu begeben, also Gründe für Traurigkeit herbei zu sehnen, oder eben nicht.

Ich wollte aber keine Traurigkeit mehr.

Leider hatte ich kein Handbuch und musste mich selbst über lange Zeit entwickeln.
Ich habe dann aber festgestellt, dass ich Kraft meiner Gedanken am Fenster stehend die Depression herbei rufen kann, indem ich an etwas negatives denke.

In dem Bewusstsein, dass ich etwas testweise falsch mache, konnte ich die Depression also herbei führen - aber auch wieder abschalten.

Ich habe hierdurch gelernt zu erkennen, wann es sich um eine Depression handelt und wann nicht.

Daher lebe ich seitdem mit einem weit erhöhten Gefahrenbewusstsein für diese Empfindung.

Es ist nichts anderes, als wäre man sich der Gefahren im Verkehr oder des Ertrinkens am See bewusst und hätte ein Gespür dafür entwickelt, wann es kritisch sein kann.

Ebenfalls testweise habe ich übermäßig getrauert, als mein Vater gestorben ist.
Ich war mir jedoch bewusst und habe es geplant, dass ich dies zulassen durfte, dass es gut war und richtig.
Dass es keine Depression war sondern real.
Und dass es zu einem vorher zu beziffernden Zeitpunkt zu Ende zu sein hat! Merke:zu Ende zu sein hat!!

Heute berührt mich das Thema Depression immer noch.
Ich werde es auch wohl nicht mehr los.

Das macht mir aber nichts aus , da ich gelernt habe, mich zu beobachten und es zu steuern.

Danke fürs Lesen, werdet gesund und bleibt es auch.
 
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Gelöscht 75067

Gast
Geht es ausschließlich nur um Depression oder können sich auch andere Störungen wie Borderline, bei dem Depressionen eher die Nebenwirkung ist, sich zu Wort melden? :)
 
G

Gelöscht 77808

Gast
Geht es ausschließlich nur um Depression oder können sich auch andere Störungen wie Borderline, bei dem Depressionen eher die Nebenwirkung ist, sich zu Wort melden? :)
Kann keine PN senden, drum hier:
Ich denke, dass Erfahrungen auch dann beschrieben werden sollen, wenn, wenn zB Borderline nicht bewältigt werden konnte, die Depressionen dagegen schon.
 

pecky-sue

Aktives Mitglied
Kann keine PN senden, drum hier:
Ich denke, dass Erfahrungen auch dann beschrieben werden sollen, wenn, wenn zB Borderline nicht bewältigt werden konnte, die Depressionen dagegen schon.
Hallo Bodenschatz, erstmal danke für diesen Teil deiner Geschichte. Das hat mich sehr berührt.

Warum kannst du keine PN schreiben, laggt das Forum, oder woran liegt es?


Liebe Grüße Pecky
 
G

Gelöscht 75067

Gast
Nene, weil Vater mich hier ab und zu als User stalkt hab ich eingestellt, dass nur die Leute mir PNs schreiben können, die auf meiner Freundesliste sind ;)
 
G

Gelöscht 75067

Gast
Kann keine PN senden, drum hier:
Ich denke, dass Erfahrungen auch dann beschrieben werden sollen, wenn, wenn zB Borderline nicht bewältigt werden konnte, die Depressionen dagegen schon.
Hm, das verstehe ich wiederum nicht ganz. Niedriges Selbstwert zb. kann sowohl von Borderline als auch von Depression bedingt sein. Ich seh nur in Bereich der Impulsivität und in Zwischenmenschlichkeit ein paar Grenzen, trotzdem versuche ich es mal :)


Hier sind also meine Strategien:

1) Trenne dich konsequent von den Leuten, die dich vergiften:
Das Wort "toxische Beziehung" kommt nicht von ungefähr: Wenn die Beziehung zu einen Menschen nur schwächt, statt stärkt, ist es keine Beziehung, die erstrebenswert ist sie zu führen. Das trifft nicht nur auf Freundschaften und Partnerschaften zu, sondern (wie in mein Fall) auch auf die eigenen Eltern. Wichtig ist, wenn man auch noch eine Borderlinestörung in sich trägt sich bewusst zu machen, dass nicht jede Beziehung, die gerade in irgendeine Weise kriselt, automatisch toxisch ist, weswegen man die Trennung nicht wahllos sondern gut überlegt durchzieht.
Bei mir waren die dysfunktionale Familienstruktur, die "Scheiß egal" Haltung meiner Mutter gegenüber meinen Gefühlen und Empfindungen sowie diverse Aktionen meines Vater ausschlaggebend für die Trennung.
Nach dieser Trennung blühte ich in meiner ersten Wohnung (da war ich in betreuten Wohnen, ambulant) regelrecht auf.

2) Sei lieber unausgeschlafen als total verschlafen:
Klingt komisch, aber bei mir zumindest wirkt sich zu langes schlafen bei mir eher negativ auf mein Wohlbefinden aus, als zu wenig Schlaf. Anscheinend wurde auch festgestellt, dass Schlafentzug sich eher positiv auf Depressionspatienten auswirkt. Heißt also in der Praxis: Wenn du um 3 Uhr Nachts wach liegst, steh auf, mach irgendwas, leg dich bei Müdigkeit wieder hin und steh spätestens um 9 Uhr auf. Du wirst vielleicht erstmal innerlich fluchen, aber lieber morgens am Kaffeetropf hängen, als dass du am Ende um 12, 14 oder 16 Uhr aufwachst und denkst: "Scheiße, der Tag ist fast vorbei, ich hab nichts geschaffst..." und schon die negative Gedankenspirale einsetzt.

3) Pflege deine Hobbies:
Das Gehirn will sinnvoll beschäftigt werden, wenn es in Leerlauf kommt neigst es dazu sich oft irgendwelchen Schwachsinn zusammenzureimen. Eine Macke, die sowohl bei Depressionen als auch Borderline sehr schnell passieren kann. Also lass das Hirn arbeiten. Entweder körperlich (Sport) oder geistig (Lernen) oder auch kreativ (Zeichnen, Schreiben, musizieren). Was allerdings nicht dazu zählt sind reine Berieselungsaktivitäten wie zb. Youtube Videos schauen, Filme oder Videospiele spielen. Die sind in Maßen zwar okay, aber das Gehirn konsumiert nur statt aktiv seinen Beitrag beizusteuern, weshalb auch da das Auftreten von Schwachsinnsgedanken schnell passieren kann.

4) Achte auf eine gleichmäßige Tagesstruktur auch unabhängig von der Arbeit:
Da muss ich denke ich nicht viel dazu sagen oder?


Das wärs erstmal, würde auch nachträglich ergänzen oder erweitern wenn gegeben :)
 

weidebirke

Urgestein
Meine Diagnose vor inzwischen zehn Jahren war Affektregulationsstörung, Depression als Belastungsreaktion und was ich mein Leben lang mit mir herumschleppe: ausgeprägte Prokrastination. Eigentlich bin ich nicht besonders depressiv, auch damals war das eher Ausdruck der tiefgreifenden Krise, in der ich mich befand. Prokrastination mit seinen antriebsgehemmten Anteilen wird auch den affektiven Störungen zugeordnet. Zusätzlich schwankt es bei mir zwischen dezent depressiven Episoden und dezent euphorischen Episoden, ohne dass das einen Krankkeitswert im Sinne einer bipolaren Störung darstellt.

Was mich vor allem stresst, ist das Nichterledigen von Dingen, die ich erledigen muss. Ich habe mir angewöhnt, einen Tagesplan mit Zielen zu machen, die ich heute auf jeden Fall erledigen will.

Das klingt banal, aber dazu muss(te) ich viel lernen. Zum Beispiel:

- den Zeitbedarf von Tätigkeiten realistisch einschätzen (ich habe immer alles zu knapp kalkuliert und mich dann gewundert, dass ich nur ein Drittel geschafft habe)
- den Zeitbedarf, den ich dann realistisch eingesetzt hatte, auch einzuhalten und das Ergebnis dann als fertig zu betrachten (als Strategie gegen Überperfektionismus)
- Pausen und Alltäglichkeiten einplanen !!! (früher habe ich bei der Planung vergessen, dass ich ja auch mal aufs Klos muss, duschen, kochen und essen und all sowas)
- dass nur eine Sache pro Tag sooo wichtig sein darf (sonst ist vorprogrammiert, dass ich das nicht schaffe und dann bin ich wieder frustriert und unzufrieden und mache im Ergebnis tendenziell eher gar nichts)
- dass es okay ist, wenn ich meinen Plan nicht einhalte

Inzwischen ist mir die Tagesplanung eine wichtige und hilfreiche Krücke geworden. Ich mache das nicht jeden Tag, aber wenn ich merke, dass ich nervös und angespannt werde, dass ich den Eindruck habe, den Überblick zu verlieren, dann mache ich wieder für einige Tage Pläne und dann läuft es wieder.
 
G

Gelöscht

Gast
Ich schließe mich im Großen und Ganzen Sil an.

Darüber hinaus gilt es, die persönlichen Gründe für die Depression zu finden und zu eliminieren. Toxische Eltern können ein Grund dafür sein; ich habe mich von diesen Menschen gelöst, aber meine Depressionen hat es nicht geheilt. Zwar was das "Böse" weg, dafür blieb aber eine Lücke für das "Gute", das ich erst ausfüllen musste. Dazu gehört ein solider sozialer Hintergrund. Die Lösung war also, eine eigene Familie zu gründen – diese Familie ist nicht an tatsächliche Blutsverwandtschaft (oder Rasse: Auch ein Haustier ist Familie) gebunden. Darüber hinaus hatte ich keine finanzielle Sicherheit, was zu Existenzängsten geführt hat. Eine Tätigkeit, in der ich mich außerdem einigermaßen wohlfühlte, löste dieses Problem.

Glücklich zu sein musste ich erst wieder erlernen und akzeptieren. Das Glück findet sich nicht in der Zukunft, nicht in Träumen, Zielen oder Vorstellungen, sondern im Moment. Diese Erkenntnis mag einem Depressiven nicht zugänglich sein und muss durch Affirmation erlernt werden. Ein Prozess, der Zeit bedarf. Das muss man akzeptieren können; der erste Schritt zur Besserung.
 

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