Ich hatte als Student sehr, sehr wenig Geld. Weniger als Leistungsempfänger. Und schreibe bewusst nicht Armut, mit dem sehr geringen Lebensunterhalt und klugen wirtschaften wird man satt, hat es halbwegs warm, wird im Krankenhaus behandelt und so weiter. Armut habe ich in anderen Ländern gesehen.
Die Zeit im Studium habe ich auch nicht als Armut wahrgenommen, weil es zum einen ein zeitlich begrenzter Zeitraum mit guter Perspektive ist, zum anderen lebt man dann oft in studentischen Strukturen, in denen es normal ist, sich mit wenig Geld zu organisieren.
Die Lebensrealität von Langzeitarbeitslosen ist meist eine ganz andere. Man ist deutlich machtloser, ausgelieferter, stigmatisierter.
Das freut mich. Du bist ja anscheinend zu Prüfungen gegangen. Keine Rückenschmerzen? Keine unpassende Bahnverbindung? Kein schlechtes Wetter? Du bist da einfach eigenverantwortlich angetreten und hast Deine Prüfungen (super) absolviert. Diese Leistung scheint sich heute zu lohnen. Nichts anderes empfehle ich. Und nicht jeder hat so viel Bildung von zu Hause mitgegeben. Aber dann wird man halt Handwerker oder brutzelt Burger.
Ich weiß nicht genau, wieso dir so wichtig ist, mir zuzuschreiben, dass ich zu Prüfungen & Co. gegangen bin. Ich war ehrlich gesagt mein Leben lang immer wenig diszipliniert. Das, was Sinn ergibt und mir Freude bereitet mache ich gerne (zB meine Masterarbeit war ein cooles Projekt für mich), andere Sachen habe ich lieblos hingerotzt oder versucht irgendwie drumherum zu kommen. Und ich habe gerade in der Schule sehr viel geschwänzt. Also nein, ich denke ich bin so eine Person, der du "selber Schuld" zuschreiben würdest, wenn ich jetzt auf Leistungen angewiesen wäre. Neben all dem Pech, den ich in meinem Leben zB mit meiner Familie, Gewalt, Traumata hatte, hatte ich in anderen Bereichen viel Glück und kam immer recht einfach durch. Und mir ist sehr bewusst, dass andere dieses Glück nicht haben und an den Strukturen scheitern, mit denen ich gut klar kam.
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