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Inkompetenz bei Hilfestellen und sozialen Dienstleistungen

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_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Hallo EnemyMine,

ich bin ja eine dieser jungen Sozialarbeiter:innen und dass wir die Welt und das Hilfesystem aus völlig verschiedenen Perspektiven betrachten, ist uns beiden wohl schon aufgefallen. Ich selbst bin von eigenen psychischen Krisen betroffen, gehe damit offen um & engagiere mich in Entstigmatisierungsprojekten, also könnte ich wohlsagen: Hi, it's me, dein Feindbild. :)

Es ist kein Geheimnis, dass beispielsweise viele Psychologen und Studenten der Psychologie zumindest früher einmal selber mit psychischen Krankheiten zu kämpfen hatten.
Kein Geheimnis, aber in vielen Bereichen immer noch ein Tabu. Meiner Ansicht nach verhindert gerade dieses Tabu einen reflektierten (!) und entspannten Umgang mit eigener Krisenerfahrung, die durchaus hilfreich sein kann, um Menschen zu verstehen und auf ihrem Weg zu begleiten. Das Sprechen über Erfahrung erleichtert (oft, nicht immer) den Zugang zu anderen Menschen, das ist eine Erfahrung die ich auch umgekehrt als Klientin machen konnte.
Es ist ein Vorurteil, dass eigene Erfahrungen verunmöglichen halbwegs objektiv auf Fälle zu schauen. Im Gegenteil. Viele Menschen, die Therapie gemacht haben, kennen sich, eigene Trigger, Grenzen und Übertragungen auf andere Menschen sehr viel besser als andere.

Viele Sozialarbeiter entstammen selber einem eher sozial schwachen Milieu und nicht selten liegen verzerrte, selektive Wahrnehmungen vor, die dann auf die Klientel übertragen werden.
Die meisten Sozialarbeiter:innen entstammen der Mittelschicht, was meiner Ansicht nach durchaus problematisch ist, weil sie dadurch eben oft NICHT sehr nah an den Erfahrungen dran sind, die Klient:innen machen.

Ich plädiere seit Jahren für eine rationalere Herangehensweise an die Thematiken soziale Hilfe und psychische Gesundheit. Es fehlen gehäuft geordnete Strukturen und klare Zielsetzungen. Das ist nicht verwunderlich, da ein Großteil der Verantwortlichen derartige Tools rigoros ablehnt.
Die Tendenz geht zu immer mehr Struktur, immer mehr Dokumentation & Verwaltung und immer weniger direktem Kontakt mit dem Menschen.
Was eine "rationalere Herangehensweise" ist, bewertet wohl jeder anders. Menschen verwalten, anstatt mit ihnen in Beziehung zu gehen entspricht nicht meiner Vorstellung von einer guten professionellen Beziehung.

Die Klientel, welche nur mit äußersten Samthandschuhen angefasst wird, bleibt der "Sozialindustrie" ja auch sehr lange erhalten. Es können sich ganze Sozialdynastien entwickeln, die bereits Generationen zuvor "Kunde" waren und ihren Lebensstil, der durch Abhängigkeit und erlernte Hilflosigkeit geprägt ist, beliebig fortpflanzen. (...) Ich wäre für ein strengeres Kontrollnetz zum einen für die Emfpänger und Nutzniesser des sozialen Systems in der BRD um Mißbrauch und auch Dauerabhängigkeit zu unterbinden.
Nun, es ist nicht mein oberstes Ziel Menschen in Arbeit zu bekommen, sondern Menschen zu helfen, ihr Leben bewusst und selbstbestimmt in die Hände zu nehmen. Das kann mit dem Ziel der Arbeit einhergehen, muss es aber nicht immer. Wo ich dir auf jeden Fall recht gebe ist, dass es nicht Sinn und Zweck sein kann, dass Menschen über Jahrzehnte im Hilfesystem verweilen. Einer meiner wichtigsten Schwerpunkt auf Arbeit ist deshalb, die Abhängigkeit zum psychiatrischen Hilfesystem zu verringern.

Doch der "Erfolg" unseres Sozialsystems mit angeschlossenen Helferberufen spricht leider für sich. Die Bilanz ist verheerend.
Nun, das ist erstmal eine leere Aussage. Wie begründest du diese?

Außerdem plädiere ich für strengere Einstellungskriterien in sozialen Berufen, speziell nah am Menschen. Private Träger solcher Berufe sollten staatlich strenger reglementiert werden. Es sollten nur gesunde, kompetente Menschen mit Sozialfällen arbeiten dürfen.
Hui, na da bin ich aber froh, dass du wenig zu sagen hast. In so einem System würde ich nicht Klient sein wollen.

Ich finde es bräuchte für jeden Klienten bzw. Patienten nach klarer, kompetenter Diagnose einen zeitlich gebundenden Entwicklungsplan. Erfolge in Abhängigkeit von Zeit und aufgewandten Resourcen, bemessen an standadisierten Meilensteinen.
Es ist dir sicher bewusst, dass genau das in der Praxis passiert.

Meinen Abschluss, damals noch Diplom, als Sozialarbeiter machte ich Ende der 90er.
Und ich habe den Eindruck, dass die Inhalte des Studiums damals noch deutlich andere waren, als das, was meine jüngeren Kollegen lernen. (...) Neben diesem politischen Aspekt, hat sich das Studium der Sozialarbeit stark vereinfacht über die Jahre. Gut, das haben fast alle Studiengänge, könnte man sagen, aber bei der sozialen Arbeit war es extrem. Dies schlägt sich in einer Vielfalt von eigentlich nicht geeigneten Absolventen und jungen Sozialarbeitern wieder. Eben solchen Menschen, die eigentlich selber Unterstützung benötigen würden, anstelle diese zu geben. Kompetenz im Sinne von Logik und Systematik spielt eine immer geringere Rolle. Stattdessen gehäuft weltfremder Idealismus, Beschützerinstikt für die eigene Klientel und mangelnde Distanz.
Tatsächlich fände ich hier mal ganz spannend die tatsächlichen Studieninhalte zu vergleichen und nicht nur Phrasen zu dreschen. Deine Aussage deckt sich nämlich so gar nicht mit dem, was ich sonst über viele Jahre von älteren Kolleg:innen, Profs, etc. gehört habe. Die beklagen nämlich durchaus auch, dass sich die Inhalte ändern, allerdings genau in gegengesetzter Richtung wie von dir behauptet. Nach deren Aussage war das Studium früher wesentlich (links)politischer, solidarischer, entspannter, weniger leistungsfokussiert. Heute stünden Leistung und Effizienz deutlich mehr im Vordergrund und die SozArb entwickele sich immer mehr hin zu einer Verwaltungsindustrie. Nun, ich weiß es nicht. Ich habe vor 8 Jahren mein Studium begonnen, vor zwei Jahren den Master abgeschlossen. Ich habe keinen direkten Vergleich zum studieren in den 90ern.

Generell gilt das Hinterfragen der Situation eines Menschen und zielgerichtete Hilfe als nicht mehr en vogue.
Falsch. Es wird im Studium und auch in der Praxis sehr viel hinterfragt. Nur kommen viele eben zu anderen Schlüssen als du. Und genau solche Weltbilder, wie du sie propagierst werden eben nicht einfach unreflektiert weiter gegeben.

Junge Kollegen "schützen" ihre Klinentel vor einem System, welches sie selber zunehmend verachten, statt zu erkennen, das es eigentlich ihre Aufgabe wäre, ihre Klienten wieder an das System anzunähern.
Nein, es ist nicht meine (einzige) Aufgabe, Klient:innen an das System anzupassen. Es ist ein Auftrag unter anderen Aufträgen. Und ich vermute, das ist dir bewusst.

Die älteren Kollegen, darunter auch meine Chefs, sehen dies durchaus ähnlich.
Nun, ich verstehe mich sehr gut mit meiner Chefin (Ende 50) und mit vielen Kolleg:innen in deinem Alter. Eine Haltung wie deine begegnet mir zum Glück selten. Im Gegenteil.
 

EnemyMine

Mitglied
Kein Geheimnis, aber in vielen Bereichen immer noch ein Tabu. Meiner Ansicht nach verhindert gerade dieses Tabu einen reflektierten (!) und entspannten Umgang mit eigener Krisenerfahrung, die durchaus hilfreich sein kann, um Menschen zu verstehen und auf ihrem Weg zu begleiten.
Zunächst mal ist eigene Krisenerfahrung ein wunderbares Schutzschild gegen jede Art von Kritik. Notfalls ist man eben selber krank und damit im Bereich des Unantastbaren, nicht zu Kritisierendem.
Ein Tabu war es noch nie. Es ist weitgehend bekannt, welche Päckchen ein nennenswerter Teil der Psychologen und Sozialarbeiter so mit sich rumtragen.

Das Sprechen über Erfahrung erleichtert (oft, nicht immer) den Zugang zu anderen Menschen, das ist eine Erfahrung die ich auch umgekehrt als Klientin machen konnte.
Das, was du da machst, ist Selbst-Therapie.
Ganz einfach.
Selbst-Therapie.
Und du benutzt dafür deine Klientel, um dich selber danach besser zu fühlen.
Genau das hat bereits ein anderer User hier angesprochen.

Es ist ein Vorurteil, dass eigene Erfahrungen verunmöglichen halbwegs objektiv auf Fälle zu schauen. Im Gegenteil. Viele Menschen, die Therapie gemacht haben, kennen sich, eigene Trigger, Grenzen und Übertragungen auf andere Menschen sehr viel besser als andere.
Nein, denn sonst würde das Sozialsystem funktionieren.
Der Denkansatz ist nachvollziehbar, blendet man die Praxis aus.
Doch die Praxis der letzten 30 Jahre, die ich live miterleben durfte, sagt ganz klar etwas anderes.
Hier fehlt es dir schlicht an echter Berufserfahrung und du redest nur das nach, was dir vorgesagt wird.

Die meisten Sozialarbeiter:innen entstammen der Mittelschicht, was meiner Ansicht nach durchaus problematisch ist, weil sie dadurch eben oft NICHT sehr nah an den Erfahrungen dran sind, die Klient:innen machen.
Nein, zumindest nicht in den größeren Städten.
Es sei denn, du definierst Mittelschicht ganz anders als ich.

Die meisten kommen aus prekären Verhältnissen, mittlwerweile oft mit Migrationshintergrund, Drogenerfahrung und einem anti-System Weltbild.

Die Tendenz geht zu immer mehr Struktur, immer mehr Dokumentation & Verwaltung und immer weniger direktem Kontakt mit dem Menschen.
Bei dem letzten "mehr Verwaltung und Bürokratie", da gebe ich dir Recht.
Struktur im Sinne von Leitplänen für Genesung und Wiedereingliederung gibt es bestenfalls noch in der Theorie. Das hast sich massiv verschlechtert.

Was eine "rationalere Herangehensweise" ist, bewertet wohl jeder anders. Menschen verwalten, anstatt mit ihnen in Beziehung zu gehen entspricht nicht meiner Vorstellung von einer guten professionellen Beziehung.
Weiches Argument. Kann alles und nichts bedeuten. Typische Diskussions-Lückenfüller.
Kann ich nichts drauf antworten.

Nun, es ist nicht mein oberstes Ziel Menschen in Arbeit zu bekommen, sondern Menschen zu helfen, ihr Leben bewusst und selbstbestimmt in die Hände zu nehmen.
Interessant. Arbeit ist Selbstbestimmung.
Alles andere ist Selbstbetrug.
Kein Sozialhilfe-Empfänger lebt selbstbestimmt, hat man dir das schon gesagt und erklärt?

Aber ok, ja, nicht jeder kann freilich gleich einer selbständigen Arbeit zugeführt werden, das ist schon richtig. Doch sollte das immer das Fernziel bleiben, auch bei sehr schwierigen Klienten.

Das kann mit dem Ziel der Arbeit einhergehen, muss es aber nicht immer.
Das Ziel wird sehr oft nicht erreicht. Richtig. Dennoch ist eigene Arbeit = Selbstwert und nicht nur Broterwerb.
Abhängigkeit dagegen führt in den Abgrund.

Wo ich dir auf jeden Fall recht gebe ist, dass es nicht Sinn und Zweck sein kann, dass Menschen über Jahrzehnte im Hilfesystem verweilen. Einer meiner wichtigsten Schwerpunkt auf Arbeit ist deshalb, die Abhängigkeit zum psychiatrischen Hilfesystem zu verringern.
Weil das psychiatrische ( = medizinische Wissenschaft) ein System ist, welches du persönlich ablehnst. In der Psychiatrie (nicht Psychologie !) wird methodisch gearbeitet, wissenschaftlicher Logik gefolgt und zumindest biologisch-systemische Strategien in Form von Psychopharmaka entwickelt, um Problemen auf dieser Ebene zu begegnen.
Es ist tatsächlich nicht immer das beste System, speziell bei Menschen mit Traumata und nur leichten psychischen Erkrankungen machen Alternativen oft mehr Sinn.
Aber es ist dennoch notwendig und in seiner Strukutr deiner Denkweise nicht zugänglich.
Das macht es für dich nicht begreifbar und du lehnst es ab.

Nun, das ist erstmal eine leere Aussage. Wie begründest du diese?
Schau dir einfach die Zahlen an. Immer mehr Klienten und Patienten, immer weniger Geld.
Auch das ist eine schlichte Bilanz.
Ein gutes, funktionierendes Sozialsystem, führt Menschen zurück in die Gesellschaft, es stagniert in seinem Umfang oder reduziert sich sogar, weil weniger Menschen darauf angewiesen sind.
Eigentlich auch recht einfach zu verstehen.

Hui, na da bin ich aber froh, dass du wenig zu sagen hast. In so einem System würde ich nicht Klient sein wollen.
Ja, du stehst für die große Masse von "weiter so". In nochmal 30 Jahren haben wir dann nur noch Sozialfälle und Sozialarbeiter.
Ich hoffe inständig, dass deine tägliche Berufserfahrung dich hier noch eines besseren belehren wird und du in der Lage bist durch den Ideologie-Panzer hindruch, dies auch anzunehmen.

Es ist dir sicher bewusst, dass genau das in der Praxis passiert.
Tut es das?
Nein.
Ganz klar.

NEIN.

Tatsächlich fände ich hier mal ganz spannend die tatsächlichen Studieninhalte zu vergleichen und nicht nur Phrasen zu dreschen. Deine Aussage deckt sich nämlich so gar nicht mit dem, was ich sonst über viele Jahre von älteren Kolleg:innen, Profs, etc. gehört habe.
Dann tu das.
Vergiss dabei nicht, dass ein Großteil der Ausbildung heute nicht im Hörsaal oder auf der Straße stattfindet sondern in den Fachschaften und Studentengruppen.
Allesamt stramm links mit geradezu toxischer Ideologie und Menschenbildern.

Nun, ich weiß es nicht. Ich habe vor 8 Jahren mein Studium begonnen, vor zwei Jahren den Master abgeschlossen.
Richtig, du weißt es nicht.
Du hast damit 12 Semester zum Master gebraucht.
Gratulation.
Die Regelstudienzeit sind 8 Semester, eventuell 9 wenn man noch ein Semester im Ausland war.
Du hast dir damit mal hopp salopp 50% mehr Studiendauer gegönnt.
Und du sprichst allen Ernstes von erhöhtem Druck?
Ich bin sicher, der Kaffee in der Fachschaft hat gut geschmeckt...

Falsch. Es wird im Studium und auch in der Praxis sehr viel hinterfragt. Nur kommen viele eben zu anderen Schlüssen als du. Und genau solche Weltbilder, wie du sie propagierst werden eben nicht einfach unreflektiert weiter gegeben.
Man darf gar nicht zu "anderen Schlüssen" kommen im Studium.
Es gibt ein breites System an Mobbing unter den Studenten, die die stramm linke Linie verlassen.
Das gab es schon zu meiner Zeit.
Freies Denken ist in diesen speziellen Studiengängen gar nicht gewünscht.

Du glaubst mir nicht?

Dann schreibe heute mal auch nur eine Bewerbung ohne das von dir so überzugt konsequent eingesetzte Gendering.
Meine Liebe, du bist da einmal gehirngewaschen worden.

Nein, es ist nicht meine (einzige) Aufgabe, Klient:innen an das System anzupassen. Es ist ein Auftrag unter anderen Aufträgen. Und ich vermute, das ist dir bewusst.
Was sind deine anderen Aufgaben?
Sie von dem "unmenschlichen" System zu schützen, das dich übrigens dafür bezahlt, dass du diese Menschen zu ihm zurückführst?
Weiß deine super-Chefin von deinen Ansichten?
Weiß deren Chefin von ihren Ansichten?

Nun, ich verstehe mich sehr gut mit meiner Chefin (Ende 50) und mit vielen Kolleg:innen in deinem Alter. Eine Haltung wie deine begegnet mir zum Glück selten. Im Gegenteil.
Natürlich. Spitze Steine findet man selten in einem reissenden Fluss.
 

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Puhhh, ja, da haben wir es ja mit einem sehr sympathischen Weltbild zu tun. Insgesamt finde ich in deinem Beitrag auch nicht allzu viele Argumente, sondern vor allem sehr viel Unzufriedenheit über "das System" und persönliche Angriffe. Ich find's nervig, deine Aussagen hier so unwidersprochen stehen zu lassen, da sie schwierig einzuordnen sind, wenn man nicht selbst im sozialen Bereich arbeitet. Deswegen biete ich für Leser:innen meine Perspektive an. Insgesamt finde ich deinen Stil aber nicht sehr angenehm und ich denke, nach diesem Beitrag werde ich nicht mehr allzu viel dazu schreiben.

Zunächst mal ist eigene Krisenerfahrung ein wunderbares Schutzschild gegen jede Art von Kritik. Notfalls ist man eben selber krank und damit im Bereich des Unantastbaren, nicht zu Kritisierendem.
Ein Tabu war es noch nie. Es ist weitgehend bekannt, welche Päckchen ein nennenswerter Teil der Psychologen und Sozialarbeiter so mit sich rumtragen.
Keine Ahnung, worauf du dich beziehst. Ich habe in meinem Beitrag kein Schutzschild aufgebaut, sondern ich habe versucht in zugegeben wenigen Worten (ansonsten schreibe ich hier Romane) zu erklären, welche Vorteile ich darin sehe, wenn auch Menschen mit eigener Krisenerfahrung im sozialen Bereich arbeiten.
Und, im Gegensatz zu dir, nehme ich es so wahr, dass ein offener Umgang mit eigener Erfahrungen angreifbarer und verletzlicher macht. Deswegen halten sich viele Kolleg:innen dahingehend auch bedeckt. Weil sonst einer ums Eck kommt wie du und einem die eigene Kompetenz abspricht.

Das, was du da machst, ist Selbst-Therapie.
Ganz einfach.
Selbst-Therapie.
Und du benutzt dafür deine Klientel, um dich selber danach besser zu fühlen.
Genau das hat bereits ein anderer User hier angesprochen.
Äh, nö. Ich habe viel Therapie und ich arbeite und manchmal ergänzt sich beides gut, manchmal nicht. Ich gebrauche meine Arbeit nicht mehr oder weniger als therapeutisch als auch andere das tun. Ich bin dahingehend sehr reflektiert. Tut mir Leid, wenn dich das erstaunt, aber ich denke, das selbst besser einschätzen zu können als ein Wildfremder aus dem Internet.

Doch die Praxis der letzten 30 Jahre, die ich live miterleben durfte, sagt ganz klar etwas anderes.
Hier fehlt es dir schlicht an echter Berufserfahrung und du redest nur das nach, was dir vorgesagt wird.
Und ich denke, du bist durch zu viele schlechte Erfahrungen in der Praxis ziemlich unzufrieden und verbittert und dadurch gewissermaßen betriebsblind. Na, wer hat jetzt recht? Vermutlich keiner von uns zu 100%. Ich schrieb es schon im anderen Threads: Wir schauen aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Dinge. Wir sind schlicht anders.

Nein, zumindest nicht in den größeren Städten.
Es sei denn, du definierst Mittelschicht ganz anders als ich. (...) Die meisten kommen aus prekären Verhältnissen, mittlwerweile oft mit Migrationshintergrund, Drogenerfahrung und einem anti-System Weltbild.
Ich wohne in Berlin ;).
Meine Mutter ist zB Ingenieurin, mein Vater war Offizier. Und die meisten Kommiliton:innen von mir kamen aus bürgerlichen Haushalten. Ich glaube, es gibt auch Untersuchungen dazu, habe jetzt aber auf die Schnelle nichts gefunden.


Struktur im Sinne von Leitplänen für Genesung und Wiedereingliederung gibt es bestenfalls noch in der Theorie. Das hast sich massiv verschlechtert.
Das stimmt nicht. Ich arbeite in der Eingliederungshilfe, wir schreiben in Kooperation mit dem zuständigen Amt ständig Hilfepläne mit klar definierten Zielen, die auch regelmäßig hinterfragt & überprüft werden.

Weil das psychiatrische ( = medizinische Wissenschaft) ein System ist, welches du persönlich ablehnst. In der Psychiatrie (nicht Psychologie !) wird methodisch gearbeitet, wissenschaftlicher Logik gefolgt und zumindest biologisch-systemische Strategien in Form von Psychopharmaka entwickelt, um Problemen auf dieser Ebene zu begegnen.
Ja genau, ich lehne alles ab, was mit Logik, Realität und sowieso mit Denken zu tun hat. Ansonsten wär ich mir vermutlich zu schade für so eine Diskussion hier. Kann ich überhaupt bis zehn zählen? Hm. I don't know. Danke lieber fremder Mann, dass du mich darauf hinweist und mir meine Defizite aufzeigst. :)

Schau dir einfach die Zahlen an. Immer mehr Klienten und Patienten, immer weniger Geld.
Auch das ist eine schlichte Bilanz.
Ein gutes, funktionierendes Sozialsystem, führt Menschen zurück in die Gesellschaft, es stagniert in seinem Umfang oder reduziert sich sogar, weil weniger Menschen darauf angewiesen sind.
Eigentlich auch recht einfach zu verstehen.
Nun ja, wie so häufig kommt es auf die Perspektive an. Gibt's weniger Geld, weil es mehr Klienten und weniger Effizienz gibt? Oder gibt's weniger Geld, weil im sozialen Bereich massiv gespart wird? Hmmm...
Auch Menschen mit Problemen sind übrigens Teil der Gesellschaft. Manchmal sogar ein angenehmerer als manch andere.

Ich hoffe inständig, dass deine tägliche Berufserfahrung dich hier noch eines besseren belehren wird und du in der Lage bist durch den Ideologie-Panzer hindruch, dies auch anzunehmen.
Und ich hoffe sehr, dass du erkennst, mit welcher Arroganz zu urteilst und abwertest und deine eigene dahinterliegende Ideologie erkennst. Frei davon ist nämlich keiner, manche denken nur die Realität für sich gepachtet zu haben.

Vergiss dabei nicht, dass ein Großteil der Ausbildung heute nicht im Hörsaal oder auf der Straße stattfindet sondern in den Fachschaften und Studentengruppen.
Allesamt stramm links mit geradezu toxischer Ideologie und Menschenbildern.
Schön wärs, hat aber mit der Realität an kleineren Hochschulen wenig zu tun.

Richtig, du weißt es nicht.
Du hast damit 12 Semester zum Master gebraucht.
Gratulation.
Die Regelstudienzeit sind 8 Semester, eventuell 9 wenn man noch ein Semester im Ausland war.
Du hast dir damit mal hopp salopp 50% mehr Studiendauer gegönnt.
Ähm, man merkt, dass du wirklich gar keine Ahnung hast. Die Regelstudienzeit inkl. Master sind 10 Semester und ja, ich war ein zusätzliches Semster im Ausland, das mir dann aber im Master angerechnet wurde. Insgesamt habe ich 13 Semester studiert, aber während des Masters auch viel gearbeitet.
 

Daoga

Urgestein
Was wäre denn z.B. deine Herangehensweise, um arbeitslosen jungen Erwachsene wieder eine gute Berufsausbildung zu ermöglichen?
Sie ins Handwerk schicken? Da werden zur Zeit Lehrlinge gesucht ohne Ende. Wer irgendwann selbständig arbeiten kann, kann sich eine goldene Nase verdienen, oder in einem Betrieb bleiben und dort ggf. ein weiterführendes Studium nachholen, wenn er unbedingt noch einen höheren Abschluß haben will. Dafür braucht es keine Psychologen oder Sozialarbeiter, nur den Mut und Willen, mit den eigenen Händen zu arbeiten. Handwerk hat goldenen Boden, heute mehr denn je.
 
G

Gelöscht 77252

Gast
Ein Erfolg war für uns damals, einen Menschen zurück in die Gesellschaft zu führen, ihn für sich selbst wieder arbeiten zu sehen.
Das tritt heute, bei den jüngeren Kollegen mehr und mehr in den Hintergrund. Generell gilt das Hinterfragen der Situation eines Menschen und zielgerichtete Hilfe als nicht mehr en vogue.
Die Sozialarbeit ist von linken politischen Kräften völlig vereinnahmt, die den Menschen als hilflosen Spielball in einem menschenfeindlichen System propagiert.
Junge Kollegen "schützen" ihre Klinentel vor einem System, welches sie selber zunehmend verachten, statt zu erkennen, das es eigentlich ihre Aufgabe wäre, ihre Klienten wieder an das System anzunähern.
Dafür hab ich dann auch gleich ein prima Beispiel.
Mein Nachbar hier im Haus ist ein junger Kerl, ich schätze mal zwischen 25 und 30. Lebt alleine, hat aber einen Betreuer. Hat auch eine eigene Waschmaschine, bei der aber ein Teil fehlte, um sie benutzen zu können. Dieses wollte er seit Jahr und Tag anschaffen, brachte es aber nicht auf die Reihe. Hat allen, auch dem Betreuer, immer erzählt: "Morgen..."
Naja, da er es nie auf die Reihe gebracht hat, das Teil zu besorgen, hat er entweder die andere vorhandene Waschmaschine benutzt, wo man Geld in ein Kästchen einwerfen muss, damit sie Strom hat. Für einen bestimmten Betrag gibt es eine bestimmte Zeit lang Strom, je mehr man einwirft, desto länger. Da hat er es aber nicht auf die Reihe gebracht, genügend Geld einzuwerfen (anscheinend immer nur eine Münze), die Maschine ist nie zuende gelaufen, beim Öffnen der Tür kam ihm immer seine Wäsche mitsamt einem Schwall Wasser entgegen. Darum hat er (als "oder" zum obigen "entweder") auch hin und wieder meine Maschine heimlich benutzt.
Also simste ich an den Betreuer und telefonierte mit ihm, dass er sich darum kümmern soll, dass mein Nachbar endlich seine eigene Maschine benutzen kann.
Da musste ich mir aber was anhören! Mein Nachbar stehe freiwillig unter Betreuung, und deshalb sei es nicht seine Aufgabe, sich um so etwas zu kümmern, und überhaupt solle ich das mit meinem Nachbarn selbst ausmachen.
Tatsächlich scheint es gesetzlich so geregelt zu sein, dass der Betreuer nicht die Interessen Dritter gegen sein Mündel vertreten muss.
Und nun wirft der Nachbar, wie ich kürzlich feststellen musste, auch noch sämtlichen Müll in den gelben Sack. Ich denke, ich brauche da gar nicht beim Betreuer vorzusprechen, dass er dem Nachbarn mal beibringt, seinen Müll ordentlich zu trennen.
Jedenfalls habe ich den Stecker meiner Waschmaschine eingesperrt, sodass man ihn nicht mehr in die Steckdose stecken kann.
Und schwups, war das fehlende Teil da und die Waschmaschine des Nachbarn benutzbar.
Kann jetzt aber auch Zufall sein. Schien schon etwa zwei bis drei Wochen vorher Anstalten zu machen, das Teil doch endlich zu besorgen.
 
G

Gelöscht 77252

Gast
Das trifft aber zumindest auf das ambulant betreute Wohnen nicht zu. Da geht es in erster Linie darum, dass die Patienten lernen, (wieder) eigenständig leben.
Da darf ich nun wieder das Beispiel meines Nachbarn anbringen. Vorher wurde er von einer anderen "Firma" betreut. Wie sagte seine Betreuerin zu mir? "Den kenne ich kaum, den hab ich doch erst ein Jahr."
Ich meine gelesen zu haben, dass bei diesem ambulant betreuten Wohnen der Betreuer einmal pro Woche zum Betreuten kommen soll. Und der neue aktuelle Betreuer scheint auch nicht viel zu machen. Hier hab ich eher den Eindruck, dass das Geld fürs Betreuen zwar dankend kassiert, aber nichts dafür geleistet wird.
 
G

Gelöscht 77252

Gast
Schau dir einfach die Zahlen an. Immer mehr Klienten und Patienten, immer weniger Geld.
Das stimmt nicht. Die Etats für Soziales wachsen in allen Haushalten, sei es auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene, ständig an.
Vielleicht halten sie nicht Schritt mit der wachsenden Zahl der Problemfälle oder der wachsenden Zahl der in sozialen Berufen Tätigen, sodass es immer weniger Geld pro Fall oder pro Berufstätigem gibt. Aber in absoluten Zahlen wird immer mehr Geld für Soziales ausgegeben.
 
G

Gelöscht 117641

Gast
Ich meine gelesen zu haben, dass bei diesem ambulant betreuten Wohnen der Betreuer einmal pro Woche zum Betreuten kommen soll.
In der Regel ja, aber man kann das auch anders vereinbaren. Das kommt auch darauf an, wie viele Stunden ABW pro Woche einem genehmigt werden. Meine Lebensgefährtin und ich haben beide je 4½ Stunden pro Woche und je einen Termin pro Woche. Vergangenes Jahr hatte meine Lebensgefährtin sechs Stunden ABW pro Woche und da kam ihre Betreuungskraft zwei mal die Woche. Unser Freund hat 2 Stunden pro Woche und seine Betreuungskraft kommt nur alle 14 Tage. Die 2 Stunden spart er nämlich immer auf 4 Stunden an, weil ihm ein etwas längerer Termin alle 14 Tage besser gefällt als ein kurzer Termin jede Woche.

Hier hab ich eher den Eindruck, dass das Geld fürs Betreuen zwar dankend kassiert, aber nichts dafür geleistet wird.
Dass die Betreuungskraft nicht als Ansprechpartner da ist, wenn man ein Problem mit deren Klienten hat, ist korrekt, denn ambulant betreutes Wohnen ist nicht dasselbe wie eine rechtliche Betreuung. Die Betreuungskraft beim ambulant betreuten Wohnen steht dem Klienten nur unterstützend und helfend zur Seite, mehr nicht. Sie kann keine Entscheidungen für ihren Klienten treffen oder gar dessen Angelegenheiten regeln.

Vielleicht halten sie nicht Schritt mit der wachsenden Zahl der Problemfälle oder der wachsenden Zahl der in sozialen Berufen Tätigen, sodass es immer weniger Geld pro Fall oder pro Berufstätigem gibt.
Genau das ist das Problem. Hinzu kommt auch, dass z. B. immer mehr Menschen an psychischen Krankheiten leiden, weil sie den hohen Anforderungen in Job und Privatleben nicht mehr entsprechen können. Und dadurch, dass psychische Krankheiten und Behinderungen mittlerweile immer weniger als Tabuthema gelten, leiden die Menschen nicht mehr wie früher still vor sich hin, sondern holen sich aktiv Hilfe und Unterstützung.
 
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