Das System ist so wie es ist historisch gewachsen, und was von den Vorfahren eingeführt wurde gilt als heilig und darf nicht verändert werden, egal wie sehr sich die Verhältnisse der amerikanischen Gesellschaft inzwischen gewandelt haben. Viele Teile wie Gesetzgebung oder eben Sozialsystem sind auf ein Land von Einwanderern, Siedlern, überwiegend jungen und gesunden Leuten die sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen konnten und auch mußten und bei schlechten Verhältnissen einfach weiterzogen in bessere Gefilde, abgestimmt.
Auch weil Alte und Schwache oft nicht mal die Ankunft im Land erlebten, die Überfahrten über den Atlantik waren höllisch, und die früh entstandenen Städte an der Ostküste entwickelten sich schnell zu Schmelztiegeln voller Armut, Gewalt und Kriminalität, die auch nicht jeder der eigentlich weiter in den Westen wollte, um sich dort ein noch unerschlossenes Stück Land unter den Nagel zu reißen, überlebt hat. Nur wer stark oder clever war, oder wenigstens beruflich was drauf hatte, konnte sich durchsetzen.
Also Verhältnisse die man so bei uns damals (18./19. Jahrhundert) nicht kannte und bis heute nicht kennt, daraus resultierend hat sich eine ganz andere Lebenseinstellung entwickelt und eben auch andere gesellschaftliche und soziale Verhältnisse.
Eigenverantwortung ist dort alles, egal ob auf Gedeih oder Verderb, das soziale Miteinander dagegen sehr begrenzt und nur auf privater Ebene stark ausgeprägt, private Nachbarschaftshilfen oder Maßnahmen örtlicher Kirchengemeinden (auf reiner Spendenbasis - Kirchensteuer unbekannt) gibt es dort überall, über Vitamin B läuft in USA fast alles,
allem was "vom Staat" kommt mißtraut dagegen jeder Amerikaner, Regierungen gelten ihnen als ein notwendiges Übel, denn letztendlich sind viele ihrer Vorfahren vor unterdrückerischen Regierungen, Königen, Fürsten, Polizeistaaten (Deutschland vor Gründung Deutsches Reich) in Europa mal geflohen. Und Steuern, Zölle ("Boston Tea Party") und Abgaben sind der klarste "Beweis" von staatlicher Unterdrückung, ein freier Mann zahlt keine Steuern. An keinen König und auch an keinen Präsidenten. Die einzigen Behörden oder gemeinnützigen Organisationen die Geld von ansässigen Reichen beitreiben können, sind regionale Stellen, wo die Leute sehr sorgfältig registrieren was dann mit dem Geld gemacht wird. Das (trotzdem unvermeidbare) Steuersystem in USA gilt als einfach und durchschaubar, allerdings hat das Finanzamt dort den Stellenwert eines gefürchteten Halbgottes, denn wenn jemand zu wenig für die Allgemeinheit abdrückt, wird das veröffentlicht und zur öffentlichen Kritik freigegeben. Jeder dort kennt das Beispiel des berüchtigten Gangsterbosses Al Capone, den man nie wegen seiner kriminellen Handlungen einsacken konnte - es war das Finanzamt, das ihn wegen Steuerhinterziehung hinter Gitter brachte.