°grisou°
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Es gibt viele Länder, in denen Menschenrechte mit den Füßen getreten werden und mich schockiert es auch oft. Das geht mir sehr nahe, wenn ich mich mit diesen Zuständen auseinander setze.Die Denkweisen sind so festzementiert. Es wird mit Kultur, Tradition und Ehre argumentiert. Dieses rechtfertigt aus deren Sicht Gewalt, Unterdrückung und Mord.
Man sieht gerade an Indien ganz gut die Strukturen und wie schwer es ist, aus solchem Denken auszusteigen. Wie kann man auch nur den Hauch einer Rechtfertigung dafür finden, dass ein Mensch einem anderen Säure überkippt? Die Tat ist für mich nachvollziehbar. Das sind Kränkungen, Verletzungen der Ehre, aufkommende Rachegefühle. Aber daneben zu stehen und der Frau die Schuld daran zuzuschieben, das kann ich nicht mehr nachvollziehen. Das ist aber nichts anderes, als die Fortsetzung und ein auf die Spitze treiben von einem Gedankengang, der auch in Europa nicht unbekannt ist. Nicht umsonst gibt es die MeToo Bewegung.
Ich finde, es darf einen schockieren und ich finde es gut, dass du eben das auch benennst. Besser als es kaltschäunzig nach Tinder-Art einfach zur Seite zu schieben. Mir hilft es, an einer kleinen Stelle aktiv sein zu können. Es ist manchmal nur eine winzige Kleinigkeit, die ich für einen anderen Menschen tun kann, aber es zeigt mir immerhin, dass ich mich für einen Weg entschieden habe und den konsequent gehe.
Vielleicht sind Menschen mit der Hölle dieser Welt einfach überfordert und darum so abgestumpft. Vielleicht geht ihnen darum die Fähigkeit verloren, den anderen als Mensch wahrzunehmen, Mitgefühl zu haben.
Ich denke häufig an den Fall dieser Frau, die auch einem Säureattentat zum Opfer gefallen ist. Das war aber soweit ich weiß, nicht in Indien. Jedenfalls hat das Gericht ihr die Erlaubnis zugesprochen, dem Täter ebenfalls Säure in die Augen zu tröpfeln und ihm ebenfalls das Augenlicht zu nehmen. Sie hat lange darüber nachgedacht und ich habe großen Respekt, dass sie sich dagegen entschieden hat.
Ich denke gerade oft an die afganischen Frauen, an die Frauen im Iran, in Syrien, auch in Indien. Was für unglaublich starke Persönlichkeiten das zum Teil sind. Denen kann kein Mann der Welt das Wasser reichen. Welchen Gefahren die sich stellen im Kampf um ihre Freiheit und die Freiheit ihrer Schwestern.
Das geht mir auch so, dass es schwer zu ertragen ist. Aber das Wichtigste ist, dass wir hinschauen, dass wir es bezeugen können. So schwer das für uns ist. Und wir sind sicher in einer einfacheren Lage als diese Frauen. Egal auf welchem Gebiet, wenn ich mit Opfern spreche, ist es das Wichtigste, die wollen gesehen werden, dass es jemand wahrnimmt. Je mehr Stimmen im Ausland laut werden würden, je mehr an Empörung die Welt erfasst, umso mehr Kraft und Stärke bekommen diese Frauen. Darum ist es so schlimm bei Vergewaltigungen, wenn man den Frauen das abspricht. Man nimmt ihnen damit die Stärke.
Danke fürs Empörtsein, danke fürs Lautwerden.