Hallo Kareena,
danke für den interessanten Thread. Ich bin auch der Meinung, dass eine reine rechts/links Unterteilung oberflächlich ist und nicht unserer politischen Meinung gerecht wird.
Ich orientiere mich mal an deinen Kategorien:
Wirtschaftlich:
ganz klar liberal mit einem Wächterstaat der lediglich die Kartellaufsicht wahrnimmt und gewisse Normen überwacht, sowohl was Produkte als auch Arbeitsbedingungen betrifft. Die Arbeitnehmerrechte an sich sind für mich Teil der freien Verhandlung zwischen Arbeitnehmern und Gewerkschaften. Ich bin strikt gegen staatlich gesteuerte Preise und Löhne.
Sozialstaat:
Klare Trennung zwischen erwerbsfähigen und erwerbsunfähigen Personen. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wer nie gearbeitet hat bzw. nicht arbeiten will, egal ob Deutscher oder Migrant, erhält keine Sozialleistungen. Umgekehrt soll sich Arbeit lohnen, etwa durch hohe Steuerfreigrenzen und ein unbürokratisches System, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels muss das Ziel Qualifikation und Arbeit und nicht dauerhafte Abhängigkeit von Transferleistungen sein.
Gesellschaftlich:
Ziel ist ein emanzipierter, selbstständiger Bürger, der eine Teilhabe an der Gesellschaft hat. Er soll über Einkommen und Vermögen verfügen und sich als Teil der Gesellschaft fühlen. Als solches soll nicht primär überlegen wie er möglichst für sich selber viel raus bekommt, sondern wie eine Gesellschaft gemeinsam weiter kommt. Dies gelingt nur wenn der Bürger etwas hat. Er muss ein intrinsisches Interesse an Wohlbestand des Staates haben und sich als Teil des Staates fühlen.
Kulturell:
Mir ist egal, ob jemand Currywurst oder Döner isst, es gibt aber kulturelle Wurzeln der westlichen Welt, insbesondere durch das christlich geprägte Weltbild, welche ich für kulturell unverzichtbar halte: Liebe, Gerechtigkeit, Pazifismus, Gleichberechtigung, Familie etc.
Insofern hat sich Kultur auch Gesetzen unterzuordnen und jeder muss das Grundgesetz und die Rechtsordnung anerkennen.
Bürgerrechte:
Hier bin ich ganz bei dir und auch für Individualrechte. Bürgerrechte sind primär Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber des Staates. Schränkt der Staat diese Rechte ein, muss er dies A) mit parlamentarischer Mehrheit machen und B) es muss abwägen ob es das Ziel wirklich die Bürgerrechte überwiegt.
Außerdem müssen Gesetze durch eine unabhängige dritte Gewalt (Justiz) überwacht werden. Ich bin gegen jede Verpflechtung zwischen Gewalten (Exekutive, Legislative, Judikative und inzwischen auch Medien als 4te Gewalt im Staat).
Globalität:
Ich bin für eine freie, globale Welt mit wenig Handelsbeschränkungen. Für internationale Zusammenarbeit in der EU, transatlantisch, aber auch darüber hinaus ohne die Welt "erziehen" zu wollen. Auch hier soll der mündige Bürger selber entscheiden können, welche Produkte er aus welchen Ländern konsumiert. Demokratie endet nicht an der Wahlurne sondern wird tagtäglich auch durch den Konsumenten gelebt.
In den wesentlichen Punkten bin ich bei Ludwig Erhard, dem alten CDU Wirtschaftswissenschaftler: Die Lösung gesellschaftlicher Problem ist nicht "mehr Staat", "mehr Steuern" und "mehr Umverteilung", sondern "mehr Chancen" für jeden. Dazu gehört die massive Förderung von Bildung, aber auch Teilhabe am Produktionskapital.
Das Fundament einer Gesellschaft ist nicht der Paternalismus, sondern der mündige Bürger, der als Wähler, Konsument, Arbeiter, Eigentümer durch Eigenverantwortung sein Leben und die Gesellschaft trägt. Er sollte dazu eine maximal Freiheit, wenig Bürokratie, wenig Steuern sowie eine bestmögliche (kostenfreie) Bildung erhalten.
Nach Parteien orientiert lande ich deswegen oft im liberalen Bereich wie z.B. der FDP.