Man muss die Welt auch nicht nur "männerzentriert" betrachten.
Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel über Matriarchate in der Geschichte der Menschheit gelesen.
Der Tenor war: mütterliche Kulturen wären die Basis der menschlichen Sozialordnung gewesen. Und in diesen Gesellschaften hätte es auch keine Monogamie gegeben, sondern die Menschen hätten die Liebe frei gelebt.
Ich weiß nicht, ob das Ganze historisch korrekt ist. Ich fand den Beitrag aber recht spannend.
Zumindest gibt's keine historisch bekannten Gesellschaften, in denen man wild und planlos durcheinander kopuliert hat.
Auch nicht in den mutterrechtlich geprägten Gesellschaften!
Marx und Engels haben ja in ihren Werken sowas Ähnliches geschrieben, die gingen nämlich von einer Art "Urhorde" aus, in denen es weder Paarbeziehungen noch persönliches Eigentum gab.
Und daß beides erst nach Einführung der Landwirtschaft entstanden ist.
Das ist aber definitiv falsch...
Okay, in die Zeiten des Australopithecus vor ca 1-2 Millionen Jahren können wir nicht zurückschauen, wie man damals zusammen gelebt hat.
Aber zumindest in den Zeiten der Neandertaler und früheren Homo Sapiens gab es jede Menge persönliches Eigentum an Schmuck, Werkzeugen, geschnitzten Figuren usw.
Und in der letzten Eiszeit von ca 60 000-12 000 Jahren gab es auch schon Handel zwischen verschiedenen Völkern, sonst hätte man nicht z.B. Muscheln aus dem Mittelmeer an Ketten und Armbändern in eiszeitlichen Siedlungen und Grabstellen in den österreichischen Alpen gefunden..
Oder das etwas 27 000 Jahre alte Kinder-Doppelgrab von Sungir(Ukraine), wo an der Kleidung der beiden Kinder über 1000 geschnitzte Elfenbeinperlen befestigt waren, neben vielem anderen Schmuck und anderen gut erhaltenen Grabbeigaben. Das beweist schon daß es auch damals schon, lange vor der Erfindung der Landwirtschaft persönlichen Besitz gab, und zwar nicht nur nützliche Gegenstände....
Und die Überreste von Hütten aus dieser Zeit waren manchmal ziemlich groß, hatten aber mehrere Feuerstellen.
Die wurden wohl von einer großen Sippe mit mehreren Familien bewohnt.
Es gab aber auch ähnliche Hütten, die ziemlich klein waren, und nur 1-2 Feuerstellen hatten, und wohl nur von 1-2 Familien bewohnt wurden.
Diejenigen Jäger-und Sammler-Kulturen die noch bis in die Neuzeit existiert haben, kannten auch allesamt die Ehe und Tabus bzgl Sexualität, vor allem Tabus gegenüber Sex unter zu nahen Verwandten.
Damit gingen viele dieser Völker sogar sehr viel weiter, als in unserer Kultur!
Z.B. wurden Frauen, die man bei uns vielleicht als Kusine 2. oder 3. Grades bezeichnen würde, bei den Stämmen der australischen Ureinwohner tatsächlich als "Schwestern" bezeichnet, und waren deshalb tabu. Deshalb hatten junge Menschen in den sehr dünn besiedelten australischen Wüsten oft richtig Probleme, überhaupt einen passenden Partner zu finden, der nicht mit einem verwandt war.
Die Verwandtschaftsbeziehungen und -tabus der australischen Ureinwohner waren so ziemlich die kompliziertesten überhaupt, und die Europäer konnten die wenn überhaupt nur sehr oberflächlich verstehen...
Diese Vorstellung der "Urhorde" wo jede mit jedem Sex hatte, war natürlich auch viel von den Vorurteilen des 19. Jahrhundert gegenüber sog. Naturvölkern geprägt.
Friedrich Engels kam übrigens aus einem sehr frommen, typisch protestantisch-pietistischen Elternhaus, und da lagen Missionsberichte und Spendenaufrufe von Missionaren aus Afrika, Asien oder der Südsee natürlich jeden Tag auf dem Tisch.
Die haben dann sicher richtig nette Stories über die unchristlichen Sitten und Bräuche der unzivilisierten "Wilden" erzählt, und da kamen dann solche schrägen Vorstellungen bei raus...😉