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Wie schaffe ich es stark zu bleiben ?

Holunderzweig

Sehr aktives Mitglied
Als mein Vater starb, da war das, als ob ein Stein ins Rollen gekommen wäre, ich habe nicht viel gehabt von meinem Papa, er war eher kühl und distanziert, das ist aufgebrochen, das ist mit seinem Tod zugleich voll in mein Bewusstsein gedrungen, ich sah mich, abgewiesen und ausgegrenzt, darüber war ich als kleines Mädchen immer irrsinnig betrübt und nichts hätte ich lieber gehabt, als hätte er mich mal nett angeschaut, oder sonst irgendwie wie ein Papa gewesen zu mir her. Du siehst also, Verdrängen war vorher, es kam alles hoch, wurde geöffnet, wie eine Eiterblase, ich weinte damals die ganze Zeit, aber eigentlich bedauerte ich mich.
Bei einer Trauergruppe hättest du die Chance, da mal näher hinzusehen, was alles so entsetzliches an Gedanken da ist. Du wirst Einsichten gewinnen über dich, dich mehr verstehen...und immer mehr lieben zugleich. Ich glaub schon, dass die Draufsicht auf seine Verletzungen mit dazu beitragen, auf sich selber zu achten mal. Das ist irgendwie tröstlich. Dort in so einer Gruppe wirst du auch von den Schicksalen der anderen berührt und wie ich bei mir gemerkt habe, das Mitgefühl, bedauert werden ist wie ein Pflaster.

Mir hilft, abschalten, das Wichtigste retten, alles andere fallen lassen. Aufraffen, niedersinken, in Abwechslung. Mal in die Trauer gehen, dann wieder aussteigen und zu den Tätigkeiten übergehen, die gemacht werden müssen. Was mir heute auch sehr hilft, das ist mein Glaube und meine Einstellung: Gottes Wille geschehe. Dazu gehört auch, dass ich akzeptiere, was alles so passiert. Ich sehe im Tod nicht das Ende. Für die Toten ist diese Zeit um, ihre Seelen sind unsterblich. Unsterblich aber ist auch das Bedauern, dass wir nicht länger haben durften, was so gut tat. Das ist "für das innere Kind" gültig. Ich glaub, das ist es, was so derart niedergeht und dieses liebe innere Kind braucht Trost und Mitgefühl und Verständnis und Hilfe, weil es jetzt nicht mehr schafft, was es sonst geschafft hat.

Bei uns war früher üblich, am Oberarm eine schwarze Binde anzubringen, das davon abhalten sollte, jemanden anzusprechen, der gerade in Trauer ist und jenen zu schonen. Ich verstecke mich, weil ich so dreinschaue, als ob ich böse wäre, weil ich mit niemanden sprechen will über Blabla, weil mir nicht danach ist, zugeneigt zu sein.
Liebe Sina, das müssen alle verstehen, wenn nicht, dann sags ihnen, bis sie es verstehen. Du kannst nicht, auch wenn sie brüllen, du bist am Boden derzeit. Lass dich krankschreiben, einliefern in eine Reha, es muss machbar sein, dass du Schonzeit hast, damit du wieder zu Kräften kommst.

Ich umarme dich und wünsch dir Freizeit. Solange du brauchst.
 

GrayBear

Aktives Mitglied
Deine Hilflosigkeit ist sehr verständlich. Auch mein herzliches Beileid. Mach, was Dir möglich ist und was gerade nicht möglich ist, wird seine Zeit bekommen. Manchmal geht es eben nur in ganz kleinen Schritten und auf Umwegen voran. Man wird einfach sprachlos angesichts von so viel Leid. Hoffentlich lässt euer Schmerz bald etwas nach.
 

Holunderzweig

Sehr aktives Mitglied
Deine Hilflosigkeit ist sehr verständlich. Auch mein herzliches Beileid. Mach, was Dir möglich ist und was gerade nicht möglich ist, wird seine Zeit bekommen. Manchmal geht es eben nur in ganz kleinen Schritten und auf Umwegen voran. Man wird einfach sprachlos angesichts von so viel Leid. Hoffentlich lässt euer Schmerz bald etwas nach.
Alles schweigt, wie wenn man von allem abgeschnitten worden wäre. Ich glaub auch, die Trauer ist still, sie ist sprachlos. Symbolisch wird bei einer Gedenkfeier zu einer Schweigeminute aufgerufen. Lasst uns alles abbrechen, den Betrieb einstellen, die "Maschinen" stoppen, aufhören zu plappern, schweigend das Haupt senken. ..mal nachdenken, da ist etwas sehr, sehr Leidvolles passiert, das alles andere relativiert.


Ich bin mit zum Grab, hab die Zeremonie mitgemacht, aber nachher war mir nicht möglich, dem anschließenden Gaststättenbesuch beizuwohnen. Ich habe befürchtet, dass man mich anspricht, ich sprechen sollte, Konservation betreiben muss mit jenen, die nicht involviert sind und waren und mit den anderen, dem Kreis der Trauernden, da war es erst recht nicht machbar, Worte zu finden.
Ein stilles Umarmen, sich wiedersehen, sich drücken, das war für mich richtig, aber darüber reden, unmöglich. Wir müssen das jetzt aufarbeiten, jeder für sich, wie er es braucht. Ich kehre nach innen, still und leise verdaue ich das Geschehene mit mir selber. Da gehe ich strategisch vor, in kleinen Stückchen nehme ich diese bittere Tatsache an, mal denke ich hin, dann schluchze ich, dann geh ich wieder heraus aus dieser Geschichte und wende mich dem zu, das noch da ist. Was mir auffällt, die Zuneigung zu meinen Leuten sehe ich jetzt anders, sie ist vergänglich, umso kostbarer berühren wir uns jetzt.

Liebe Sina,
 

Holunderzweig

Sehr aktives Mitglied
Liebe Sina, bleiben wird dieses Gefühl nicht, in dem du dich befindest. Es wird von anderen Ereignissen überdeckt werden, du wirst dieses heutige Leiden wieder deckeln, es wird "zuwachsen", überwachsen werden von den Eindrücken, die dein Leben noch auftischen wird im Laufe deiner Geschichte. Jetzt ist Kummerzeit und während der Kummerzeit sieht man etwas, das sonst verborgen ist. Du siehst jetzt auf den Grund deiner Seele. Während der Melancholie spürt man etwas, das man sonst nicht merkt, man ist in einem anderen Zustand. Nicht flach, sondern tiefer, man taucht ein in andere Welten und was es dort alles gibt, das entzieht sich jenen, die dort nicht hinschauen.
Eine Reise in die Anderswelt. Komm gut wieder zurück. Deine Kinder werden dafür sorgen und dein Geist ebenso, der wird dir den Weg wieder zeigen, wo du aussteigen kannst aus diesem Zustand.

Alles zu seiner Zeit.

Ich glaub es gibt niemanden auf dieser Erde, der nicht immer wieder einen Anlass erlebt, wo er da hingebeamt wird. Dir wird eine Hand gereicht, die dich da wieder herausholt. Eins deiner Kinder? Ein Vogelzwitschern? Eine Umarmung von jemanden? Ein Anblick von etwas sehr Ergreifendem? Oder ein Musikstück, ein Buch, ein Erlebnis, dir wird geholfen werden. So habe ich es jedenfalls immer erfahren und darauf vertraue ich. Hoffentlich alle, die jetzt im Zustand der Trauer sind.

Alles Liebe, auch zu solchen Tagen.
 
G

Gelöscht 129876

Gast
Mein von ganzem Herzen kommendes Beileid. Und ich spüre grad selbst, wie hohl und leer dieser Satz klingt... Ich nehme dich virtuell still in den Arm, halte dich fest und lasse dich weinen, schreien, zusammenbrechen, versuche dich aufzufangen - doch diesen Schmerz kann nur Gott wirklich mittragen und lindern, aber das braucht Zeit.
 

Holunderzweig

Sehr aktives Mitglied
Und ich spüre grad selbst, wie hohl und leer dieser Satz klingt...
Nein gar nicht. Man "klagt" hinaus und jemand ist da, der liebevoll antwortet. Stell dir mal vor, was das alleine schon ausmacht, weil man nicht ungehört ist.
Es ist Zuwendung und Zuwendung fühlt man bei dir genau so heraus, wie ich sie gefühlt habe, als ich eure Kommentare las. Füreinander da...Beileid, Beistand.
 

Sina1986

Mitglied
Hallo Sina1986,
auch ich möchte dir mein Mitgefühl aussprechen.
Leider habe ich keinen Rat für dich, aber dein Leid berührt mich.
Das denke ich auch.
Du musst nicht stark sein.
Such dir Hilfe!Auch mit organisatorischen Sachen.
Trauergruppe ,speziell für Eltern ,finde ich auch eine gute Idee,dass du nicht so alleine fühlst.
Ich habe es in meiner Trauer bei dem Verlust meines Mannes leider nicht geschafft,die Trauer mit meinen Kindern zu teilen.
Wir sind irgendwie auseinander gedriftet.
Manchmal ist es einfacher mit nicht nicht an der Trauer beteiligten Menschen zu sprechen,als mit seinen Nächsten,weil die ja auch trauern.
Da hast du glaube ich wirklich Recht ,es ist schwierig die Menschen zu trösten die auch um ihn trauern ,dann wird es umgekehrt genauso sein ,das habe ich so noch gar nicht gesehen.

Es tut mir natürlich auch für dich leid ,ich hoffe das du schon ganz bald mit dem Verlust deines Mannes besser umgehen kannst und einen Weg für dich findest !

Es ist auch wirklich schwierig weil jeder für sich einen eigenen Weg finden muss damit umzugehen, deswegen gibt es eigentlich kein falsch und kein richtig aber man kann es trotzdem oft nicht nachvollziehen wie andere trauern.
 

Leere?Zukunft

Sehr aktives Mitglied
Mir hat schreiben sehr geholfen und hilft es immer noch teilweise.
Ich schreibe Texte, schreibe Gedanken auf,gebe den Schmerz seinen Lauf,so wie die Worte auf dem Papier einen Platz finden,ganz oft habe ich dabei geweint und hab denn irgendwie doch immer die Kraft gefunden weiter zu machen,weil es einfach keine andere Option gab.
Das Forum kannte ich hier am Anfang meiner Trauer noch nicht,habe mir oft gewünscht,ich hätte jemanden gehabt,der einfach mal zuhört.
Bei mir war gerade die Corona Zeit mit den strengen Maßnahmen und ich hab mich so allein gefühlt,wie noch nie.
Wenn es dir hilft,hier zu schreiben,dann mach das gerne,es gibt viele hier die mitlesen.
Richtige Tipps geben,können wir eher weniger,aber zuhören und mitfühlen,das können wir auf jeden Fall.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und sende dir liebe Grüße!
 

Mickey Mouse

Mitglied
Hallo @Sina1986
tut mir leid, dass du gerade diese Trauer und das Leid durchleben musst.

Ich bin überzeugter Christ und wenn ich Probleme habe dann kann ich damit einfach zu Gott kommen und er kümmert sich dann darum. Und weil du sagtest, dass du dich mit deiner Trauer alleine fühlst kannst du auch mit ihm darüber reden, weil er hört immer zu. Du kannst bei ihm auch um Hilfe bitten, dafür musst du nicht gläubig sein.

Und ich werde auch für dich beten, dass deine Situation verarbeiten kannst und in den Griff bekommst. :) LG
 

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