Holunderzweig
Aktives Mitglied
Es klingt vielleicht befremdlich, ich habe das Gefühl, nicht mehr trauern zu können, wenn jemand stirbt.Also warst du sicher auch in einer Trauergruppe so wie ich es rauslese, oder ?
Ich nehme an, das hat mit meiner Religiosität zu tun, mit meinem Glauben. Früher ging es mir wie "anderen"- ( immer dran denken, bedauern, trauern eben...Mitleid haben mit jenem, Mitleid haben mit mir, weil es nicht mehr da ist, weil es gestorben ist, weg ist..) heute sage ich mir schade, ich hätt mich gefreut, wenn wir mehr Zeit noch gehabt hätten, sollte wohl nicht sein, es ist anders gekommen. Ich akzeptiere dieses Weggehen, dieses Lebens-aus, falls es so kommt.
Klammheimlich schauerts mich über meine Regung, die ist unnormal "cool". Bei mir ist das Gefühl da, wie wenn jener ins "Unsichtbare" gegangen wäre, in eine andere Zeit, in eine andere Ebene, in die ich ja auch eines Tages wechseln werde und alle anderen ebenso. Ich finde den Tod okay. Den muss ich hinnehmen, wie das andere alles, was so passiert. Gottes Wille geschehe... Ableben ist nichts "Schlechtes", es ist ein Teil vom Ganzen. Man taucht weg, taucht wieder auf in einer neuen Gestalt. Ich glaube jedenfalls, es geht weiter.
Am 21. August ist die Beerdigung einer meiner langjährigen Gefährtinnen, einer Freundin, mit der ich seit Jahrzehnten verbandelt bin und teilhabe an ihrem Leben. Sie wurde aus diesem Dasein enthoben, auf einmal war es aus. Lungenembolie, niemand ahnte das, sie selbst auch nicht. Wir begraben einen leeren Körper und ihre Seele ist vielleicht bereits ( alles vergessen habend) eine Neue, die von vorne anfängt, als ganz Neuer, bis zu dem Tag, wo sie da aufhört und wieder wo anders neu beginnt.
Was auch immer uns geschieht, mir scheint, das ist wie eine Bühne, wie ein Monumentalfilm, wo wir auf immer und ewig unsere Rollen einnehmen. Mal so, mal anders. Ich lebe sicher weiter, du ebenso, du auch, man trifft sich wieder, sitzt unter dem Baum, den man vor vierhundert Jahren gepflanzt hatte mal und das nicht mehr weiß. Komisch wärs, wenn wir ein Leben lang bauen und aufbauen, nichts davon hätten später mal. Das werden wir für uns alles machen, für später, fürs nächste Sein.
Ich sponsere meine Enkel, ich wachse wahrscheinlich in deren Existenz weiter, kann ja sein. Fortsetzung folgt... das spüre ich so.