Es gibt ein Thema, das mir immer wieder in den Kopf kommt, und von dem ich bis jetzt (außer ansatzweise meinem Mann) noch niemandem erzählt habe.
Auslöser, das jetzt zu thematisieren, ist eine Situation mit meinem Vater im letzten Jahr.
Aber von Anfang an:
Mein Vater und ich hatten nie ein besonders gutes Verhältnis.
Er hat emotional manipuliert, mit Liebesentzug bestraft (wegen Kleinigkeiten, ganz oft z.B. wenn ich etwas nicht wollte, was er vorgeschlagen hat, dann war er tagelang eingeschnappt)
Er hat meine Wahrnehmungen negiert und lächerlich gemacht, mich immer wieder abgewertet und sogar beleidigt.
Ich hatte als Kind immer das Gefühl, alles falsch zu machen, ihn ständig zu enttäuschen und zu provozieren.
Trotzdem hat er aber auch, vor allem, nachdem ich schon ein Teenager/ eine junge Erwachsene war, immer wieder die Nähe zu mir gesucht.
Dieses Nähe suchen war meistens körperlich, und es war mir jedes Mal total unangenehm.
Er hat z.B. gerne hinter mir gestanden und mir dann immer die Hände auf die Schultern gelegt.
- in vielen Familien sicher was ganz normales, aber wie gesagt, wir standen uns ja gar nicht nahe.
ich habe mich dann immer total verkrampft.
Mit 14 bin ich von zuhause abgehauen, wurde aber von der Polizei zurück gebracht.
Natürlich war helle Aufregung.
Meine Mutter war eher sauer, aber mein Vater ist so hinter mich getreten, hat mich auf den Hals (!) geküßt und meinen Namen gesäuselt.
Er ist auch oft auf das Thema Sex gekommen, immer nur subtil, aber er hat mich damals jedes Mal in Verlegenheit gebracht.
einmal hat er ein Buch von mir gefunden, ich war ca. 17, und es gelesen.
Dann meinte er, mir mitteilen zu müssen, dass er die "erotischen Stellen" darin gut fand.
Ein anderes Mal erzählte er mir, er hätte einen alten Bekannten von mir getroffen.
Wörtlich: " der hat mir erzählt, dass er damals ganz schön scharf auf dich war."
Da war ich schon erwachsen, aber es war so unsagbar peinlich.
Und nochmal: wir standen uns nicht nahe!
sowas erzählt man doch nicht seiner Tochter, egal, wie alt sie ist!!!
und dem "Bekannten" macht man doch wohl eine Ansage.
nun zu der Situation im letzen Jahr:
Es wurde ein Spaziergang mit der Familie um einen See gemacht.
als wir einen großen Vogel am anderen Ufer sahen, blieben wir stehen und beobachteten ihn.
Mein Vater stand hinter mir, und hat dann meinen Oberarm gestreichelt, so, wie ich es nur von Partnern kenne, wenn man verliebt ist.
Ich bin sofort einen Schritt zur Seite gegangen, und habe noch Stunden später immer wieder über die Stelle gekratzt.
Ich weiß, dass anderen viel viel Schlimmeres passiert ist, und habe ihnen gegenüber schon fast ein schlechtes Gewissen...
aber ich komm damit einfach nicht klar.
Was soll der Sch**ß?
Wenn er Nähe aufbauen will, dann soll er gefälligst das Gespräch suchen, sich entschuldigen für die Verletzungen in der Kindheit, was-weiß-ich....aber doch nicht sowas!
Er ist ein alter Mann, ich bin schon lange erwachsen.
Trotzdem krieg ich es nicht auf die Reihe, ihm zu sagen, dass ich solche Berührungen nicht möchte.
oder bin ich überempfindlich?
ich habe meiner Schwester von der Situation erzählt, und sie meinte, sie kenne sowas auch von ihm, das seien "Liebesbekundungen".
Ganz ehrlich - mir kommt's hoch bei sowas.
ich weiß nicht, warum ich euch das alles erzählt habe und muss auch noch mal überlegen, ob ich es abschicke.
Irgendwas in mir will vielleicht einfach damit gesehen werden.
Aber ich habe auch Angst davor, dass man mich nicht ernst nimmt und vor dem so oft gehörten "du stellst dich an."
Vielleicht hoffe ich auch auf die geringe Wahrscheinlichkeit, dass jemand sowas ähnliches kennt.
ich hoffe, meine Triggerwarnung hat was gebracht, ich möchte niemandem ein schlechtes Gefühl vermitteln!
aber war das alles überhaupt so "schlimm", wie ich es empfunden habe?
ich weiß es einfach nicht...
Bitte berücksichtigt, dass das Thema sehr persönlich und schwierig für mich ist.