Ja, wir hätten definitiv schon früher was tun müssen.
Aber wir sind nun mal Kinder unserer Zeit. Meine Eltern haben auch noch eine Ölheizung (+ den bösen Kachelofen). Es ist aber bei weitem nicht so, dass die umwelttechnisch nichts haben machen lassen. Das ganze Haus wurde vor ca. 20 Jahren bereits komplett isoliert, das Dach ist gleich doppelt gedämmt und von Frühjahr bis Herbst ist die Ölheizung sogar ganz aus, denn das Warmwasser kommt über Solaranlagen vom Dach. Nur eine Wärmepumpe haben sie nicht. Warum? Weil die vor 20 Jahren, als groß saniert wurde, eben noch nicht wirklich marktreif waren. Damals wurden eben noch flächendeckend Ölheizungen verbaut.
Übrigens auch in Neubauten. Aus demselben Grund haben auch wir noch eine Ölheizung drin. Das war vor 30 Jahren einfach der verbreitete Stand der Technik. Was kann Tante Erna dafür, wenn der Heizungstechniker ihr gar nicht sagt, dass es sowas wie Wärmepumpen überhaupt gibt? Selbst vor 5 Jahren wurde einem noch eine Gasheizung nahegelegt. Da hieß es noch "Wärmepumpen sind noch nicht ganz ausgereift, das dauert noch 10 Jahre". Erst seit 3 Jahren etwa beobachte ich den Trend zur Wärmepumpe.
Und selbst wenn man wie wir beschließt, die ganzen Sanierungen freiwillig zu machen und das Geld sogar auf der hohen Kante hat - versuch mal, das in die Tat umzusetzen. Wir haben ungelogen 3 Monate lang jegliches Heizungsunternehmen der Umgebung angerufen. Alle sagten, sie hätten keine Termine mehr frei. Dass sich jetzt doch eine Firma (vielleicht) unserer erbarmt ist dem Umstand zu verdanken, dass wir Vitamin B haben. Jetzt kommt zumindest mal einer vorbei, aber ob das bei unserem Haus überhaupt Sinn macht und wie viele Jahre es dauert, bis besagte Wärmepumpe verbaut ist, steht in den Sternen. Genauso wie die Frage, ob wir binnen der nächsten 10 Jahre einen Handwerker herkriegen, der das Haus isoliert und die Photovoltaikanlage aufs Dach zimmert.
Alle Fußböden herauszureißen, nur um eine Fußbodenheizung zu verlegen, finde ich übrigens auch nicht nachhaltig.
Es mag zwar sein, dass man die Ansätze für vieles schon vor 100 Jahren hatte. Dennoch war es oft nicht ausgereift. Bei Elektroautos etwa bestand das Problem, dass die Batterien nicht sonderlich weit hielten und ein Verbrenner aufgrund seiner weit schnelleren Nachfüöötechnik einfach im Vorteil war. Das ist ja sogar noch heute so. Nur, dass die jetzigen E-Autos genug Reichweite haben, dass ein Ottonormalbürger, der jetzt nicht täglich halb Deutschland durchquert, damit im Alltag gut zurechtkommt. Und auch Wärmepumpen mag es schon lange gegeben haben - Sinn machen sie aber dennoch erst, wenn man zu deren Betreibung nicht so viel Energie braucht, dass man für die Energieerzeugung 3x mehr Gas braucht, als hätte man direkt ne Gasheizung eingebaut. Solange wir unsere Energie nicht flächendeckend aus Solar, Wind und Wasser bekommen, sondern viel auch mit Gas erzeugt wird, macht es schon Sinn, die Öl-/Gasanlage zur Wärmegewinnung dort hinzustellen, wo diese Wärmeenergie auch gebraucht wird - in die Häuser der Verbraucher.
Nur, weil jemand sein Haus nicht großsanieren kann, heißt das noch lange nicht, dass man nicht umweltfreundlich lebt. Meine Eltern etwa leben derart konsumarm, nicht mal die schäwbische Hausfrau wöllte derart frugal leben. Jene, die kein Geld für eine Sanierung haben, leben vielleicht auch sonst recht sparsam. Etwa weil das Geld nicht nur für eine Dämmung + Heizung, sondern auch für ein Auto fehlt. Man kann die Umwelt und damit auch das Klima schonen, indem man im Alltag Verzicht übt (wenn auch manchmal unfreiwillig, mangels Geld).
Wie schon mehrfach geschrieben: ich halte es für durchaus sinnvoll und wichtig, dass Neubauten qua Gesetz allerhand Umweltauflagen erfüllen müssen, dass wir nicht weiterhin Häuser in Billigbauweise hinsetzen. Aber ich finde es falsch, über Nacht solch teure Vorschriften für Bestandsbauten zu machen. Denn man will doch auch etwas Planungssicherheit haben und zwar gerade auch in finanziellen Fragen. Wenn ich mir heute ein Haus kaufen, dann rechne ich mir aus, ob ich den Kredit in den nächsten 30 Jahren abstottern kann und kaufe es mir dann. Nur wie soll man hierzulande noch seine Zukunft planen können, wenn man nicht weiß, ob man nach 5 Jahren dann plötzlich nochmals 100k investieren muss, für die man aufgrund des laufenden Kredits keinen mehr kriegt?
Ich fände es eben sinnvoller, sich zu überlegen, wie man einen besseren öffentlichen Nahverkehr macht. Oder europaweite Bahnlinien, sodass ich nicht mehr nach Barcelona fliege, sondern abends um 19 Uhr in Frankfurt in den Schnellzug (statt Flugzeug) mit Schlafwagen einsteige, der mit 250km/h durch die Gegend rast und mich morgens um 10 dann in Barcelona rauswirft (wenn ich nicht zwischendrin in Paris oder Marseille aussteige). Mit "abends einsteigen, morgens am Ziel" könnte man bestimmt viele Urlauber aus dem Flieger holen. Gibt es teilweise schon, ist aber noch unpraktisch, weil es mir nichts nutzt, wenn ich um 1 Uhr nachts in München einsteigen soll (weil wie komm ich um die Uhrzeit nach München?), bzw. wenn ich um halb 3 Uhr auf der Heimfahrt an einem Großbahnhof rausgeworfen werde, dann aber 4h lang dort feststecke, weil der erste RE nach Hause erst dann fährt.
Aber würde man sich zusammen international an einen Tisch setzen und überlegen, wie man die Leute aus den Fliegern in die Bahn kriegt und zwar so, dass sie das nicht als Nachteil empfiinden, hätte man für die Umwelt weit mehr getan.