Ich habe von 1992-1996 den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs gelernt und abgeschlossen. Und danach schleunigst den Beruf gewechselt. Warum ? Weil die Firma, wo ich das gelernt habe, ein absoluter Horror-Laden war. Um mal etwas ins Detail zu gehen:
1. Normalerweise hat der Beruf große Schnittmengen mit dem des Heizungs-Lüftungsbauers (inzwischen wurden die Berufe übrigens zusammengelegt), d.h. die Azubis lernten schon damals beide Berufe parallel, was meist dadurch bedingt ist, dass sich die Berufe in kleinen Firmen nicht voneinander trennen lassen. Nicht so in der Ausbildungsfirma, in der ich gelernt hatte. Die Firma war fast 160 Mann groß, davon etwa 50 Gas-Wasser-Gesellen. Die Gewerke wurden streng getrennt, keiner machte Sachen des anderen Bereiches. Von Heizungsbau hab ich also keinen Schimmer. Allein das reicht schon, um mit dieser Ausbildung hinterher keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt zu haben.
2. Die Azubis waren eigentlich nur die Deppen, die die Sachen machen mussten, die den normalen Gesellen zu unangenehm/schwer waren: Werkzeug schleppen, Material schleppen, Dreck wegmachen, Löcher stemmen, Rohre abisolieren usw. Mit viel Glück hatte man mal ´ne Baustelle, wo man mal Gewinde schneiden und einhanfen konnte, aber das war eher die Ausnahme. Kein Aas hat sich die Zeit genommen, den Azubis mal was zu zeigen. Erst im letzten Jahr hatte ich einen älteren Gesellen erwischt, der das gemacht hat. Aber da war mein Interesse an dem Beruf längst dahin.
3. Arbeitsschutz war ein Fremdwort. Ich habe damals monatelang mit großen Bohrhämmern (=im Grunde sind das überdimensionale Bohrmaschinen) Löcher in Decken und Wände gestemmt, alles ohne Gehörschutz. Das Ende vom Lied: Heute habe ich eine ausgeprägte Hochtonschwerhörigkeit, trage Hörgeräte und kann oberhalb von 1000khz nur noch etwa 35% hören. Und das mit Mitte 40.
Auch sonst war Arbeitsschutz weitestgehend unbekannt: Schutzbrillen wenn man mit Trennschleifern hantiert ? Unbekannt. 3x war ich für jeweils 2 Wochen außer Gefecht gesetzt, weil ich Metallspäne ins Auge bekommen hatte. Unnötig zu erwähnen, dass die Firma mit nicht glauben wollte, dass sowas bei der Arbeit passiert ist...aber wo sonst fängt man sich schon Metallspäne im Auge ein,wenn nicht da,wo man täglich damit Kontakt hat ?
Wir sind auf Baustellen mit 8 Leuten auf fahrbaren Gerüsten herumgeturnt, die weder ein Geländer besaßen, noch auch nur ansatzweise für derartige Belastungen ausgelegt, sondern maximal bis 180kg zugelassen waren. Damit die Dinger nicht umkippten, wenn da derart viele Leute draufstanden, haben sich 2 Lehrlinge quasi als "Gegengewicht" unten ans Gerüst drangehängt...als ob die bei derartigen Hebelkräften tatsächlich ein Umkippen hätten verhindern können. Einmal ist dann das Worst case scenario passiert und ich bin aus 8m Höhe abgestürzt. Mein Knie hatte danach für Wochen die Größe eines Fußballs, noch heute habe ich regelmäßig Probleme damit und kann manchmal kaum Treppen steigen. Die Firma hat´s übrigens vertuscht.
4. Auch die praktische Abschlussprüfung war ein Horror. Es gab seitens der Handwerkskammer eine genaue Vorgabe, was man an Werkzeug und Material mitzubringen hatte. Bei 3 Lehrlingen in unserer Firma entsprechend 3x. Nun, der Chef hatte festgelegt, dass der Fahrer der Firma uns das Zeug am Prüfungstag um 7:30 an der Prüfungsstätte abliefern sollte. Erschienen ist er um 9:30, da lief die Prüfung seit 1,5h. Statt 3x Werkzeug gabs nur 1x...und das war wahrscheinlich schon beim Bau des alten Roms verwendet worden, also fast unbrauchbar. Man rannte also die ganze Zeit in der riesigen Halle rum und holte gerade das Werkzeug, das man gerade brauchte, weils einer der anderen beiden Lehrlinge hatte. Auch das Material war eine Katastrophe. Schon eine geile Idee von unserem Meister, zu einer Prüfung, wo es auch auf Optik ankommt, faktisch müllreifes Material zu "sponsern": angerostete Stahlrohre, Kupferfittings mit einer dicken grünen Patina drauf, offenbar gebrauchte Abflussrohre und zerkratzte Armaturen. Bei den Kenntnissen lag vieles im Argen. Wie ich bereits erwähnte, waren wir 3 Azubis immer nur die Deppen für die Drecksarbeiten. Entsprechend gab es viele Fertigkeiten (wie z.B. Hartlöten), die wir vorher noch nie selbst gemacht hatten und nur hinkriegten, weil dir den Azubis der anderen Firmen zuguckten und es nachmachten.
Ergebnis: ALLE 3 Lehrlinge durchgefallen. Erst in der Nachprüfung haben dann alle bestanden, nachdem es ein dickes Donnerwetter für den Meister gab, der das Zeug zusammengestellt hatte. Vor der Nachprüfung haben wir Azubis das ganze Material+Werkzeug dann lieber aus Sicherheitsgründen selbst zusammengestellt und nahmen es auch selbst mit zur Prüfung. Sicher ist sicher.
Heute habe ich von den ganzen essenziellen Kenntnissen, die zu dem Beruf gehörten, wohl 80% vergessen (gerade die ganzen theoretischen Kenntnisse). Ich könnte zwar noch einen Abflußsiphon oder eine Mischbatterie wechseln, das war's dann aber auch schon.