Bertel_aus_Berlin
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Schön reflektiert und zusammengefasst. Genauso sehe ich das auch. Ich erinnere mich auch, als ich mal eine ordentliche Grippe hatte, kam Tage später mal eine Nachricht, wieso ich nicht auf dem Weihnachtsmarkt gewesen sei......wir waren damals mit mehreren Leuten dort verabredet. Da kam kein Mensch auf die Idee, wenigstens mal zu fragen, wie es geht. Vielmehr brach der Kontakt in dem Moment ein, wo die Messe im wahrsten Sinne gelesen war und alles vorbei.Hallo, ich kam Zufällig auf dieses Gespräch. Finde die unterschiedlichen Sichtweisen sehr interessant! "Aussortieren" finde ich auch unpassend, aber gerade in dem Fall wo man Jemanden braucht und man merkt dass keiner da ist, kann man sich diese Fragen mal durchaus stellen.
Ich denke man muss zu allererst zwischen richtigen Freunden und guten Bekannten unterscheiden. Ich gehe oft mit einer Gruppe Leuten mal essen und amusiere mich prächtig, weiß aber dass wir jetzt nicht die besten Freunde sin. Ein richtiger Freund ist Jemand mit dem man auch mal über Hässliches reden kann, sich ausweinen kann oder über Probleme reden. Dass man also einige Leute nur als Bekannte sieht ist völlig ok.
Ich bin eine sehr aktive Freundin, habe natürlich viele Fehler aber versuche wirklich für die Menschen die mir wichtig sind da zu sein wenn sie mich brauchen. Ich nahm mir mal 1 Tag Urlaub um mit einer Freundin zur Nachuntersuchung nach einer OP ins Krankenhaus zu fahren, wartete dort ewig auf sie aber das war mir egal. Ich ging mit einer Freundin auf ein Amt da sie kein Auto hat (5h Fahrt hin und zurück, weil es im Ausland war und es um ihr Visum ging). Der gleichen Freundin lieh ich auch einmal Geld, als sie nicht zurecht kam. Ich wollte nicht dass sie sich schämt und habe ihr gesagt sie soll es mir zurückzahlen wenn sie kann. Nach 4 Monaten gab sie es mir wieder und ich freute mich dass ich helfen konnte. Manchmal fahre ich auch Leute irgendwo abholen, wenn sie irgendwie nicht mehr nach hause kommen (gerade Abends wenn eine Freundin alleine irgendwo unterwegs ist, weil bei uns ständig Leute am Bahnhof beklaut werden). Ich finde solche Sachen normal. Würde nicht mal ein Danke verlangen oder dass der Andere sich revanchiert.
Allerdings war noch nie Jemand für mich da. Meine Eltern kommen mich immer mal abholen wenn ich Jemanden brauche. Als meine Mutter krank wurde, wurde mir 5 Minuten zugehört und dann das Thema gewechselt. Als ich einen Autounfall (nur Sachschaden) hatte und ich meiner Freundin für unser Restaurant an dem Abend absagte, sagte sie pass auf dich auf, und war erleichtert dass es mir gut geht, bot aber auch nicht an mich abzuholen oder mich am nächsten Tag zur Arbeit zu fahren. Mein Vater leihte mir dann sein altes Auto. Insgesamt ist er der Einzige auf den ich zurückkommen kann wenn ich mal wirklich Jemanden brauche.
Gerade wenn es mir richtig schlecht geht, und alle um mich herum nur über ihre Hobbies und allgemeine Themen reden wollen scheint es mir sinnvoll mal über Freundschaften nachzudenken!
Ich finde ein Freund ist nur Jemand, der im schlimmen Fall, oder in einer richtig heiklen Situation für einen da ist. Und so einen habe ich leider nicht. Also ist es meiner meinung nach wichtig zu schauen was man im Leben haben will. Wenn es einem reicht gut essen zu gehen, sich zu treffen und mal auf Konzerte oder auf Shopping Tour zu gehen, ok. Wenn man aber das Gespräch sucht oder zuHause sitzt und Jemandem zum Reden braucht und keiner einem zuhören will, weil es keinen interessiert wie es in einem aussieht, sollte man ruhig Freundschaften überdenken. Ich weiß aus Erfahrung dass diese oft meist von alleine auklingen wenn man sich weniger meldet.
Ich glaube, die meisten Menschen versinken heute in Problemen, in hausgemachten Problemen und Luxusproblemen und natürlich auch echten Schicksalsproblemen. Wenn dann noch Kinder und Familie im Spiel sind, wird es noch heftiger, dass man überhaupt keine Kapazitäten mehr hat für Andere. Ich frage mich daher ja immer wieder, wie überhaupt noch Freundschaften funkionieren u beantworte mir die Frage damit, dass viele einfach die Messlatte heruntersetzen und Freundschaften als jene Bindungen interpretieren, die erheblich oberflächlicher sind, als sie es früher vor einigen Jahren noch waren. Heute beziffern viele schon eine Freundschaft allein darin, dass man sich halt ab und zu mal sieht oder quatscht. Für einander da sein ist für mich etwas ganz anderes.
Man kann das leider nicht ändern, man kann nur versuchen, sich innerlich zu distanzieren, damit es einen nicht frustriert oder verletzt. Ich handhabe es generell so, dass ich mir das Verhalten von Menschen ansehe, mal länger, mal kürzer. Und je nach dem wie die Person auf mich zugeht, mich behandelt, sich bei mir meldet oder nicht meldet, spiegel ich das Verhalten. Nicht um die Person zu erziehen, das ist sowieso nicht möglich, sondern mehr um mich zu schützen und nicht irgendwann zu denken, ich bin hier der Depp oder lasse mich ausnutzen. Es geht für mich inzwischen fast nur noch darum, mein eigenes Selbstwert aufrecht zu erhalten. Und dann kann man zb auch ohne schlechtes Gewissen absagen oder auch mal durch "nicht antworten" glänzen.