Es geht aber auch an den meisten anderen Menschen vorbei, weil die Lösung nicht die Rückkehr ins Mittelalter sein kann. Von Toilette bis Smartphone - das ist kein Luxus.
Für viele Millionen Menschen auf der Welt ist Toilette und Smartphone noch heute Luxus. Denk an Slums oder arme Dörfer in Indien, Südafrika, Brasilien. Für die Leute dort wären die Lebensbedingungen eines deutschen Hartzers das reine Paradies.
Das Pendeln als "Luxus" darzustellen, finde ich irreführend. Luxus ist etwas, was ich mache obwohl ich es nicht brauche um meine Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Wenn ich dagegen in einer zunehmend spezialisierten Arbeitswelt keinen Arbeitsplatz im eigenen Ort finde und deswegen pendeln muss, ist das gewiss kein Luxus, sondern sogar eher eine Belastung für mich. Wer sieht es denn als Luxus an Pendeln zu müssen?
Erst Recht ist es kein Luxus, an dem ich sparen kann. Das hieße für viele ja den Job kündigen und einen anderen (eher schlechter bezahlten Job) in näherer Umgebung suchen.
Selbstverständlich ist es Luxus, Zeichen des Lebens in einem ziemlich reichen Land, daß Du überhaupt die Möglichkeiten hast zu pendeln, daß Du Dir ein Auto oder wenigstes das Fahrgeld für die Öffentlichen leisten kannst. Hältst Du das für selbstverständlich? Noch vor 100 Jahren wäre es bei uns für einen Großteil der Bevölkerung keine Selbstverständlichkeit gewesen, und für Millionen Menschen auf der Welt ist es bis heute keine.
Und jetzt stell Dir mal vor, die Bedingungen in unserem Land würden sich in den nächsten Jahren so sehr verschlechtern, daß die meisten heutigen Autobesitzer sich keines mehr leisten können. Und die Preise für Öffentliche entsprechend anwachsen, so daß längere Strecken täglich für die meisten Arbeitnehmer gar nicht mehr rentabel wären.
Was würdest Du dann machen? Arbeitsnah umziehen oder Dich ganz vom Staat ernähren lassen (sofern der dazu dann noch bereit oder fähig wäre)?
Früher haben die Menschen dieses Problem irgendwie lösen können. Obwohl damals erheblich weniger Geld im Geldbeutel war als heute. Waren sie flexibler, was Umzüge anging (als das persönliche Eigentum meistens in einen großen Koffer paßte, statt daß gleich ein ganzer Haushalt mit mußte), oder waren sie weniger anspruchsvoll? (Letzteres auf jeden Fall, Hausbedienstete wohnten üblicherweise im Haus ihrer Herrschaft, Lehrlinge und Gesellen die zu weit weg waren von ihren Familien, in Gesellenheimen des jeweiligen Betriebs, bei der Familie des Arbeitgebers oder in einem Kabuff oder auf dem Dachboden der Firma. Eigene Wohnung, was für Ansprüche, man war meistens froh wenn man ein winziges Zimmer zugewiesen bekam und das nicht auch noch mit jemandem teilen mußte.)
... Nein, ich glaube nicht, daß es wegen ein bißchen Heizöl- und Gasverteuerung so weit kommen würde. Aber das Gedankenspiel sollte man schon mal durchspielen, was wäre wenn, wenn es mal wirklich hart kommen sollte. Unser Reichtum (als Nation) ist keine Selbstverständlichkeit, der ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde hart erarbeitet, und er wird auch nicht von selber bleiben, wenn sich mehr und mehr Menschen aus dem Arbeitsleben verabschieden, durch (verdiente) Rente, ewiges Studium oder genereller Arbeitsverweigerung. Plus unvorhersehbare Krisen wie Corona, die auch in Zukunft immer wieder mal aufschlagen werden. Und wenn die Menschen dann plötzlich auf Dinge verzichten müssen, die sie bisher für selbstverständlich hielten und von denen sie längst abhängig sind, wie private Autos bei Landbewohnern ...