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Benjamin-29
Gast
Müsste er in dem anderen Fall nicht seine Entscheidung vor den Angehörigen von Tausenden von Opfern am Boden begründen ? ...ich weiss aber nicht, ob das hier hin gehört. Es gibt ja schon einen Thread in dem der Minister Jung und "Flugzeuge abschiessen" diskutiert wird. Als EuFrank diesen Thread eröffnete, hatte ich mich gefreut, dass nun losgelöst von der gegenwärtigen Situation über den Hintergrund des Problems nachgedacht wird ?Und der Verteidigungsminister müsste möglicherweise bei hunderten von Opferangehörigen seine Entscheidung begründen.
Ich sehe es so wie mr_el und MagicSun: Es gibt Situtationen, in denen Entscheidungen erforderlich sind, ohne dass es Rückendeckung durch einen Gesetzgeber geben kann. Jemand, der in einer solchen Situation ist, ist gezwungen eigenverantwortlich zu handeln.
Der Gesetzgeber kann hierfür keine Rechtsgrundlage liefern. Die Menschenwürde und das Recht auf Leben sind nach unserer Verfassung unantastbar, unveräußerlich und ewig. Daran darf ein Richter nicht rütteln. (Jedenfalls nicht in Friedenszeiten.)
Bei einem übergesetzlichen Notstand fehlt -natürlich- die Rechtsgrundlage (sonst wäre es nicht übergesetzlich).
Das heisst aber nicht, dass derjenige, der in diesem Notstand vor einer Entscheidung steht, keine Verantwortung übernehmen müsste. Denn in einem Notstand tritt entweder das Eine oder das andere Übel ein (sonst wäre es kein Notstand).
Es bleibt nur die Entscheidung zwischen zwei Übeln.
Man kann dabei auch von dem Beispiel mit Minister Jung weggehen. Zum übergesetzlichen Notstand gibt es in der Rechtsphilosophie eine konstruierte Situation, die sich die Eisenbahn-Situation nennt:
Ein Beobachter sieht einen Zug mit Höchstgeschwindigkeit auf einen anderen, stehenden Zug zurasen. In dem stehenden Zug befinden sich 50 Passagiere, die dem Zusammenstoss nicht ausweichen könnten. Es besteht aber für den Beobachter die Möglichkeit, eine Weiche umzulegen und den Zug auf ein anderes Gleis zu lenken. Auf diesem Gleis arbeiten aber 5 Gleisarbeiter, die dem Zusammenstoss auch nicht ausweichen könnten.
Es gibt zwei Handlungsmöglichkeiten:
Legt der Beobachter die Weiche um, trägt er aktiv zum Tod der 5 Gleisarbeiter bei.
Legt er die Weiche nicht um, trägt er passiv zum Tod von 50 Passagieren bei.
Da der Beobachter die Weiche stellen kann, trägt er in jedem Fall Verantwortung. Entweder für den Tod von 5 oder von 50 Menschen.
Die Frage ist: Welche Entscheidung ist die richtige ?
Gibt es überhaupt eine richtige Entscheidung, und wenn ja - aus welchen Gründen ist diese Entscheidung richtig ?
Und wenn es keine richtige Entscheidung gibt - was muss man tun oder nicht tun ?