hi bertl,
ich bin zwar erst 36, kenne das gefühl, das du beschreibst aber relativ gut, auch wenn sich bei mir kein schmerz einstellt, wenn ich meine alte gegend mit dem fahrrad abfahre oder da durch spaziere. ich freue mich oft, bekannte stellen wiederzufinden und wundere mich darüber, das alte geschäfte weg sind und neue gekommen sind. die zeichen der zeit. sie kommen und gehen.
ich erinnere mich an all die tolen sachen die ich an den jeweiligen ecken erlebt habe.. an die grundschulen, die immer noch da sind und die ich damals besucht habe.. all die kinder die ich kennengelernt habe. all die freundschaften. all diese tollen momente meiner kindheit. alle haben dort stattgefunden.
jedes mal, wenn ich daran vorbeifahre, kann ich es kaum fassen: das ist alles passiert! all das, an das ich mich erinnere! als echo vergangener zeiten. vergangener erlebnisse. ein vergangenes leben.
metamorphose. konstante weiterentwicklung. und gleichzeitig: konstanter, zumindest subjektiv empfundener rückschritt. weil sachen auf einmal verschwinden, die einem lieb und teuer waren.. mit denen man gute erinnerungen hatte. sie werden ersetzt.. durch neues.
ich bekomme da immer ein weinendes und ein lachendes auge.
bertl! diese melancholie ist der bweis, dass du gelebt hast! du hast ein leben gelebt, das es wert ist, sich daran zu erinnern! ein gutes leben! ein leben in dem "alles anders war"..
denn, weisst du, was das beste daran ist? an dieser melancholie? an diesem wissen, dass "früher einmal alles besser war"?
das es wieder so sein kann. nicht exakt so, wie damals, als du noch jung und naiv warst, so voller lebenslust. du hast dich halt verändert. wie das leben. so wie die ecken, die du einmal so gut kanntest. ABER! es kann anders werden. anders schön.
du kannst neue erinnerungen schaffen! an neuen orten! und auch an alten! neue erinnerungen an die du in zehn oder zwanzig jahren zurückdenken wirst.. voller melancholie..
war damals nicht alles besser?
...
es ist nicht schlimm melancholie für vergangene zeiten zu empfinden! sei nicht traurig! mach was draus! schreib es auf! oder mal es. werd künstler. erschaffe etwas aus der malancholie, wie tausenda andere kunstschaffende auch. oder versuch kontakt zu jemandem aufzunehmen. wieder über alte zeiten quatschen.
du hast damals einfach gelebt.. und du erinnerst dich "ans leben". an dein leben.
...
"leben".
ist.
"schön".
manchmal bemerken wir das unter all dem stress, all der melancholie und all dem anderen mist gar nicht.
aber eigentlich ist es ganz einfach:
einatmen.
ausatmen.
gefühle fühlen.
was gutes draus machen.
weiteratmen.
leben leben.
...
bertl! ich mag bayern nicht. aber das ist bei dir eventuell das gleiche mit berlin. trotzdem habe ich bei deinem kurzen text große lust bekommen, einmal zu lesen, wie so ein alter münchener seine lebenstage verbracht hat.
dir über die schulter zu schauen, als du in den 80ern durch die häuser gezogen bist. in diesem unglaublich tollen jahrzehnt in dem so unglaublich viel passiert ist.
bertl! du hast gelebt! teile dein leben mit den menschen!
bleib melancholisch.. aber lass dich von der ganzen melancholie nicht vom leben abbringen.