Ich finde die Frage sehr spannend. Und ich finde mich im Posting stellenweise auch wieder.
DIe Sache ist für mich eigentlich einfach.
Wenn man, so wie ich, nicht in einem Ort aufgewachsen, verflochten ist, am besten noch in einem Dorf, ist es etwas schwierig mit Freundschaften, die fest verwurzelt sind. Einige dieser verwurzelten Freunde habe ich noch vom Studium. Und die haben sich inhaltlich fast alle zu 100% auseinander entwickelt. Während vielen Freunden von damals materielle Dinge wichtig sind, teuer essen gehen, konsumorientierte Urlaube (man fliegt wohin, um da halt gewesen zu sein) usw, habe ich mein Leben auf Hobbys ausgerichtet, die meine Freunde von damals alle nicht teilen, sie haben schlichtweg keine Hobbys.
Also könnte ich mir jetzt die Frage stellen, ob es noch Freunde sind, ich zähle sie inzwischen eher zu Bekannten.
Echte Freunde, die du immer anrufen kannst, die für dich da sind, die dir beim Umzug helfen, habe ich nicht. Ich habe eine starke Familie, Geschwister, deren Partner, Eltern. Das hat nicht jeder.
Mir zeigt in meinem Umfeld die Erfahrung, dass Menschen umso wählerischer sein können, die, wie ich, ein festes familiäres Umfeld haben, auf das sie sich wirklich verlassen können, wenn es mal kracht.
Auf meine "Freunde" würde ich mich nicht verlassen, das wechselt durch.
Viele meiner Freunde sind sehr wenig wählerisch, was ihr Umfeld angeht. Ich selbst beobachte das als Außenstehender, wie ich neulich in einem geschlossenen Thread auch mal geschrieben habe, dass diese Freundschaften überhaupt nicht passen. Aber es fügt sich eben wie eine Win-Win Situation. Bevor man an einem Samstag Abend wie diesem allein daheim hockt, hockt man halt zu zweit in einer Bar oder zu mehreren, trifft sich daheim und spielt Gesellschaftsspiele etc. Wirklich "passen" tun die Freunde meiner Freunde nicht zueinander, da sie weder das gleiche Alter, nicht mal gleiche Jobs, oder Hobbys oder Themen, auch keine gemeinsame Lebenssituation haben. Es sind Zweckfreundschaften. Zum Zwecke nicht allein zu sein.
Viele dieser Leute sind allein auf sich gestellt, haben entweder keine Familie vor Ort, weil sie her gezogen sind oder weil sie aus losen familiären Umgebungen kommen.
Ich finde das nicht schlimm, aber für mich selber habe ich fest gestellt, dass es mir lieber ist, allein mit mir zu sein, als mit Leuten zusammen zu sein, mit denen ich keine Wellenlänge verspüre. Aus dem Grunde bin ich würde ich zb sagen, sehr anspruchsvoll.
Wenn man ab 40plus diesen Anspruch behält, lebt man, so wie ich, ggf. mit der Kehrseite, keine Freunde zu haben oder eben nur sehr sehr wenige. Denn es laufen einem einfach nicht mehr so viele neue Menschen über den Weg, jeder hat sein Leben und keine Zeit, viele Singles verkriechen sich daheim und sind nicht mehr aktiv, also wenn man Freunde sucht, muss man die Ansprüche herunterschrauben und "nehmen, was da ist". Das gleiche gilt ab einem gewissen Alter nach Studium und Ausbildung und Co. auch für Partnerschaften.
Viele dieser Partnerschaften, die ich sehe, sind eben Zweck, nicht allein zu sein und jemanden für was auch immer zu haben. Wer das möchte, darf nicht wählerisch sein, wer nicht darauf angewiesen ist, kann wählerisch sein.
Es ist wie mit allem, auch mit Materiellem, wenn ich etwas dringend brauche, muss ich nehmen, was der Markt hat, wenn ich es nicht brauche, kann ich warten, bis es passt oder es passt eben nie und ich verspüre kein Defizit.
Beispielsweise habe ich zuletzt fast jedes Wochenende Anfragen von Freunden/Bekannten erhalten, was zusammen zu machen und ich habe immer abgesagt, weil ich keine Lust hatte, mich Samstag Abend mit Gesprächen zu beschäftigen, die mich einfach langweilen. Lieber schaue ich mir was an, was mir gefällt oder beschäftige mich mit meinem Hobbys oder gehe einfach früh schlafen und starte ausgeruht in die neue Woche, selbst das ist mir inzwischen mehr wert als auf Teufel komm raus Bekannte/Freunde zu pflegen.