Nachtwolf,
am liebsten würde ich Dich gerne mal schütteln jetzt. Aber das könnte ich gar nicht machen, weil ich viel zu viel Bedenken hätte, daß ich Dich hinterher in Teilen wieder zusammen bauen müsste.
Du schreibst von bedingungsloser Liebe. Das ist die Idealvorstellung, die man von Liebe hat. Aber bei Dir hört sich das nach völliger Selbstaufgabe an. Geliebt zu werden - zu einem so hohen Preis, dass man selbst eigentlich gar nicht mehr existiert. Alles dafür zu tun, seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen völlig aufzugeben - nur um geliebt zu werden.
Ja, Du hast recht. Das Schlimme ist, dass ich befürchte, gar nicht geliebt worden zu sein. Aber selbst das ändert ja nicht an meinen Gefühlen. Die kann ich nicht abstellen. Die sind einfach da. Außerdem, ganz so war es ja auch nicht. Aber ich weiß, was Du meinst. Und es ist auch nicht so, dass ich nicht mehr existiert habe. Ich hab' schon ein gesundes Ego und kann das auch durchsetzen. Aber halt nicht auf ihre Kosten.
Bedingungslos würde für mich bedeuten - gleichwertig; so, wie man ist, geliebt zu werden, ohne sich verbiegen bzw. selbst aufgeben zu müssen. Aber dieses Gleichgewicht kann ich hier überhaupt nicht sehen. Ich sehe hier nur jemanden, der alles dafür getan hat, um geliebt zu werden. Der dankbar für jede Art der Zuneigung und Zuwendung ist und dafür alles gibt. Aber das funktioniert doch auf Dauer nicht. Und eigentlich ist es unter diesen Umständen für Dich auch gut so, dass das so nicht mehr weiter geht.
Nein, ganz so krass war es nicht. Am Anfang war die Beziehung noch gleichwertig. Aber Du hast recht, ich habe mcih immer mehr verbogen um ihre gerecht zu werden. Unter anderem hat das auch meinen Ängste wieder ausgelöst. Aber - ganz ehrlich - wer würde mich denn so nehmen wollen wie ich bin? Mit all meinen Ängsten, meinen Phobien, meinen Depressionen. Ich muss über meinen Schatten springen und mich anpassen, sonst bin ich für immer allein.
Warum gibst Du Dir die Schuld an allem? Warum denkst Du, wenn Du dieses oder jenes anders gemacht hättest, dann wärt Ihr heute noch zusammen? Siehst Du nicht, dass es ihr gar nicht mehr darum geht? Aus welchen Gründen auch immer hat sie das "gemachte Nest" satt und sucht etwas anderes. Ich bin mir sicher, Du hättest alles machen können, Du hättest sie nicht halten können, weil es gar nicht darum geht. Es geht nur um sie und Du bist dazu da, damit sie in ihrem Komfortbereich bleiben kann. Mehr nicht. Und das muss furchtbar weh tun - Dir!
Ja, wahrscheinlich hast Du vollkommen recht. Und es tut unglaublich weh.
Egal, was sie früher erlebt hat, was ihr passiert ist und was man ihr angetan hat, das rechtfertigt nicht, wie sie Dich behandelt. Und Du kannst etwas, was ihr passiert ist und was andere ihr angetan haben, nicht wieder gut machen. Das kann letztendlich niemand. Und deshalb kannst Du Dir daran nicht die Schuld geben. Weil Du sie nicht hast.
Aber ich konnte immer versuchen, ihr nicht noch mehr Schmerzen zu geben, als sie sowieso schon hatte. Ich konnte nicht ändern, was passiert ist, ich konnte ihr nur beistehen und ihr durch all die Albträume, all die Erinnerungen, all sie Qualen, die sie immer wieder durchlebte, hindurchhelfen.
Und ich konnte versuchen, ihr nicht noch mehr schmerzen zu bereiten, ihr ein Leben zu bieten, dass sie leben kann, etwas, dass das Wort verdient. Aber alles konnte ich ihr nicht bieten. Und das ist das, was meine Ängste MIR strikt verbieten zu tun. Und das war einer der Hauptgründe für die Trennung.
Du hast Deine eigene Geschichte. Dir wurde auch viel angetan. Aber Du handelst anders. Vor allem lebst Du - bewußt oder unbewußt - das weiter, was Dir andere angetan haben. Du solltest geliebt werden um Deiner Selbst willen und so, wie Du bist. Nicht anders. Nicht erst dann, wenn Du Forderungen und Bedingungen gestellt bekommst und erfüllst. Nein! Du bist es wert, so wie Du bist, geliebt zu werden.
Ein schöner Traum, ich hatte ihn auch mal.... Aber das wird wohl so nicht passieren. Ich kann es auf jeden Fall nicht mehr glauben, dass mich irgendjemand mit all meinen Ängsten einfach so lieben kann. Warum sollte das jemand können? Es gibt so viele gesunde Menschen auf dieser Welt, so viele, die einfach liebenswerter sind....
Du nimmst das völlig aus all dem heraus, womit Du Dich jetzt beschäftigst. Du blendest es aus und konzentrierst Dich immer noch darauf, was Du tun könntest, damit sie bleibt. Aber ich bin mir sicher, daß Du jetzt und auch schon lange davor viel einsamer warst, als Du fürchtest, es zu sein, wenn sie weg ist. Und es schmerzt mich, wenn ich sehe, dass Du da nicht hinsehen willst.
Ja, Du hast recht. Ich war schon seit langer Zeit sehr einsam. Aber die Liebe in mir hat die Hoffnung immer wieder aufrecht gehalten, dass sich das wieder ändert, wenn sie aus der Krise kommt, wenn sie wieder klar denken kann. Tja. Als sie die Krise überwunden hatte, ist das passiert, was ich jetzt vor mir sehe. Ich weiß nicht, was ein wird, wenn sie nicht mehr da ist. Ich kann es mir irgendwie immer noch nicht vorstellen.
Du nimmst alles in Kauf. Aus einem falschen Schuldgefühl heraus. Und Du verletzt Dich selbst damit. Eigentlich nur Dich selbst. Und das bräuchtest Du nicht. Das wäre nicht notwendig. Wichtig wäre es, Dich um Dich selbst zu kümmern. Das wäre fair, Dir selbst gegenüber. Du bist es wert! Und Du solltest es Dir selbst auch wert sein.
Ich finde es schlimm, dass Du das nicht sehen kannst, obwohl es Dir hier so viele versuchen, aufzuzeigen.
Das ist eines meiner Probleme. Ja, ich nehme alles in Kauf, nur, damit niemand, den ich so sehr liebe unter mir leiden muss. Ich weiß nicht, warum das so ist. Ich kann sie nicht einfach verjagen. Ich kann sie nicht einfach vergessen. Ich kann ihr nicht einfach weh tun. Auch wenn ich weiß, dass sie Spaß daran hat, das mit mir zu tun. Aber ich kann es einfach nicht. Lieber ertrage ich selbst Schmerzen, als zu sehen, das jemand wie sie unter mir leiden muss. Ich kann das nicht ändern. Den Schmerz, den ich selbst spüre, den kann ich ertragen oder auch nicht. Aber den Schmerz, den ich jemand anderem zufüge, den kann ich nur beobachten. sehen, wie er wirkt. Und wissen, dass es meine Schuld ist.
lostsouls