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Hollywoodblockbuster und geistige Viren! Wie kann man sich schützen?

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ABVJoGo

Aktives Mitglied
Die Frage, welche sich mir hier stellt lautet, ob es denn einen grundlegenden Unterschied zwischen Realität und Fiktion gibt? Bei der physikalischen und von uns Menschen unabhängigen Realität ist die Frage sicher leicht zu klären. Im Falle der sozialen Realität sieht das für mich jedoch anders aus. Basiert nicht unsere ganze Gesellschaft zu einem großen Teil auf solchen Ideen, welche von Philosophen, Wissenschaftlern und Theologen über die Jahrtausende erdacht haben und die sich nach den von mir skizzierten Prinzipien verbreiten?
Ich weiß was Du meinst, dennoch bestimmt doch das Medium die Art der Unterscheidung. Ist es z.B. ein Dokumentarfilm, dokumentiert er Dinge aus der Realität und setzt somit den Kontext zur Realität. Gleiches gilt für Werbung oder Sendungen wie "Talks".

Bei Spielfilmen oder Filmen generell (sowie Bücher, die keine Studien/ Autobiographien usw sind) sind der Handlungsrahmen und die Story Fiktion. Selbst wenn der Film ein Thema behandelt, das in der Realität so oder so ähnlich zu finden ist. Hier eine Parallele zu ziehen oder irgendeine Interpretation basierend auf der Realität durchzuführen, verfehlt den Zweck des Mediums "Spielfilm". So sehe ich das jedenfalls. Das dient der Unterhaltung. Wenn jemand einen Film mit Botschaften bzgl Realität machen will, nennt man das "Dokumentation" oder "Dokumentarfilm" - "American Sniper" ist wohl keine Dokumentation, nehme ich mal an. Hab den noch nicht gesehen, hole ich aber nach ;)

Ich würde jedem vorschlagen, sich keine Kriegsfilme anzuschauen, wenn man was über die realen Kriege erfahren möchte. Analog gilt das für sämtliche anderen Themen auch. Wenn man z.B. wissen will, wie die Einstellung der Amerikaner zu diversen Dingen ist, sollte man nicht das Medium "Spielfilm" wählen ... eigentlich logisch :)
 
Zuletzt bearbeitet:
K

Kauz

Gast
Ich stelle diese Gedanken mal in die Runde und freue mich über alle Arten von Feedback und interessante Ideen.
Hallo,
wie man herauslesen kann bist Du bereits an einem Punkt, an dem Du grundsätzlich Informationen und Mechanismen hinterfragst, mit denen Du konfrontiert wirst. Das denke ich ist letztendlich die beste Methode um sich gegen Manipulationen zu immunisieren.
Die Problematik besteht ja nicht darin die Manipulationen in einem bereits gut bekannten Themengebiet zu identifizieren, sondern in einem unbekannten. Es gibt also keinen Weg drumherum, als grundsätzlich jede Aussage, oder jede Darstellung in Frage zu stellen, selbst wenn sie sich erst einmal Vernünftig anhört.
Nur durch hinterfragen und recherchieren, also der Suche nach größtmöglicher Wahrheit (weil "die Wahrheit" gibt es meiner Meinung nach nicht und es ist gefährlich wenn man meint bezüglich kritischen Themen bereits "die Wahrheit" zu kennen) bleibt man weitestgehend geschützt.

Ein Instrument dazu wäre sich bei jeder Information zu fragen, wem nützt sie, oder was möchte diese bezwecken, bzw. in mir auslösen?
Ich selbst halte mich grundsätzlich z.B. von Werbung fern. Ich habe deswegen vor langer Zeit meinen Fernseher abgeschafft, lese auch seltenst Werbematerialien aus der Post oder Anzeigen in Zeitschriften.
Filme schaue ich trotzdem immer wieder, aber auch mir ist in den letzten Jahren immer stärker aufgefallen, dass es meistens um eine vereinfachte Darstellung des Kampfes von Gut gegen Böse geht, bei der nie die Frage nach der Ursache des Bösen gestellt wird. Wie Du sagtest, also die klassische schwarz-weiß Sicht.
Die Bösen (oder "das Böse" an sich) sind eben einfach da, sie sind scheinbar so geboren. Was es natürlich einfach macht, diese mit allen erdenklichen Mitteln zu bekämpfen. Die Frage welche gesellschaftlichen Bedingungen Menschen zum Bösen verführen wird gar nicht gestellt.

Was mir selbst auch immer wieder auffällt ist, das man dennoch vor Fehlschlüssen nicht gefeit ist, wenn man sich mit Themen nicht genau auskennt. Es gibt tagtäglich z.B. in den Nachrichten sehr viele Themen, die sofort eine emotionale Reaktion auslösen. Man liest einige Informationen hier oder dort und glaubt plötzlich ein umfangreiches Bild von dem Thema zu haben, da alles plausibel klingt. Wochen oder gar Monate später hört oder liest man aber plötzlich eine kritische Gegenstimme, die neue Fakten einbringt, andere ergänzt oder eine andere Interpretation aufzeigt.
Auf einmal kann die eigene Meinung sich genau in das Gegenteil verkehren und das was man lange als richtig erachtet und womöglich sogar genau so weiterverbreitet hat, ist plötzlich offensichtlich falsch.

Da die Wissensgebiete sich immer weiter verzweigen und es also immer spezielleren Kenntnissen oder Expertenwissens bedarf, ist es unmöglich für den Einzelnen geworden, sich wirklich eine fundierte Meinung aufgrund von Wissen anzueignen. Die meisten Meinungen die wir vertreten basieren daher auf Überzeugungen, nicht auf Fakten.
Ich habe mir deswegen angewöhnt, mich mit meiner Meinung bei vielen Themen zu enthalten, von denen ich weiß, dass ich dort nicht so viel verstehe. In anderen Themengebieten die mir wichtig erscheinen versuche ich mich weiterzubilden um Fehlschlüssen vorzubeugen. Sicher ist man davor aber nie, weil man immer irgendeine wichtige Information noch nicht gekannt hat oder irgendein Detail übersehen. Wissen ändert sich in vielen Bereichen zudem ständig, was gestern richtig war kann heute falsch sein - oder umgekehrt.

Grundsätzlich aber habe ich mir schon vor über einem Jahrzehnt die Frage gestellt, warum viele Menschen sofort eine Meinung abgeben, wenn sie mit einer Kamera z.B. für die Nachrichten interviewt werden. Bei vielen Fragen würde ich antworten, dass ich darüber erst einmal genau nachdenken müsste und jetzt keine Meinung abgeben möchte.
Natürlich hat man zu fast jedem Thema schnell eine eigene Meinung auch wenn man nicht so viele Fakten dazu kennt, die so meine ich durch einen inneren Kompass erzeugt wird - also grundsätzlichen Wertvorstellungen.
Dennoch kann sich diese immer wieder sehr schnell ändern sobald man intensiver nachdenkt oder sich austauscht.

Man sollte sich also grundsätzlich bei jeder seiner Meinungen die Option offen halten, dass diese sich auch ändern kann. In dem Moment nämlich, wo man die eigene Meinung als absolute Wahrheit ansieht wird es gefährlich, denn dann wird man auch schneller Opfer von Manipulationen.

Kurz zusammengefasst also würde ich ein kritisches Hinterfragen (was löst eine Information in mir aus, auch auf der Gefühlsebene, und wem nützt es womöglich wenn ich die Information einfach glaube) als Schutz empfehlen.
Damit meine ich sowohl das Hinterfragen der Informationen die man aufnimmt, als auch der Überzeugungen die man bereits hat.

Lösen bestimmte Szenen oder Ideen in z.B. Filmen oder anderen Informationen keine starken spontanen emotionalen Reaktion aus (Wut auf das Böse, große Angst vor etwas Schlechtem, Verherrlichung von Macht, Stärke oder Gewalt), dann denke ich ist man auf dem besten Wege.
Denn letztendlich geht es bei Manipulationen darum, emotionale Reaktionsmuster zu aktivieren, denn diese blenden kurz- oder langfristig objektivere Analysemöglichkeiten aus.

Ein weiteres Instrument dass ich deswegen vorschlagen würde, wäre daher immer darauf zu achten, was eine Information oder ein Film auf der Gefühlsebene auslöst. Je heftiger die Reaktion ist, desto vorsichtiger sollte man sein.
Nicht unbedingt betr. der Information selbst die man konsumiert, sondern besonders wegen der Einstelllungen (dem inneren Kompass) der bereits stark auf bestimmte Dinge reagiert.
Wahrscheinlich ist das sogar der wichtigste Punkt um zu erkennen wo man beeinflusst wird, oder bzw. es dann ja schon ist. Denn durch eine emotional starke Reaktion ist man bereits mitten in einer Situation drin und nicht mehr nur Beobachter. Man kann also nicht mehr weitestgehend objektiv sein, da, je stärker Emotionen sind, der Verstand sich herausnimmt.

Wenn Du möchtest kannst Du meinen Begriff Information an einigen Stellen auch mit Deinem Begriff Mem ersetzen.
Ich habe mich sicherlich nicht ganz präzise ausgedrückt, aber hoffe das Prinzip ist dennoch zu verstehen.

Interessantes Thema übrigens und toller Beitrag von Dir.
lg
 
Zuletzt bearbeitet:
T

tuny

Gast
Hallo Leute,
danke für die zahlreichen neuen Beiträge und Ideen. Wie gewohnt gebe ich die aus meiner Sicht zentralen Punkte und Erkenntnisse kurz wieder, bemühe mich dabei um eine Synthese der einzelnen Positionen und suche so nach neuen Fragestellungen, die sich aus dem Gesagten ergeben.

Wie wir durch Ostergesetz lernten, ist Beeinflussung ein zentraler Bestandteil der Kultur. Alles, was wir zu wissen glauben, ist bereits das Ergebnis früherer Beeinflussungen und wir werden uns dieser Mechanik durch nichts prinzipiell wiedersetzen können. Somit können wir Manipulation nicht generell ausschließen, da alle Werkzeuge hierzu wiederum die Ergebnisse von Manipulationen sein müssen. Daraus lässt sich die Gegenidee zu meiner Eingangsfrage entwerfen: Wer alle Manipulation durchschauen will, der muss alles hinterfragen und ist kaum mehr überlebensfähig. Soweit, so richtig.

Dies führte aber sofort zu der Frage, in wie weit es denn konkret möglich ist, sich gegen Manipulation zu wehren. Behält man dabei im Hinterkopf, dass sowohl die aktuellen Manipulationen sowie auch die Waffen dagegen durch den prinzipiell gleichen Mechanismus entstehen, lässt sich die Frage weiter konkretisieren. Sie lautet nun: Welche Konzepte und Ideen sollte man benutzen, um welche Konzepte und Ideen zu filtern? Was wäre das Merkmal der Unterscheidung?

Das Problem schein aber wirklich die Verteilung der Prioritäten zwischen gerichteter und ungerichteter Botschaft. Erstere soll mich bewusst ansprechen und zum Nachdenken/Überdenken bewegen, Zweitere - in American Sniper vll. extremer Patriotismus/nur ein einziger Weg zum "Frieden"/Ziele nur mit Gewalt erreichbar - schwingt unterbewusst mit - wie diese Anteile bewertet werden, ist vielleicht eine Frage des Charakters.
Dredd spricht hier den Unterschied zwischen gerichteter und ungerichteter Botschaft an. Dieser Unterschied kann die Beantwortung der Frage ein gutes Stück weiterbringen. Es lässt sich nämlich fragen, welche der beiden Botschaften die größeren Auswirkungen hat. An dieser Stelle können wir die Wirkung von Werbung (gerichtete Botschaft) mit der Wirkung von unbewusst kommunizierten Glaubenssätzen und Wirklichkeitsvorstellungen in Familien oder der Gesellschaft (ungerichtete Botschaft) zu vergleichen. Im Gegensatz zur Werbung, deren Wirkung genau kalkuliert ist, haben Eltern in der Regel nicht die bewusste Absicht, ihren Kindern ein beängstigendes oder einschränkendes Bild von der Welt zu vermitteln.

Nach einigem Nachdenken kam mir hier der Gedanke, dass beide Manipulationsformen unterschiedliche Abwehrstrategien erfordern:
Wenn ich als potentiell "Manipulierter" verstehe, dass ein Kalkül hinter der Manipulation steckt, regt sich in mir eher Wut über die "feindselige" Absicht des Manipulierers (auch wenn ich die Beweggründe intelektuell verstehen kann).
Wenn ich hingegen eine Manipulation bemerke, hinter der kein Kalkül steckte, kann ich höchstens wütend auf die "Dummheit" desjenigen werden, der meine Gedankenwelt unachtsam durch "unwahre" Gedanken zumüllt. Gleichzeitig werde ich eher versuchen, den anderen logisch von meiner Sicht der Dinge zu überzeugen (was oft frustrierend sein kann). Dies würde ich vor einem Werbeplakat oder einem Verkäufer bestimmt nicht versuchen!

Dennoch hat die unbewusste Manipulation für mich einen fast gefährlicheren Beigeschmack, da die betreffende Person an die Wahrheit ihrer Aussagen existenziell glaubt. Da man keine böse Absicht feststellen kann und die andere Person es glaubhaft "gut meint", wird man hier nicht so schnell verdacht schöpfen. Auf der anderen Seite fehlt hier natürlich die kühl kalkulierte psychologische Geschicktheit, die der bewussten Manipulation zugrunde liegt.

Bis hierher kann man schon einige sehr wichtige Aussagen festhalten: Offenbar können nur solche Meme abgewehrt werden, die auch auf einer sprachlichen oder emotionalen Basis konkret erfasst werden. Zweitens lassen sich die "Fragestellungen", mit denen das geistige Immunsystem die Welt abscannt, als "böse Absicht" (gegen bewusste Manipulation) und "Dummheit" (gegen unbewusste Manipulation) beschreiben.

Doch sehen wir weiter:

Die beste Grundlage für Gesundheit ist ein gutes Immunsystem.

Die Qualität des menschlichen Immunsystems wird bestimmt von einer Mischung aus drei Hauptzutaten:

1. Den Gaben unserer Ahnenreihe an deren vorläufigem Endpunkt wir zum Zeitpunkt unserer Geburt stehen.
2. Den Einflüssen des Milieus in dem wir aufwachsen, insbesondere in den frühen Entwicklungsstadien.
3. Des Lebenswandels, insbesondere in der Jugend.
Der_unter_dem_Baum_tanzt bringt den evolutiven Aspekt ins Spiel, der bisher tatsächlich kaum beachtet wurde. Denn so wie die biologische Evolution das körperliche Immunsystem geschaffen hat, so ist das Geistige vor allem ein Ergebnis der eigenen Biographie und den kollektiven Erfahrungen der Gesellschaft.

Denn der evolutive Aspekt beantwortet in der Tat die Frage, wie denn die konkreten Muster, welche zur Abwehr als "böse" oder "dumm" klassifiziert werden können, entstehen. Hier lässt sich wohl sagen, dass wir vor allem aus Erfahrungen lernen, das heißt bestimmte Auslöser mit bestimmten Resultaten verknüpfen. So bestimmt die Biographie ganz besonders, auf welche Bilder, Ideen und Manipulationen wir besonders empfindlich reagieren und welche ungehindert an unserer Firewall vorbeikommen. Hier sollte allerdings angemerkt werden, dass zu die so konstruierten Kausalketten oft zu vereinfachend sind oder nur unter bestimmten Bedingungen gültig sind. Viele schlechte Erfahrungen können zu einem mentalen Gefängnis werden, da irgendwann ein großer Teil der Welt vermeintlich sicher als potentiell gefährlich klassifiziert wird. Fehlurteile passieren hier fast automatisch, da die Welt viel zu komplex ist, als dass man sie tatsächlich verstehen oder vorhersagen könnte. Kauz, auf dessen Beitrag ich später noch ausführlicher eingehe, beschreibt genau diesen Aspekt ebenfalls.

Dies führt direkt zu der Erkenntnis, dass es nicht nur darum gehen darf, seine Abwehrmechanismen auszubauen, sondern auch unnötige bzw. einschränkende Aspekte (auch wenn sie mal nützlich waren) wieder abbauen zu können.

Und in dieser Frage bringt Werner schon die nächste Fragestellung ins Spiel:

Wenn ich dir z.B. "07051969" schreibe, könnte das
für dich so lange keine Bedeutung haben, bis ich dir
sage, dass das der Geburtstag meines Bruders ist
und nicht meine Telefonnummer. Ebenso ist es auch
mit Texten und Wörtern - wie etwas ankommt und
dann interpretiert wird (und ob es zu Handlungen und
Verhalten anregt), ist völlig offen.

Das heißt auch: es liegt an dir selbst, wie du mit einem
Gedanken umgehst, ob du ihn pflegst, abweist, mit
einem "schlecht" kennzeichnest usw. - wir sind ja den
Gedanken nicht passiv ausgeliefert. Ein gutes Buch
dazu ist "Veränderung des subjektiven Erlebens" von
Richard Bandler. Daraus habe ich viel gelernt, etwa,
wie man frühere Erlebnisse aktiv in ihrer Bedeutung
verändern kann.
Offenbar gibt es bei der Gestaltung dieser Bewertungsfaktoren doch einen gewissen Möglichkeitsraum. Alleine die Bewusstheit darüber, dass Bedeutungen nicht objektiv festgeschrieben, sondern stets subjektive Konstrukte oder aber kollektive Vereinbarungen sind, macht schon den Weg zu ihrer Veränderung frei. Hier haben wir einen ganz wichtigen Gedanken erkannt, der "Lebenswichtig" zu sein scheint. Wenn ich glaube, dass Bedeutungen objektiv sind, dann wird mein Denken erstarren und ich kann mich nicht anpassen. Meine Abwehr kann sich nicht lockern, sier kann höchstens noch rigider werden oder aber sich garnicht verändern. Sobald ich hingegen von der Subjektivität weiß, steht mir ein völlig neues Feld an Möglichkeiten zur Verfügung.

Daoga, du machst nun deutlich, dass ein aktiv gesuchter und aufmerksamer Lernprozess, das ständige Sammeln und prüfen neuer Informationen sowie die Bereitschaft, sich mit Themen wirklich auseinanderzusetzen, einem ein brauchbares Instrumentarium zur Reflektion an die Hand gibt. Dies kann natürlich nur auf der Grundlage des Wissens um die eigene Subjektivität geschehen. Oft hilft auch ein Vergleich der in Filmen dargestellten Muster mit dem realen Leben, um hier urteilsfähig zu sein. Hier muss allerdings eingewendet werden, dass erstens diese Muster in fremden Kulturen leichter zu erkennen sind als in der eigenen, und dass sich zweitens zwar nicht unbeding das Bild der Welt ändert, sondern das Bild davon, wie die Welt sein sollte!

Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass es offenbar zwei Ebenen gibt, auf der Manipulation wirken kann. Erstens kann unser Bild davon beeinflusst werden, wie die Welt ist. Und zweitens kann unsere Vorstellung verändert werden, wie sie sein sollte, das heißt welche Wertvorstellungen und Visionen gut und erstrebenswert, oder auch schlecht und gefährlich sind. Das empfinde ich als einen sehr wichtigen Punkt!

Genau auf diese Unterscheidung zwischen der offensichtlichen Fiktion und der Wirklichkeit zielt auch der Post von ABVJoGo ab. Dennoch verschmelzen Fiktion und Wirklichkeit ja in genau dem Punkt miteinander, wo es um die Deutung der weltlichen Zahlen und Fakten geht. Denn um ein bestimmtes Deutungsmuster zu präsentieren, eignen sich fiktive Geschichten oft sehr viel besser. Der bedenkenswerten Impuls seines Gedankengangs sehe ich hingegen darin, dass die bewusste Unterscheidung beider Ebenen, so denke ich, den Unterschied macht. Wem voll bewusst ist, dass eine fiktiv vermittelte Botschaft nicht unbedingt auf die Deutung der Realität übertragen werden kann, der hat viel gewonnen. Ob man diese Fähigkeit aber als selbstverständlich voraussetzen kann, ist eine andere Frage. Ich denke viele Menschen, vor allem Kinder, können das nicht. Auf diesen Punkt komme ich gleich nochmal zurück.

Zuerst gehe ich aber noch auf die ausführliche Antwort von Kauz ein: Ein wichtiger Punkt aus diesem Beitrag, der zwar angedeutet aber so noch nicht direkt erwähnt wurde, betrifft die grundsätzliche Haltung. Generell empfiehlst du eine Haltung die sehr an Sokrates "ich weiß, dass ich nichts weiß" erinnert. Man sollte all sein Wissen immer als vorübergehende Hypothese und jederzeit darauf gefasst sein, dass ein kleines Detail alles ändern könnte. Grundsätzlich sollte man seinen Fokus immer auf die Beziehung zwischen Außenwelt und innerer Reakton legen. Beide Ebenen gilt es im Blick zu haben, sowie ihre Abhängigkeit zueinander kennenzulernen. So wird es, denke ich, auch leichter, gezielte Manipulation zu erkennen. Denn man versteht, welche Strategien und welche Reize im Inneren was auslösen können.

Ich denke, dass eine sinnvolle Haltung wäre: "Ich weiß, dass all mein Denken nur eine Hypothese ist. Aber es ist die beste, die ich zur Zeit habe. Ich handle so, als ob sie wahr wäre, bin aber aufmerksam in Bezug auf die Ergebnisse und jederzeit bereit, sie zu korrigieren."

Ich finde, wir konnten zusammenfassend einen riesigen Berg an Fragen abarbeiten. Dafür danke ich, ich habe viel gelernt in diesem Thread :) Zwei Fragen bleiben allerdings noch:

1. Wie kann man dieser Vermischung des Kontextes zwischen Realität und Fiktion bei Kindern entgegenwirken? Kinder sind ja aufgrund ihrer Unerfahrenheit die idealen Opfer geistiger Manipulation.

2. Wie kann man im Nachhinein tief verankerte Glaubenssätze wieder los werden? Sicher, ein Punkt ist, sich erstmal über die Wirkung von Glaubenssätzen allgemein bewusst zu sein. Aber anhand welcher Indizien kann man aufspüren, dass man mit einem "falschen" Gedanken durch die Welt läuft und andere vielleicht unbewusst damit infiziert. Woran machen sich falsche Gedanken für sich selbst und andere bemerkbar?

Gruß
tuny
 

King_Fabi_94

Mitglied
Man muss, aber schon zugeben, dass hier im Westen mit zweierlei Maß gemessen wird.

Würden die Russen einen extrem patriotischen Film über die Sowjetzeit drehen in denen ihr Afghanistan-Krieg als etwas Gutes dargestellt werden würde, dann wage ich mich zu wetten, dass die USA und einige westliche Anhänger sofort gegen diesen Film aufschreien würden. Das war schon bei dem türkischen Film “Das Tal der Wölfe“ so in dem der Irakkrieg aus einer USA-kritischen bzw. feindseligen Sichtweise dargestellt wurde. Warum dürfen die USA in ihren Filmen so ziemlich alles was sie tun als Gut und Richtig darstellen und andere Länder dürfen das nicht?
 

ABVJoGo

Aktives Mitglied
Man muss, aber schon zugeben, dass hier im Westen mit zweierlei Maß gemessen wird.

Würden die Russen einen extrem patriotischen Film über die Sowjetzeit drehen in denen ihr Afghanistan-Krieg als etwas Gutes dargestellt werden würde, dann wage ich mich zu wetten, dass die USA und einige westliche Anhänger sofort gegen diesen Film aufschreien würden. Das war schon bei dem türkischen Film “Das Tal der Wölfe“ so in dem der Irakkrieg aus einer USA-kritischen bzw. feindseligen Sichtweise dargestellt wurde. Warum dürfen die USA in ihren Filmen so ziemlich alles was sie tun als Gut und Richtig darstellen und andere Länder dürfen das nicht?
Naja - der Film lief ja trotzdem, obwohl es zahlreiche Kritik, aber auch Kritik der Kritik gab. Mancherorts gab's auch gar keine Kritik, der wurde einfach gezeigt.
Im Übrigen gab's auch harsche Kritik am "American Sniper" - soviel habe ich im Vorfeld zumindest aufgenommen.

Es ist also nicht so, dass nur einseitig kritisiert wird. Es wird immer kritisiert - das ist der Job der Kritiker :)

Auch Russland oder Polen drehen Kriegsfilme und auch dort werden die russischen/ polnischen Soldaten als "die" Helden dargestellt, Märtyrer die ihr Leben auf dem "Altar der Freiheit" opferten. Ist doch okay in einem Film - das ist ein wichtiges Element, irgendwer ist immer der Held oder Antiheld - so funktionieren Stories. Hatte vor einer ganzen Weile mal einen Polnischen gesehen, da gings um irgendeinen Hafen in Polen, der gegen die Deutschen bis zur letzten Patrone verteidigt werden sollte (Namen vergessen) - der war ganz gut.

Auch dabei kam ich irgendwie nicht auf die Idee, die Realität einzubeziehen - hätte ich das gemacht, hätte der "geistige Virus" mir ins Ohr geflüstert, dass es doch die Polen waren, die einen "fairen" Krieg wollten und die eigentlichen vergessenen Helden sind. Vielleicht stimmt das sogar - wer weiß, aber um das zu prüfen bedarf es mehr als einen Spielfilm, dessen ganz grober Rahmen nur von sporadischen Fakten umsäumt ist, der Rest entstammt den Federn der Autoren.

Warum also nicht einfach die Filme schauen und Spass bei haben oder mal bedrückt sein (Drama) oder schockiert (Horror) oder hirnlos verwirrt (Sharknado 1 und 2 ^^).
 
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Daoga

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Ich weiß was Du meinst, dennoch bestimmt doch das Medium die Art der Unterscheidung. Ist es z.B. ein Dokumentarfilm, dokumentiert er Dinge aus der Realität und setzt somit den Kontext zur Realität. Gleiches gilt für Werbung oder Sendungen wie "Talks".

Bei Spielfilmen oder Filmen generell (sowie Bücher, die keine Studien/ Autobiographien usw sind) sind der Handlungsrahmen und die Story Fiktion. Selbst wenn der Film ein Thema behandelt, das in der Realität so oder so ähnlich zu finden ist. Hier eine Parallele zu ziehen oder irgendeine Interpretation basierend auf der Realität durchzuführen, verfehlt den Zweck des Mediums "Spielfilm". So sehe ich das jedenfalls. Das dient der Unterhaltung. Wenn jemand einen Film mit Botschaften bzgl Realität machen will, nennt man das "Dokumentation" oder "Dokumentarfilm" - "American Sniper" ist wohl keine Dokumentation, nehme ich mal an. Hab den noch nicht gesehen, hole ich aber nach ;)
Stimmt imho so nicht. Jeder einigermaßen taugliche Film hat eine "Botschaft", wenn er nicht gerade komplett aus hirnlosem, sinnfreiem Gemetzel, Horror, Action, Herzschmerz oder sonstwas besteht. Real gemeinte Botschaften oder Lehren in fiktiven Geschichten zu verstecken ist nicht neu, schon in der Antike gab es jede Menge Gleichnisse, Fabeln und Märchen, lediglich das Medium hat modernerdings gewechselt von mündlicher Erzählung oder Schriftform zum (intensiver erlebbaren) beweglichen Bild samt Ton. Ein gut gemachter Kriegsfilm kann erheblich intensiver sein als leblose, potentiell genauso gestellte oder geschönte Bilder von Schlachtfeldern oder Erzählungen von Überlebenden. Kommt halt immer auf die Intentionen des Machers an. Im übrigen wird hier zu viel Gewicht auf "Viren", "Manipulation", "Gehirnwäsche" und ähnlich negative Begriffe gelegt, es gibt auch die umgekehrte, positive Variante, die Information, Belehrung, Aufklärung bietet und das Vergackeiern jener, die ein Vergackeiern verdienen - siehe z. B. "Wag The Dog", ein Präsident zettelt einen Krieg an, um von seinem innenpolitischen Versagen abzulenken - alles andere als ein Dokumentarfilm und trotzdem ganz nah am Puls der Zeit, der Irakkrieg läßt grüßen... und die Serie "Southpark" besteht praktisch nur aus Vergackeierung, die angestrebte Zielgruppe dieser Serie, und das waren nicht etwa kleine Kinder wegen der simplen Animation, sondern liberale, politisch aktive amerikanische Studenten, verstanden sehr wohl die unzähligen Anspielungen auf Politik, Prominente und alles andere, was einer Anspielung wert war. Ein aktuelles Beispiel für positive "Beeinflussung", wenn man das so nennen möchte, ist der absolut sehenswerte Film "A World Beyond". Der Film erzählt von einer Vergangenheit, in der die Zukunft viel besser war als heute (der Junge mit seinem selbsterfundenen Raketenpack), von einer Gegenwart, die alle Träume und Hoffnungen heimlich, still und leise und ohne nennenswerten Widerstand zu Grabe trägt (der Abbruch des Raketenstartgeländes, der arbeitslose Raketenbauer), und einer fantastischen Zukunft, die aus Mangel an Glauben nicht mehr zustande kommen kann - in kurz, der Film erzählt von der Macht der Phantasie und der Hoffnung. Nostalgiefaktor des Films: gigantisch. Eine Fiktion, aber von der Sorte, in der man sich (ich mich jedenfalls) wiedererkennen kann. Und man fragt sich unwillkürlich, wo und wann einem denn die ganzen Träume der Jugend abhanden kamen... und was sich davon vielleicht wieder aktivieren ließe... (Wer den Film noch nicht kennt: ab ins Kino! Die Story ist so gut, da nimmt man sogar hin, daß George Clooney eine Hauptrolle hat...)
 

ABVJoGo

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Stimmt imho so nicht. Jeder einigermaßen taugliche Film hat eine "Botschaft", wenn er nicht gerade komplett aus hirnlosem, sinnfreiem Gemetzel, Horror, Action, Herzschmerz oder sonstwas besteht. Real gemeinte Botschaften oder Lehren in fiktiven Geschichten zu verstecken ist nicht neu, schon in der Antike gab es jede Menge Gleichnisse, Fabeln und Märchen, lediglich das Medium hat modernerdings gewechselt von mündlicher Erzählung oder Schriftform zum (intensiver erlebbaren) beweglichen Bild samt Ton.
Da gibt's aber schon einen Unterschied. Wenn ein Film die Botschaft "Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" hat, sagt das was über die Realität um mich herum aus? Die Gleichnisse, die Du ansprichst haben sehr viel mit Moral und Philosophie zu tun - wieder eine weitere Ebene, als die der reinen Realität, die im Moment des Lesens der Geschichte viel näher an der Fiktion ist, als an der Realität - aber ja, es gibt eine Menge Botschaften in der Kunst!

Es ist immer eine Frage, wie man selbst das Ganze betrachtet und auf welcher Ebene man seine Schlüsse zieht UND - da hast Du vollkommen recht - es kommt auf die Qualität des Mediums an. Hier geht's um Filme aus Hollywood - können wir uns einig werden, dass der künstlerische Anspruch der Mehrzahl der Filme nicht sonderlich hoch ist? ;)
 
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Daoga

Urgestein
Da gibt's aber schon einen Unterschied. Wenn ein Film die Botschaft "Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" hat, sagt das was über die Realität um mich herum aus? Die Gleichnisse, die Du ansprichst haben sehr viel mit Moral und Philosophie zu tun - wieder eine weitere Ebene, als die der reinen Realität, die im Moment des Lesens der Geschichte viel näher an der Fiktion ist, als an der Realität - ;)
Jeder Mensch kommt mal in Situationen, in der die Weisheit "Wer andern eine Grube gräbt..." ganz konkret und real zum Wirken kommt und kein abstrakter Fiktions-Fall bleibt. Wenn er dann das Sprichwort kennt und/oder einen Vergleichsfall, egal ob real oder fiktiv aus einem Film, tut er sich leichter mit der Entscheidung, ob die Sache das Risiko wert wäre. Die strenge Unterteilung in Fiktion und Realität, die Du annimmst, existiert nicht, weil jede Fiktion zur Realität werden kann und umgekehrt, nur manchmal mit ein wenig Verkleidung (wenn z. B. nicht fiese Aliens das Land überfallen, sondern ein kriegslüsterner Nachbarstaat.)
 

Daoga

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Hier geht's um Filme aus Hollywood - können wir uns einig werden, dass der künstlerische Anspruch der Mehrzahl der Filme nicht sonderlich hoch ist? ;)
Filme mit "künstlerischem Anspruch" erkennt man daran, daß die Kinosäle leer bleiben. :D Prestige- und Abschreibungsprojekte (da meistens Draufzahlgeschäfte) der Produzenten, die internationale Preise absahnen, aber an der Kinokasse regelmäßig floppen. Das Volk will Brot und Spiele, Drama, Baby! "Anspruch!? Wenn dieses Wort fällt, drehen doch viele gleich am Kinoeingang wieder um... :D
 

ABVJoGo

Aktives Mitglied
Filme mit "künstlerischem Anspruch" erkennt man daran, daß die Kinosäle leer bleiben. :D Prestige- und Abschreibungsprojekte (da meistens Draufzahlgeschäfte) der Produzenten, die internationale Preise absahnen, aber an der Kinokasse regelmäßig floppen. Das Volk will Brot und Spiele, Drama, Baby! "Anspruch!? Wenn dieses Wort fällt, drehen doch viele gleich am Kinoeingang wieder um... :D
Ganz so ist es zum Glück nicht - in jeder Stadt mit Hochschule gibt's mindestens ein "Alternativ-Kino", das hauptsächlich Filme mit einem gewissen Anspruch zeigt. Diese Kinos sind eigentlich ganz gut besucht, so weit ich das beurteilen kann.

Jeder Mensch kommt mal in Situationen, in der die Weisheit "Wer andern eine Grube gräbt..." ganz konkret und real zum Wirken kommt und kein abstrakter Fiktions-Fall bleibt. Wenn er dann das Sprichwort kennt und/oder einen Vergleichsfall, egal ob real oder fiktiv aus einem Film, tut er sich leichter mit der Entscheidung, ob die Sache das Risiko wert wäre. Die strenge Unterteilung in Fiktion und Realität, die Du annimmst, existiert nicht, weil jede Fiktion zur Realität werden kann und umgekehrt, nur manchmal mit ein wenig Verkleidung (wenn z. B. nicht fiese Aliens das Land überfallen, sondern ein kriegslüsterner Nachbarstaat.)
Ich denke schon, dass man auf verschiedenen Ebenen die Botschaften abstrahieren kann, wenn man sich dessen bewußt ist. Sonst würde zumindest ich mir keine politischen "Heldenfilme" aus den Staaten anschauen können, um diese geht's ja hier.

Neulich erst hatte ich mir einen Film angeschaut, da gings um einen Soldaten, der in Abu Dhabi als wachhabender Soldat in diesem Folterknast eingesetzt wurde. Der Film zeigte die Veränderung des jungen Mannes, zeichnete den sehr gebildeten Charakter eines Insassen, die Beziehung zwischen den Beiden und Gewaltdarstellungen, so wie sie real auch damals durch die Medien liefen. Insgesamt fand ich den Film sehr gut - andererseits schien er die Folterungen zu relativieren und auf eine gewisse Art zu legitimieren - nicht offensichtlich, sondern ganz subtil zum Schluss hin. Nun könnte man dem Autor vorwerfen, er würde Folter salonfähig machen wollen - man könnte dem Autor aber auch gratulieren, die Wandlung des Protagonisten vom jungen Mann voller Ideale zum mißhandelnden Soldaten mit postraumatischen Belastungsstörungen so stark erzählt zu haben (ich übertreibe etwas, soo gut war der Film auch wieder nicht ^^).

Letztlich ist es genau die Abstraktionsebene, die darüber entscheidet, was man aus dem Film mitnimmt.
 
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