Mal ein diskussionswürdiger Artikel zum Thema Gesellschaft:
Fundamentalismus: Parallele Gesellschaften
Warum gelten im Falle des Islams die Regeln der offenen Gesellschaft nur bedingt
In Berlin-Neukölln kann sich kein Jude mehr zu erkennen geben. Rabbiner warnen schon lange davor, mit einer Kippa durch den muslimisch dominierten Stadtteil zu laufen. Mittlerweile gilt auch: Schwule und Lesben sollten sich nicht auf offener Straße küssen. Und viele muslimische Männer in Neukölln haben mehrere "Ehefrauen". Eine wird standesamtlich geheiratet, die zweite oder dritte gilt offiziell als alleinerziehend. Während in den arabischen Ländern nur reiche Männer sich mehrere Frauen leisten können, denn laut Koran müssen alle abgesichert werden, finanziert Deutschland die Vielweiberei durch Steuergelder. Dabei ist Sinn und Zweck staatlicher Unterstützung doch, dass Menschen eigenverantwortlich leben. Oder? Nicht im Falle des Islams?
Die Liste religiöser Merkwürdigkeiten ließe sich fortsetzen. Intoleranz gedeiht im Schatten unserer toleranten und freien Gesellschaft. In vielen muslimischen Familien wachsen heute Töchter und Söhne heran, die vor allem dem Wertekanon der Großfamilie und der Religionsgemeinschaft folgen. Im Zweifel gilt ihnen nicht das deutsche Grundgesetz, sondern der Koran, die Scharia als Richtschnur. Das macht sich vor allem in Schulen bemerkbar. Streit um die Beteiligung von Mädchen am Schwimmen, an Biologieunterricht und Klassenfahrten ist inzwischen ein Klassiker. Deutsche Schulen unterwerfen sich den Wünschen streng muslimischer Eltern – zumal die von Moscheegemeinden mit islamischen Rechtsgutachten unterstützt werden. Schon tragen vierjährige Mädchen im Kindergarten Kopftücher. Bedenken werden mit dem Argument weggefegt, dass es sich um Einzelfälle handle und die Mehrheit der Muslime dagegen sei, Mädchen im Kindesalter zu sexualisieren. Die Geschlechtertrennung ist aber Teil des Konzepts islamischer Parallelgesellschaften, überall in Europa. Dort wird diskutiert, ob eine Muslimin bei einem männlichen Fahrlehrer Unterricht haben darf. Ob Männer und Frauen sich zur Begrüßung die Hand geben dürfen. In Schulkantinen soll das Essen halal sein, und die bloße Anwesenheit von Schweinefleisch empört die Frommen. Gebetsräume für muslimische Schüler werden zum Muss. Weihnachtsschmuck wird weniger. Fasten im Ramadan aber soll von allen respektiert werden.
Unsere viel gerühmte Religionskritik wird neu definiert, wenn es um den Islam geht. Sie erfolgt möglichst vorsichtig und leise – selbst wo Hass gepredigt wird. So zieht Europa im Namen der Religionsfreiheit seine eigenen Mörder heran.
Vor diesen Islamisten haben aber auch wir Muslime Angst. Das begreifen wohl die wenigsten Politiker. Sonst wäre das Wort Parallelgesellschaft nicht zum Unwort erklärt worden. Ja, Parallelgesellschaften können für Migranten auch eine wichtige Zuflucht in einer fremden Kultur sein. Parallelgesellschaften sind nicht per se abzulehnen. Problematisch werden sie nur, wenn sie Hass und Terror nähren. Es reicht nicht, die Islamfeinde zu kritisieren. Es reicht nicht, den Islam gegen den Islamismus in Schutz zu nehmen. Eine liberale Einwanderungsgesellschaft muss von allen Menschen, die dort leben, Verfassungstreue fordern.
Ein Gastbeitrag von Seyran Ateş
DIE ZEIT Nr. 15/2016, 31. März 2016
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