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Reue - was tun und wie leben?

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Eine gravierende Ursache, warum Menschen Gott nicht suchen wollen, sehe ich in dem Autonomie-Streben.
Dieses Autonomie-Streben ist in uns ebenso angelegt wie die Suche nach Liebe.

Gesunde Babys krabbeln von der Mutter weg, wollen die Welt entdecken und erobern. Eltern stehen vor der Aufgabe, das Kind in seinem Autonomie-Streben zu unterstützen, ja Mut zu machen - und gleichzeitig liebevolle Zuwendung sicherzustellen. Zur liebevollen Zuwendung gehört auch der Schutz vor falschen Entscheidungen des Kindes.

Warum auch immer besteht bei vielen Menschen die Vorstellung, dass ein Leben mit Gott die Unterwerfung des Menschen bedeutet. Unserem Autonomie-Streben mißfällt der Gedanke, dass wir uns Gott unterwerfen sollen. Gerade in anderen Religionen ist der Gedanke der Unterwerfung Teil des Glaubens. Auch im "christlichen" Abendland ist Unterwerfung historischer Fakt. Mir wird schlecht, wenn ich an viele Ereignisse der "christlichen" Kirchengeschichte denke.

Aus diesem Grund möchte ich darauf hinweisen, dass ich mit Gott nicht an Unterwerfung denke, sondern an Freiheit sowie an Erkenntnis des Guten, welches mir meine Entscheidungen erleichtert. Nicht zuletzt können wir im NT lesen:

Galater 5, 13: "Gott hat Euch zur Freiheit berufen, meine Brüder und Schwestern! Aber missbraucht eure Freiheit nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe."

Oder: Galater 5,1: "Christus hat uns befreit. Er will, dass wir auch frei bleiben."

Im Gegensatz dazu steht das Gesetz, nachdem das menschliche Handeln beurteilt und der Mensch verurteilt wird.

Fragen dazu?
 
Vielen Dank :) Das Ritual klingt toll, aber leider möchte sie sich ja nicht einmal mit mir treffen (momentan?), von daher wird das leider schwierig. Ich selbst kann/möchte mir nicht verzeihen, ich denke, ich brauche dafür auf jeden Fall zuerst einen Zuspruch von A. Und selbst dann bleibt, was ich getan habe, bestehen.
Hi Du,

naja.. sich selbst verzeihen, heißt ja nicht sich der Schuld zu entledige, sondern sich kein Feind mehr zu sein um weiter leben zu können. Trotzallem. Die Selbstachtung zu verlieren, ob das im Sinne von A. wäre? Damit tust Du weder ihr noch Dir ein Gefallen.

Du warst seinerzeit in einem gewissen Zwiespalt mit Dir und Du wurdest auch vom Freund gedrängt!
Für mich hat sich das so gelesen, als hätte Dich Dein Freund dahingehend gedrängt bzw. manipuliert -> Dich von ihr zu trennen, da sie Dir nicht gut tun kann. Wollte er Dich etwa nur für sich alleine haben? Dich vor Dir selbst beschützen? Immerhin wart ihr wie Schwestern, wenn auch unterschiedlich.
Bedenke a) Du und A. ihr wart beide suizidal "veranlagt" und b) Du wolltest ihr, bis zum Schluß, diese krassen Zeilen nicht senden.
Das wäre eine Erklärung, keine Entschuldigung. Was mich zu der Frage führt. Wie retten sich zwei Ertrinkende? Ist es dann nur noch der Instinkt der uns den Aus-Weg zeigt? Ich denke ja.

Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit ist, ob sie sich bei Dir meldet, Dir verzeihen kann. Das kann leider Jahre dauer, muss es aber nicht. Und ob überhaupt... tja... das könnte sie selber noch nicht wissen. Momentan braucht sie klärenden Abstand.
Ich meine ihr kennt Euch doch gut, folglich müsste sie doch um Deine Reue wissen, unabhäng davon was Du ihr geschrieben hast. Die Chance für einen Neustart, die ist doch da. Bleibt halt abzuwarten.

Was Dein Leben betrift, da kann ich nur sagen: Du wirst damit leben müssen, egal wie es ausgeht. Aber verliere nie die Selbstachtung, denn damit macht man sich zum negativen Spielball Anderer!
Denn mit jeder noch so kleinen Kritik, fühlt man sich bestätigt. Frei nach dem Motto: Stimmt, ICH bin nicht liebenswert. Mit dieser Haltung fühlt man sich ständig bedroht, angegriffen und beleidigt .... versteht keinen Spass und bezieht alles auf sich selbst. Man macht sich somit abhängig von der Meinung anderer. Und das möglicherweise für immer?
Wer so sein Ehrenamt ausführen will, muss scheitern. Das muss schon von innen heraus kommen - weil man es von Herzen gern möchte, nicht als stellvertretende "Buse". Aber was rede ich, dass weißte doch selber. A. fände das bestimmt auch total bescheuert, oder?

Es ist passiert. Sehr unschön, ja. Aber vergiss nicht, Du bist auch nur ein Mensch! Die Möglichkeit das es weit vorher Missverständnisse zwischen Euch gab, die ist hoch. Wer weiß.

Was hatte Euch denn damals so innig verbunden? Gibt es da etwas ganz bestimmtes? Ein bestimmter Ort? Ich sags mal so. Man trifft sich immer 2x im Leben. Vielleicht genau dort. ;)

Vielleicht kann sie Dir irgendwann vergeben. Ich wünsch es Dir.


Alles liebe
abendtau
 

Athanasia

Aktives Mitglied
Ich selbst kann/möchte mir nicht verzeihen, ich denke, ich brauche dafür auf jeden Fall zuerst einen Zuspruch von A. Und selbst dann bleibt, was ich getan habe, bestehen.
Weil?
Sei mir nicht böse - mir scheint aber, du fühlst dich in der Büßerrolle nicht ganz unwohl, ich sehe da durchaus eine Kultivierung deinerseits. Du brauchst keinen Zuspruch von A. um dir selbst zu sagen: "Ja, ich habe Bockmist gebaut, es tut mir leid, ich habe daraus gelernt. Menschen machen Fehler, deswegen sind es Menschen. Und ich bin wegen diesem Fehler kein Mensch geworden, der nicht mehr glücklich sein darf."

Ich beging den größten Fehler meines Lebens und "ruinierte das Leben meiner besten Freundin" - wie es auch meine Psychologin so schön ausgedrückt hat. Sie war natürlich entsetzt und zutiefst verletzt. Wie tief, kann ich nicht ermessen, aber völlig über alle Maßen, die irgendein Menschen in irgendeiner Situation einem anderen antun dürfte. Nach einiger Zeit wurde mir das Ausmaß meiner Tat bewusst.
Was ich auch nicht verstehe, davon abgesehen, wie eine Psychologin ernsthaft so etwas sagen kann, inwiefern hast du denn A.s Leben ruiniert? Ja, sie war verletzt und entsetzt (Weißt du woher? Wenn du doch seitdem keinen Kontakt hattest?), aber ein ruiniertes Leben sieht doch ein wenig anders aus.

Und mal stellvertretend:
Aber alle Entschuldigungen der Welt können nicht wieder gut machen, was ich getan habe. Ich habe Angst um sie. Ich habe ihre Lebenszeit zerstört, ich kann ihr nicht wieder geben, was ich ihr genommen habe. Ich lebe in der Schuld, einen Menschen so tief verletzt zu haben, dass eine Wiedergutmachung unmöglich ist. [...] Gibt es irgendwas, was ich noch tun könnte/übersehen habe, irgendwas? Wie drückt man tiefste Reue noch aus? Ich will nicht einfach bei ihr vorbeigehen und auf der Türschwelle zusammenbrechen, da mein Schmerz nicht ihr Problem ist. Muss ich einfach damit leben? Ich lebe die Reue. [...] Seht ihr es auch so, dass mir nach einer solchen Tat nur noch ein sehr begrenztes Maß an Glückseligkeit zusteht? Wie lebe ich das aus? Wie viel von mir muss ich aufgeben, wie viel darf ich aufrecht erhalten?
alles hängt von A ab und Ansprüche darf/kann ich keine stellen. Vielleicht muss ich mein selbstproduziertes Leid "einfach" ertragen?
Der Rat "heile dich selbst" klingt schön. Aber ich weiß absolut nicht wie, noch bin ich mir sicher, ob ich das wirklich möchte. [...] Aber wie ich schon in meinem Eröffnungstext geschrieben habe, fällt es mir schwer einzuschätzen, welches Maß an Glückseligkeit mir überhaupt noch zusteht.
Ich würde an deiner Stelle mal die Drama-Queen in dir mal ein wenig zurück fahren. Es bringt niemandem was, wenn du dich nun die ganze Zeit selbst kasteist und A. nun die Verantwortung zuschusterst, dir zu verzeihen. Das muß sie nämlich nicht, vielleicht gehst du ihr auch mittlerweile am A... vorbei und sie interessiert das alles gar nicht mehr. Weiß man nicht.
Aber du mußt lernen, damit zu leben - dir das Geschehen zu verzeihen und daraus gelernt zu haben. Selber die Verantwortung zu übernehmen.

Und - wenn ich an A.s stelle wäre, ich würde mich mit keiner vor Reue ankriechenden Person treffen wollen, sondern mit jemandem, der Selbstbewusst zu dem gemachten Fehlern steht, Konsequenzen für sich daraus gezogen hat und mir nicht ernsthaft noch Verantwortung dafür aufhalsen will, daß er wieder glücklich sein darf.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Und - wenn ich an A.s stelle wäre, ich würde mich mit keiner vor Reue ankriechenden Person treffen wollen, sondern mit jemandem, der Selbstbewusst zu dem gemachten Fehlern steht, Konsequenzen für sich daraus gezogen hat und mir nicht ernsthaft noch Verantwortung dafür aufhalsen will, daß er wieder glücklich sein darf.
Wenn Du die verletzte oder die geschädigte Person bist, dann bist Du auch ein Teil des Problems "Verzeihen - ja oder nein". Du hast damit nicht die Verantwortung, dass er glücklich sein darf. Diese Erlaubnis kann niemand erteilen oder verwehren. Aber Du hast die Mitverantwortung, dass er glücklich sein kann. So sehe ich das aus ethischer Sicht. Wenn jemand tiefe Reue zeigt, dann zeigt er mit seiner Reue, dass er auch zu seinen Fehlern steht.
 

Athanasia

Aktives Mitglied
Wenn Du die verletzte oder die geschädigte Person bist, dann bist Du auch ein Teil des Problems "Verzeihen - ja oder nein". Du hast damit nicht die Verantwortung, dass er glücklich sein darf. Diese Erlaubnis kann niemand erteilen oder verwehren. Aber Du hast die Mitverantwortung, dass er glücklich sein kann. So sehe ich das aus ethischer Sicht. Wenn jemand tiefe Reue zeigt, dann zeigt er mit seiner Reue, dass er auch zu seinen Fehlern steht.
Sehe ich nicht so, das würde nämlich bedeuten, daß man ein Recht auf Vergebung hat. Hat man aber nicht. Entweder, weil man jemanden einfach zu sehr damit verletzt hat, daß derjenige gerade einfach nicht verzeihen kann, oder weil derjenige drüber weg ist und es ihm einfach vollkommen egal ist. Sowohl die Tat, als auch der Täter. Ist für diesen eventuell nicht schön, aber die Möglichkeit besteht.

Und ich als derjenige, der verletzt wurde, möchte jetzt nicht noch die Verantwortung tragen müssen, daß der, der mich verletzt hat, wieder glücklich sein kann. Die Entscheidung, glücklich oder nicht, muß der-/diejenige ganz alleine tragen. Es ist nämlich sein Leben, die Person muß selber mit ihren Taten klar kommen und sich arrangieren und Konsequenzen ziehen. Jeder ist für sein eigenes Glück verantwortlich. Wenn man nicht selbst in sich ruht, kann es auch kein anderer für einen übernehmen. Wenn man sich selbst kein Glück zugesteht, kann es kein anderer für einen übernehmen. Glück ist nämlich auch eine aktive Entscheidung für sich selbst.

Ich ergänze dann also gerne den zitierten Satz:
wenn ich an A.s stelle wäre, ich würde mich mit keiner vor Reue ankriechenden Person treffen wollen, sondern mit jemandem, der Selbstbewusst zu dem gemachten Fehlern steht, Konsequenzen für sich daraus gezogen hat und mir nicht ernsthaft noch Verantwortung dafür aufhalsen will, daß er wieder glücklich sein darf und kann.
 

AllTheWay

Mitglied
Sehe ich nicht so, das würde nämlich bedeuten, daß man ein Recht auf Vergebung hat. Hat man aber nicht. Entweder, weil man jemanden einfach zu sehr damit verletzt hat, daß derjenige gerade einfach nicht verzeihen kann, oder weil derjenige drüber weg ist und es ihm einfach vollkommen egal ist. Sowohl die Tat, als auch der Täter. Ist für diesen eventuell nicht schön, aber die Möglichkeit besteht.

Und ich als derjenige, der verletzt wurde, möchte jetzt nicht noch die Verantwortung tragen müssen, daß der, der mich verletzt hat, wieder glücklich sein kann. Die Entscheidung, glücklich oder nicht, muß der-/diejenige ganz alleine tragen. Es ist nämlich sein Leben, die Person muß selber mit ihren Taten klar kommen und sich arrangieren und Konsequenzen ziehen. Jeder ist für sein eigenes Glück verantwortlich. Wenn man nicht selbst in sich ruht, kann es auch kein anderer für einen übernehmen. Wenn man sich selbst kein Glück zugesteht, kann es kein anderer für einen übernehmen. Glück ist nämlich auch eine aktive Entscheidung für sich selbst.

Ich ergänze dann also gerne den zitierten Satz:


Hallo wieder,

ich sehe es auf jeden Fall auch so, dass A keine Pflicht oder irgendetwas in die Richtung hat, mir zu verzeihen/sich mit mir zu befassen/auch nur einen Gedanken in meine Richtung zu geben, solange sie es nicht will (aus welchen Gründen auch immer). Das konnte ich wohl vorher nicht klar ausdrücken. Das macht es für mich natürlich schwieriger, weil ich mich somit in einer von mir nicht mehr kontrollierbaren Situation befinde. Aber auch das ist nicht A´s Problem. Nichts davon. Ich würde nun auch nicht angekrochen kommen, wenn sie mir die Chance eines weiteren Gesprächs geben würde. Damit würde ich ihr meinen Schmerz aufbürden, das wäre paradox. Das einzige, was mir in diesem Zusammenhang wichtig wäre, ist dass sie sehen würde, wie weh, ergo leid, mir das ganze tut und wie groß mein Einblick in mein Vergehen ist. Es geht mir also lediglich darum, meine Erkenntnis (auch emotionale) zeigen zu können. Das darf aber alles nur dann der Fall sein, wenn es für A etwas positives bedeutet. Wenn nicht, ist es wie gesagt völlig irrelevant, wie viel mir das in der Theorie helfen würde.
 

AllTheWay

Mitglied
Du schreibst hier von a) gönnen möchten und b) gönnen dürfen.
Zu a: die Grundlage hierfür ist unser Gefühl. Gefühle sind instabil, kommen und gehen….
Zu b: da es kein weltliches Gesetz gibt, an dem wir uns orientieren könnten, vermute ich hinter dem Ausdruck „gönnen dürfen“ die Sehnsucht nach einem objektiven Gesetz, welches für alle Menschen gültig ist und durch welches uns klar wird, was wir dürfen und was nicht.

Ich bin überzeugt, dass es eine solche Gesetzmäßigkeit – wie ein Naturgesetz – gibt. Diesem Gesetz gebe ich die Bezeichnung: „Das Gesetz von Gut und Böse“. Es besteht aus 3 Paragraphen:

§ 1: alles was mit selbstloser Liebe vereinbar ist – ist gut. Was mit selbstloser Liebe nicht vereinbar ist und zu einem Schaden bei einem Menschen führt, ist schlecht bzw. böse.

§ 2: Trifft ein Mensch gute Entscheidungen, so führt dieses Entscheidungsverhalten dazu, dass das Treffen weiterer guter Entscheidungen von Mal zu Mal leichter fällt und falsche bzw. schlechte Entscheidungen werden immer schwieriger. Und umgekehrt. Böse Entscheidungen fallen mit jeder einzelnen bösen Entscheidung immer leichter, bis sie irgendwann einen Punkt erreichen, an dem wir keine gute Entscheidung mehr treffen können, selbst wenn wir es wollten.

Hinweis: Die meisten Menschen leben einen Zick-Zack-Kurs.

§ 3: Alle Entscheidungen haben Folgen. Die Folgen sind oft Generationen übergreifend.

Erläuterungen zu §2: Lt. einer wissenschaftlichen Untersuchung treffen erwachsene Menschen täglich ca. 20.000 Entscheidungen. Die meisten Entscheidungen treffen wir unbewussst. Mit unserer Grundeinstellung formen wir unseren Charakter, lenken unsere Gedanken und mit diesen unsere Gefühle und unser Tun, selbst wenn uns nicht jede Einzelentscheidung bewusst ist.

Dieses „Naturgesetz“ trifft zu allen Zeiten auf alle Kulturen und auf alle Menschen zu.
Dieses Naturgesetz habe ich jetzt so formuliert. Sicherlich kann die Formulierung noch verbessert werden.

LG, Nordrheiner

Hallo:)
Diese Zeilen finde ich sehr interessant - wo stammen sie her? Sind sie deine persönliche Auffassung?
Etwas schwierig für mich ist das mit der selbstlosen Liebe oder zumindest weiß ich nicht genau, wie das anzunehmen ist - inwiefern bedeutet selbstlose Liebe noch Selbsterhaltung? Nur in dem Sinne, dass ich mich um mich selbst kümmern sollte, damit ich weiterhin Gutes tun kann? Oder gilt diese selbstlose Liebe auch ohne weiteren Zweck mir selbst gegenüber - das hört sich für mich widersprüchlich an?
Ich denke, zumindest gegenüber seinen eigenen Kindern wendet man automatisch das Prinzip der selbstlosen Liebe an (oder man sollte es). Aber sollte man es grundsätzlich seinen Mitmenschen gegenüber an den Tag legen? Ich habe im Gegenteil dazu gehandelt, so viel steht fest.
 

AllTheWay

Mitglied
Eine gravierende Ursache, warum Menschen Gott nicht suchen wollen, sehe ich in dem Autonomie-Streben.
Dieses Autonomie-Streben ist in uns ebenso angelegt wie die Suche nach Liebe.

Gesunde Babys krabbeln von der Mutter weg, wollen die Welt entdecken und erobern. Eltern stehen vor der Aufgabe, das Kind in seinem Autonomie-Streben zu unterstützen, ja Mut zu machen - und gleichzeitig liebevolle Zuwendung sicherzustellen. Zur liebevollen Zuwendung gehört auch der Schutz vor falschen Entscheidungen des Kindes.

Warum auch immer besteht bei vielen Menschen die Vorstellung, dass ein Leben mit Gott die Unterwerfung des Menschen bedeutet. Unserem Autonomie-Streben mißfällt der Gedanke, dass wir uns Gott unterwerfen sollen. Gerade in anderen Religionen ist der Gedanke der Unterwerfung Teil des Glaubens. Auch im "christlichen" Abendland ist Unterwerfung historischer Fakt. Mir wird schlecht, wenn ich an viele Ereignisse der "christlichen" Kirchengeschichte denke.

Aus diesem Grund möchte ich darauf hinweisen, dass ich mit Gott nicht an Unterwerfung denke, sondern an Freiheit sowie an Erkenntnis des Guten, welches mir meine Entscheidungen erleichtert. Nicht zuletzt können wir im NT lesen:

Galater 5, 13: "Gott hat Euch zur Freiheit berufen, meine Brüder und Schwestern! Aber missbraucht eure Freiheit nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in Liebe."

Oder: Galater 5,1: "Christus hat uns befreit. Er will, dass wir auch frei bleiben."

Im Gegensatz dazu steht das Gesetz, nachdem das menschliche Handeln beurteilt und der Mensch verurteilt wird.

Fragen dazu?
Ich verstehe eine Bindung zu einem Gott weniger als Unterwerfung, eher als Vertrauen darauf, "dass da schon jemand ist", der Acht auf die Menschen gibt. Es ist mir aber leider unmöglich, zu erkennen, wo denn tatsächlich irgendeine übergeordnete Macht Acht auf das Weltgeschehen gibt und bei vorhersehbaren Katastrophen eingreift. Kurzum, mir fehlt ein bisschen der Beweis - damit will ich aber nichts ausschließen. Nur, ich denke, zum Glauben kann man sich nicht zwingen, man muss vertrauen und das gelingt mir nicht. Was jedoch keinen Unterschied machen sollte in der Art und Weise, wie ich handle und mit anderen Menschen umgehe - Widerspruch in meinem Lebenslauf.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo:)
Diese Zeilen finde ich sehr interessant - wo stammen sie her? Sind sie deine persönliche Auffassung?
Etwas schwierig für mich ist das mit der selbstlosen Liebe oder zumindest weiß ich nicht genau, wie das anzunehmen ist - inwiefern bedeutet selbstlose Liebe noch Selbsterhaltung? Nur in dem Sinne, dass ich mich um mich selbst kümmern sollte, damit ich weiterhin Gutes tun kann? Oder gilt diese selbstlose Liebe auch ohne weiteren Zweck mir selbst gegenüber - das hört sich für mich widersprüchlich an?
Ich denke, zumindest gegenüber seinen eigenen Kindern wendet man automatisch das Prinzip der selbstlosen Liebe an (oder man sollte es). Aber sollte man es grundsätzlich seinen Mitmenschen gegenüber an den Tag legen? Ich habe im Gegenteil dazu gehandelt, so viel steht fest.
Ja, diese "Gesetze" von Gut und Böse sind meine persönliche Auffassung. Die Formulierung ist sicher nicht perfekt.

Die selbstlose Liebe ist in meinen Augen keine Pflicht, die immer und überall gelebt werden muß oder auch nur sollte.
Es heisst: "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst." Also ist auch Liebe zu mir sehr wichtig. Der Gedanke an "selbstlose Liebe" ist für mich eine Hilfe, dass ich meinen Vorteil im Umgang mit anderen Menschen nicht mehr beachte, als den Vorteil, der dem anderen zugedacht wird.

Dazu fällt mir etwas Lustiges ein:
Ein Onkel ging mit seinem Neffen ins Restaurant. Sie bestellten u.a. zwei Schnitzel. Der Kellner brachte eine Platte, auf der ein großes und ein kleines Schnitzel lagen. Der Junge nahm sich das große Schnitzel. Der Onkel schimpfte mit ihm, dass er doch unhöflich sei. Der Junge fragte: Welches Schnitzel hättest Du denn genommen? Der Onkel antwortete: "Natürlich das kleine." Der Junge sagte darauf hin: "Warum schimpfst Du dann? Da hast Du doch das kleine Schnitzel, welches Du wolltest."

Was ich also meine: Natürlich darf und soll es mir gut gehen. Wer nicht für sich selbst sorgen kann, kann auch nicht für andere Menschen sorgen. Denke ich an Selbstlosigkeit, dann ist das wie eine Art Sicherheitsdenken, mit dem ich vermeide, dass ich im Umgang mit einem anderen Menschen meine Vorteile stärker verfolge als das Wohl des Anderen. Und damit würde ich dem Gebot "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" nicht gerecht werden. Der Hinweis auf selbstlose Liebe ist also eher so eine Art Trick für Egoisten, wie sie ihren Egoismus eindämmen oder ein ungerechtes Maß an Eigenliebe vermeiden können.

Beispiel: Es ist dann so, dass in einer Situation der A dem B beim Umzug 3 Stunden lang hilft. Dabei überlegt sich A, welchen Vorteil er daraus ziehen kann. So könnte er den B bitten oder verpflichten, ihm bei Gelegenheit 3 Stunden oder besser 4 Stunden im Garten zu helfen. Der Gedanke an Selbstlosigkeit würde diesem Egoisten A es erleichtern, dem B beim Umzug zu helfen, egal ob B dann ihm für 4 Stunden hilft oder nur 1 Stunde oder gar nicht.

Ganz schlimm finde ich den Gedanken, selbstlos leben zu sollen oder zu müssen. Keine Freude mehr empfinden dürfen? Völlige Selbstlosigkeit bedeutet in meinen Augen sich selbst als nicht liebenswert zu empfinden.

Und ja, es sollte mir nicht an Freude und Kraft und Gesundheit fehlen, denn damit bin ich auch in der Lage, anderen zu helfen. Ich mache mir nicht immer Gedanken, ob ich jetzt essen soll, damit ich Kraft habe, morgen jemandem helfen zu können. Es tut mir gut, ich habe Hunger, das Essen ist lecker - und das ist für mich Grund genug, etwas Gutes zu essen. Jedoch wenn sich plötzlich ein Gast meldet, dann kann ich teilen und tue das auch.

Mit dem Auto sehe ich meinen Bekannten auf der Straße. Er trägt eine Einkaufstasche. Ich halte an und frage, ob ich ihn mitnehmen kann. Sein Ziel liegt ein paar KM von meinem entfernt.
A) ich sage: tut mir leid, das ist mir zu weit, ich habe keine Zeit und fahre alleine weiter.
B) Ich nehme ihn zur nächsten Bushaltestelle, die auf meinem Weg liegt, mit
C) Ich verzichte auf Zeit und Sprit und fahre ihn zu seinem Ziel.
Mir gefällt C) am besten.
 

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