Also ich denke, wir leben in einer Art Übergangsphase (im Grunde ist vermutlich jede Zeit der Menschheitsgeschichte eine Übergangsphase, aber jetzt ist das wohl in besonderem maße so).
Bis vor wenigen Jahren (also bis vor unter 100 Jahren, was ja Menschheitsgeschichtlich gestern ist), war Gier ja auch irgendwie nötig und ein Überlebensvorteil. Dazu kam dass Ressourcen, die man erreichen konnte in für den Menschen nahezu unbegrenzter Form zumindest theoretisch verfügbar waren, bzw man diesen Eindruck hatte.
Also Platz war auf der Erde genug, theoretisch war es möglich, so viel anzubauen, zu jagen, zu "besitzen" wie man wollte: Also das Fass hatte quasi keinen sichtbaren Boden.
Erst die letzten Jahre erleben und spüren wir die Endlichkeit von Ressourcen jeglicher Art.
DAs heißt, die Gier hat plötzlich einen extrem mächtigen Gegenpart bekommen- die Endlichkeit.
Diese Endlichkeit gab es ja früher so garnicht: Da gab es immer noch mehr Land oder noch mehr Vieh, oder noch mehr Rohstoffe die man theoretisch besitzen konnte.
Also auf der einen Seite erleben wir, dass es natürliche Grenzen gibt, an die wir immer mehr stoßen und auf der anderen seite zeigt sich, dass wir unbegrenzte Gier für einen Überlebenskampf garnicht mal bräuchten. Das war ja zu früheren Zeiten auch nicht so: Da war es immer besser, zwei Stücke Speck zu haben und drei waren noch besser. Und heute könnten wir 20 haben und merken irgnedwann: Das macht keinen Sinn mehr! Und wir hören auf natürliche Weise damit auf, noch mehr heranzuschaffen.
Aber es ist noch tief drin: Siehe Hamsterkäufe.
Die letzten 100 Jahre haben uns auch noch eine weitere Erkenntnis gebracht: Nämlich die sich immer mehr durchsetzende Haltung, dass alle Menschen gleich wert sind. Zumindest in unserer westlichen Welt ist das auf dem Papier ja Grundsatz. Das ist ja ein absolutes Novum: In antiken Rom war es keine Frage, dass es OK ist, Sklaven zu halten usw.
Also wir haben einen Haufen neue Erkenntnisse, die sich aber unterschiedlich schnell in den einzelnen Gesellschaftsschichten und Ländern durchsetzen.
Und die Frage ist auch: WERDEN sie sich überhaupt durchsetzen?
Nehmen wir an, sie setzen sich durch (was ja wundervoll wäre) dann wird das aber noch eine Weile dauern, bis diese archaischen "Programme" im Menschen upgedated sind.
Also bis wirklich jeder Mensch kapiert hat, dass Ressourcen nicht unbegrenzt da sind, jeder ein Anrecht drauf hat, man mehr davon hat, wenn man auch mal teilt usw. Und vor allem setzt sich hoffentlich die Erkenntnis irgendwann durch, dass die Menschenheit NUR dann überleben kann, wenn sie teilt und bescheidener wird.
Ich meine: Man erlebt es doch heute noch: Eigentlich wissen wir doch alle, dass Wohlstand heuzutage so wenig wie nie zuvor mit der eigenen Leistung zusammenhängt. Wir wissen es eigentlich besser, das es viel mehr davon abhängt, in welchem Land, in welchen Verhältnissen man geboren wurde.
Trotzdem ist bei uns immernoch die Haltung dominierend: Wer es zu "nichts gebracht hat", muss irgendwie selber schuld sein und wer viel besitzt, der muss doch irgendwie ein Recht darauf haben, weil er es sich ja erarbeitet hat.
Dass diese Zusammenhänge heute nicht mehr so gelten wie bei den Jägern und Sammlern wo natürlich der, der die fetteste Beute gemacht hat, der beste Jäger sein musste, setzt sich erst langsam durch.
Es sind einfach andere Werte, die sich nach und nach etablieren (müssen) und ich denke, das ist auch unsere einzige Chance als Menschheit zu überleben: Dass wir diese alten Überlebensmechanismen einer Generalüberholung unterziehen. Sonst hat die Menschheit wohl längerfristig keine Chance und wird sich selbst ausrotten.