Irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine Antwort dich enttäuscht.
Darum werde ich versuchen, besser zu erklären, was ich meine.
In einem vorherigen Post habe ich von Kopf, Herz und Bauch gesprochen, die im Idealfall in einer Sache der gleichen Meinung sind.
Mein Gefühl, mein Herz sagt mir immer noch, dass diese Idee, dass du Einzelunterricht bei diesem Lehrer nimmst, eine großartige Idee ist.
Du brauchst eine Möglichkeit, dich wieder sicher zu fühlen und wenn du Kampfkunst in langsamen Abläufen und intensiv trainierst, dann schaffst du es vielleicht, deine körperliche PTBS Reaktion zu überwinden und kommst damit deinem Ziel vielleicht näher.
Mein Kopf weist mich bei dieser schönen Vorstellung auf einiges hin, das zum Problem werden könnte.
Du hast vor, Kampfkunst zu trainieren mit einem Lehrer, dem Du nicht trauen willst.
Das stelle ich mir extrem schwierig vor.
Ich verstehe deine Gründe dafür.
Ich bin kein Psychologe, denke aber auch, dass du nicht forcieren solltest, wieder Menschen trauen zu wollen, wenn du noch nicht dafür bereit bist.
Ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.
Zum einen, weil es Kampfkunst ist.
Anders als bei anderen Künsten, die man erlernen kann, ist da eine gewisse Gefahr immer inhärent.
Beim Training vertraut man doch seinen Partner stets bis zu einem gewissen Grad.
Klar, Unfälle können immer passieren.
Aber man vertraut darauf, dass der andere einem nicht absichtlich böse schaden will, dass beide mit ihrer Gesundheit und der ihres Trainingspartners achtsam umgehen.
Und dass du mit den Nachwirkungen deiner Vergangenheit zu kämpfen hast, ist ein weiterer Punkt.
Weiter vorhin habe ich geschrieben, dass du wahrscheinlich üben musst, aus diesem Freeze zu kommen oder erst gar nicht hineinzugeraten.
Dazu musst du dich wahrscheinlich desensibilisieren: erst langsam beginnen, dann dein Training immer näher an die Grenze des für dich erträglichen verschieben. Und schließlich testen, ob das erfolgreich war. Auch das stelle ich mir sehr schwer vor mit einem Trainingspartner, dem du nicht traust.
Wie willst du dich auf dein Training einlassen können?
Dazu kommt: wenn du das trainieren willst, dann musst du doch deine Schwächen deinem Lehrer offenbaren.
Wie wollt ihr sonst daran arbeiten können? Wie soll das gehen ohne Vertrauen.?
Ich behaupte sicher nicht, dass das nicht möglich ist. Das wäre in der Tat sehr anmaßend von mir.
Ich sage nur, dass ich mir im Moment nicht vorstellen kann, WIE das funktionieren wird.
Natürlich kann es sein, dass du doch Vertrauen zu deinem Lehrer fasst.
Wahrscheinlich aber wirst du dann unzufrieden sein mit dir, weil du es dir eben anders vorgenommen hast.
Und mein Bauch? Mein Bauch ist etwas unruhig wegen des setting.
Würdest du in einem Dojo einen Selbstverteidigungskurs machen, umgeben von Anfängern, dann wärst du wahrscheinlich recht entspannt.
Einzeltraining kann sehr intensiv sein.
Das hat darum häufig eine vollständig andere Dynamik. Und wenn du ihm nicht trauen kannst, dich nicht öffnen, dann ist es möglich dass dein Partner dich triggert ohne es zu wissen.
Unfälle sind immer möglich, irgendwie glaube ich aber dass du evtl größere Schuldgefühle haben kannst als ein durchschnittlicher Anfänger, solltest du ihn versehentlich verletzen.
Das ist es, was ich denke. Allein, du kennst dich und ich kenne dich nur aus dem Bild, dass du mit deinen Worten gezeichnet hast.
Kann also alles völlig falsch sein.
Falls du unsicher bist, wäre es vielleicht wirklich eine Idee, wenn du die Therapeutin kontaktieren würdest, die du erwähnt hast.
Die kennt dich aus professioneller Sicht und kann gewiss abschätzen, ob das so funktionieren kann, wie du denkst und wünschst und wie auch ich hoffe.
Viel Glück auf dem Weg! Hoffentlich findest du die Heilung die du suchst.