Hallo zusammen,
ich habe mich hier angemeldet wegen eines Problems, was mich in letzter Zeit beschäftigt. Ich schaffe es nämlich nicht einen Freundeskreis aufzubauen, obwohl ich mir recht viel Mühe gebe und gegeben habe. Damit hadere ich schon die 30+ Jahre, die ich auf der Welt bin. An sich wünschte mir auch endlich eine Partnerschaft, aber ich bin der Ansicht, dass ich vorher ein gesundes soziales Netz aufbaue, da ich immer wieder lese, dass sich Paare am besten innerhalb dieser ergeben.
Kurz einige Stichpunkte zu meiner Vergangenheit:
In der Schulzeit bin ich häufig umgezogen. Am längsten war ich zwei Jahre lang durchgehend in einer Klasse. So fand ich nie Anschluss und wurde auch nie zu Geburtstagen eingeladen. Im Gymnasium war ich dann vier Jahre lang tatsächlich im gleichen Ort, doch konnte gar nicht mit meinen Klassenkameraden connecten. Ich wusste nicht, worüber ich mich mit ihnen unterhalten sollte, niemand interessierte sich für mich und so verbrachte ich schweigend die Zeit in meiner Ecke das Klassenzimmers. Meine Eltern kümmerten sich auch nicht um mich und parkten mich meist vor dem PC, wo ich meine Freizeit verbrachte. Teilweise verbrachte ich Monate am Stück nur in meinem Stadtteil, ohne groß rauszugehen. Es gab auch keine Familienurlaube oder so, da die Beziehung meiner Eltern sehr giftig war. Also verbrachte ich meine Jugend ohne mich wirklich mit Gleichaltrigen zu sozialisieren.
In der Uni dann fand ich in den ersten Semestern dann tatsächlich eine Freundesgruppe. Ich ging zum ersten Mal aus mit anderen, trank Alkohol und hatte Spieleabende. Aber im dritten Semester ging dann alles wegen eines – ich nenne es mal so – romantischen Missgeschicks innerhalb der Gruppe zu Ende. Der Freundeskreis teilte sich in zwei Hälften, die sich gegenseitig beschuldigten und da ich den Grund des Streits als nicht so tragisch empfand und nur wollte, dass sich alle wieder vertragen, habe ich keine Partei ergriffen. Am Ende wurde ich ausgeschlossen, zusammen mit einem Kumpel der als Sündenbock für die ganze Situation erhalten musste. Mit ihm verbrachte ich von da an Zeit, aber er hat sich nie davon erholt, brach das Studium ab, rutschte in die Obdachlosigkeit wo er einige Male bei mir übernachtete und das Letzte, was ich von ihm hörte, war, dass er in eine Klinik ging.
Ich traf dann noch jemanden, der sehr interessiert an Leauge of Legends war. Er hatte dort auch eine Freundesgruppe mit der er sich regelmäßig im Schwimmbad, im Heidepark oder sonst wo traf. Ich versuchte das Spiel zwar, fand es aber totlangweilig und so blieb ich nur ein Bekannter mit dem er ab und zu ein Bier trank. Geplant wurde nämlich alles während des Zockens und da ich nicht dabei war, blieb ich auch sonst außen vor. Davon ab hatte ich dann keine wirklichen Sozialkontakte mehr im Studium. Ich fragte einige Mädchen in Seminaren manchmal zu einem Kaffee, wurde aber immer abgeschmettert.
Jetzt bin ich in eine Kleinstadt außerhalb Berlins (wo ich arbeite) umgezogen, habe einen Job und Corona ist ja praktisch vorbei. Am Anfang dieses Sommers habe ich mir also vorgenommen Freunde zu finden und vielleicht auch eine Partnerschaft. Vieles habe ich versucht, nichts hat aber irgendwie geklappt. Ich befürchte fast, dass man mir nicht glaubt, da ich im Prinzip Tipps verfolgt habe, die ich woanders hier im Forum gelesen habe, aber nichts davon hat mir was gebracht. Es ist fast so als sitze ich in einem absurden Roman von Kafka. Folgendes habe ich versucht:
- Bin einem lokalen Kurs zur Selbstverteidigung beigetreten. Dort sind fast nur Männer und die einzigen Mädchen gehen noch zur Schule. Ironischerweise hatte ich längere Gespräche nur mit Letzterem. Die Herren unterrichten mich zwar gut, sind aber sonst sehr verschlossen und haben irgendwie die Auffassung, dass man sich außerhalb des Trainings nicht trifft. Auf Einladungen zum Bier oder ähnlichem wurde nie reagiert. Ich bin noch im Kurs, da mir der Sport Spaß macht, habe aber aufgegeben mich mit irgendwem dort zu befreunden.
- Bin einem lokalen Kulturverein beigetreten. Musste dann feststellen, dass dieser total überaltert ist und man sich anscheinend damit abfand, dass alle Mitglieder nach und nach wegsterben. Keiner hat sich auch wirklich gefreut, dass es ein neues junges Gesicht gab. Fand hier natürlich keinen Anschluss.
- In einer anderen Stadt ein paar Bahnminuten entfernt war ein wöchentlicher Spieleabend in einer Kneipe. Ich bin da hin, musste aber feststellen, dass es ein extrem linksautonomes Lokal war und ich kam überhaupt nicht mit den anderen und deren politischer Auffassung (über die auch überm Spielbrett geredet wurde) zurecht.
- Da ich eher nerdige Interessen habe, dachte ich mir, dass ich sicher auf Conventions und entsprechende Festivals Gleichgesinnte treffe. War aber dort auch nur ein einsamer Wolf. Die meisten Besucher waren in festen Gruppen unterwegs und häufig wurde ich einfach ignoriert, wenn ich jemanden ansprach. Habe auch einzelne Personen angesprochen, doch diese waren dann sehr verschreckt und huschten fast schon panisch davon, dabei habe ich nur »Hallo, zum ersten Mal hier?« gesagt. Am Ende fühlte ich mich wie ein Freak.
- Einige Male auf einem Festival und anderen Veranstaltungen hatte ich dann doch Glück und fand Leute, mit denen ich abhängen und reden konnte. Einmal traf ich sogar jemanden aus der gleichen Stadt, die ich jetzt bewohne. Doch immer, wenn ich dort dann nach Telefonnummern oder anderen Möglichkeiten des Kontakts fragte, wurde diese Bitte abgelehnt. Ich hörte mehrmals die gleiche Begründung: Der eigene Freundeskreis war schon groß genug und auch wenn man eine schöne Zeit mit mir hatte, wünschte man sich keinen weiteren Kontakt nach dem Event.
- Ich ging zu einem Kanutreffen, wo wir eine Weile auf den Guide warteten. Ich kam dort auch mit einem reizenden Mädchen ins Gespräch und ich hatte das Gefühl wir verstanden uns gut. Dann kam aber unser Guide mit einer Stunde Verspätung. Keiner war ihm aber böse, da er ein sympathischer und gut gelaunter Mann aus dem Orient war, der schon die halbe Welt bereits hatte. Das Mädchen hat sich danach gar nicht mehr für mich interessiert und sowohl im Kanu als auch beim anschließenden Essen lauschten alle nur noch dem Guide und seinen tollen Geschichten – ich inklusive. Sie fuhren dann alle gemeinsam zurück nach Berlin und ich in meine Kleinstadt.
- Bei anderen Gruppenwanderungen (und meiner Arbeit) traf ich generell fast nur Berliner und meisten machten sie sich lustig darüber, dass ich eher ländlich wohne. Ich musste mir immer wieder anhören »Na, wieso ziehst du nicht nach Berlin?« Dabei mag ich Großstädte gar nicht und immer, wenn ich in Berlin bin, fühle ich mich dort sehr unwohl mit all den Menschen, den Krach, den Dreck und den Gestalten, die mich in der U-Bahn anstieren.
- Dennoch war ich auf einigen Veranstaltungen in Berlin. Bei den meisten passierte das gleiche wie oben beschrieben. Ich war aber auch auf einem Singletreffen, da ich mir dachte, dass ich in solch einer Umgebung jemanden kennenlernen könnte. Das Ergebnis war, dass sich die Frauen um zwei sehr extrovertierte Männer scharten und ich mit den restlichen Typen ein Elendsbier trank (und von denen wollte dann auch keiner etwas anschließend mit mir zu tun haben).
- Ich war auf einige Kurzurlaube und Städtereisen, wo ich aber auch nur wirklich mit der Rezeption im Hotel sprach. Gelegenheiten Leute anzusprechen, fand ich selten und wurde dann auch ignoriert.(...)
Ich weiß einfach nicht, was ich falsch mache. Oder war das alles bisher nur Unglück? Was kann ich noch machen? Ich habe langsam wirklich Angst einsam alt zu werden. Ich habe niemanden mit dem ich spontan was machen oder reden kann. Ich habe häufig das Bedürfnis etwas mit jemanden zu teilen, aber da ist niemand. Die Vorstellung zu sterben, ohne wirklich zu wissen wie sich eine Umarmung, ein Kuss oder generell ein richtiger sozialer Zirkel anfühlen bereitet mir schlaflose Nächte.
Danke fürs Lesen. Es war ein langer Text, doch ich musste meine Erfahrungen der letzten Monate irgendwie nach außen tragen. Ich freue mich auf Meinungen oder Tipps.