Punkt 1: Mir ist der Umgang des rechtskonservativen Randes (sprich: AfD, in meinem Land FPÖ) und in Teilen der Linken (Wagenknecht-Lager etc.) mit Russland ein absolutes Rätsel. Ich habe lange verstanden, dass man einen möglicherweise unverhältnismäßigen Umgang mit Russland im Vergleich zum geopolitischen Agieren der USA kritisiert. Inzwischen frage ich mich aber, was Putin eigentlich noch tun muss, um bei einigen Akteuren den politischen Rückhalt zu verlieren, wenn nicht einmal ein Angriffskrieg dafür ausreicht.
Es gibt seit langem große Teile in den linken Parteien (vor allem SPD und LINKE), die eine sehr russlandfreundliche Politik pflegen. Wobei ich nicht weiß, ob der den Schwerpunkt USA/Russland in diesem Thread sinnvoll ist. Es ist doch eher ein allgemeines Problem, dass Europa versucht eine "Werte geleitete Handelspolitik" zu fahren und dabei anderen Ländern regelmäßig vor den Kopf stößt.
Erst Jahre lang Katar kritisieren, jetzt zum Boykott der Fussball WM aufrufen, aber hintenrum auf den Knien um ihr Gas betteln. Deutschland macht eben
keine geopolitische Politik, sondern versucht nur anderen (meist ärmeren) Ländern die eigene Moral aufzudiktieren.
Wie falsch diese Ideologie ist, zeigt sich in Afrika. Deutschland hat Jahrzehnte lang dort Entwicklungshilfe geleistet. Die ganzen Milliarden sind aber fast nur bei den korrupten Regierungen versickert und haben staatsnahen Konzernen geholfen. Eine echte freie wirtschaftliche Entwicklung fand nicht statt.
China dagegen hat sich in Afrika eingekauft, hat selber aktiv Fabriken in Afrika gebaut. Natürlich nicht um den Afrikanern Arbeit zu geben sondern aus eigenen geopolitischen Interessen. Und dennoch scheint im Ergebnis China's Raubtierkapitalismus Afrika mehr zu helfen als Europas wertegeleitete Politik, die dort nur die Korruption fördert.
Gute Absichten zählen nicht. Das Ergebnis zählt!
Ich glaube die Frage Russland oder USA ist vor allem aber auch eine der Wirtschafts- und Sozialordnung.
Also
Planwirtschaft mit aktiver Steuerung von Menschen, Löhnen, Preisen und Moral
VS
Liberale Politik mit der Implikation des freien Spieles von Menschen, Märkten und individuellen Moralvorstellungen
Punkt 2: Die Flüchtlingskrise 2015, Fehler der amerikanischen Außenpolitik und die Verbreitung von Fake News, Wutbürger-Veranstaltungen, russische Propaganda und etliche rechte und linke Youtuber haben dazu beigetragen, dass ein bestimmter Anteil der Bevölkerung prinzipiell dogmatisch alles ablehnen, was Handlungen der eigenen Regierungen und der EU betrifft. Diese Leute sind teils so tief in ihrer Bubble gefangen, dass ich nicht mehr weiß, wie man sie da herauskriegen soll. Und es wundert mich auch, dass es im z. B. im deutschsprachigen Raum so wenig aufgeklärten Gegen-Aktivismus im Netz gibt. Sollte ich mich hier irren, kann mir gerne jemand Beispiele nennen. Ich war kürzlich ungewollt auf einem Discord-Channel von Schwurblern und Verschwörungstheoretikern.
Naja aber warum entstand so eine Bubble? Weil es eine Regierung gab, die sehr stark für die Aufnahme von Flüchtlingen war und eine Opposition, die
noch mehr dafür war. Zudem war die Grundkonstruktion, dass die Grenzstaaten
alleine für die Flüchtlinge zuständig sind bereits im Vorfeld ein Konstruktionsfehler.
Uns fallen solche Konstruktionsfehler doch regelmäßig auf die Füße!
- Die Konstruktion des EUROs ist problematisch
- Die Aufnahmeregelungen zu Flüchtlingen sind problematisch
- Der Klimaplan ist problematisch, womit wir bei deinem Punkt 3 wären.....
Punkt 3: Die andere Seite ist eine progressive Linke, die vollkommen weltfremde und aberwitzige Maßnahmen gegen den Klimawandel fordert, welche den oben genannten Rechtspopulismus noch mehr verstärken würden. Ebenso viele identitätspolitische Debatten, die Gruppen, welche eigentlich gemeinsame Interessen hätten, zunehmend spaltet und damit am Ende auch eher den autoritären Gegnern des rechten Spektrums in die Hände spielt.
Ich habe neulich den schönen Satz gehört,
die deutsche Klimapolitik ist so als ob man sein Haus verlässt, es abbrennt und sich dann erst eine neue Bleibe sucht.
Nun kann man von Klima halten was man will, aber es war und ist ein Fehler, erst aus ideologischen Gründen bestehende Dinge kaputt zu machen bevor man neue aufgebaut hat.
Und ja man öffnet damit den Rechten leider Tür und Tor.
Europa scheint es überhaupt nicht zu gelingen, seine Interessen zu vertreten. Das sind natürlich nur Gedankengänge meinerseits und ihr könnt mich gerne ausbessern, aber ich sehe hier wirklich eine starke Zunahme des Irrationalismus und der Geschichtsvergessenheit.
Europa ist ein Melting Pot aus verschiedenen Kulturen, Sprachen und Wirtschaftsräumen. Naturgemäß schwer ist es, geschlossen nach Außen aufzutreten.
Europa wird künstlich zusammen gehalten indem Staaten zwar einerseits nicht füreinander haften sollen, es aber indirekt dennoch tun, z.B. durch eine gemeinsame Zinspolitik, die Staaten begünstigt, die hohe Schulden haben.
Ich denke, dass es eine falsch verstandene Solidarität bzw. eine Art Staatssozialismus ist, der vieles kaputt macht. Staaten und Unternehmen sollten ihre Schulden selber tragen oder pleite gehen wenn sie schlecht wirtschaften! Sonst lernt ja niemand was daraus und unwirtschaftliches Verhalten wird fortgesetzt.