Was sind das für Phantasiegeschichten? Beim Staat bewerben kann man sich heute so gut wie damals. Es werden auch dieses Jahr wieder Leute gesucht. Und "günstig" waren meine Bedingungen damals auf dem Land, weit entfernt von jeder Zivilisation, absolut nicht. Arbeitsanfängern ist damals gar nichts anderes übrig geblieben, als in der nächsten Stadt ihr Glück zu suchen, denn vor Ort gab es nichts. Die wenigen Stellen in der Landwirtschaft, Handwerk, ein paar kleine Betrieben waren alle längst von erfahrenen alten Kräften besetzt, da war kein Platz für Nachwuchs, und wenn jemand mal eine neue Kraft brauchte, waren das eigene Kinder oder Vermittlung über Vitamin B, da wußte man was man bekam.Doch meinst Du nicht, dass Du auch kein Einzelfall warst und Deine Bedingungen hoch zu kommen etwas günstiger oder absolut günstig waren?
Deswegen gibt es ja die vielzitierte "Landflucht". Auf dem Land ist tote Hose, in jeder Hinsicht, die jungen Leute können nur abwandern. In den Städten sind alle Chancen viel besser. Wenn ich nicht rein zufällig damals noch in der Schule diesen allgemeinen Eignungstest mitgemacht hätte, mit dem man sich anschließend beim Staat bewerben konnte, wäre ich heute entweder im Handwerk, oder würde mit einem Billigjob oder Bürgergeld herumkrebsen. Übrigens habe ich mit 18 zu arbeiten begonnen, da gab es kein Studium bis 30 mit oder ohne Scheitern. Wieviele junge Leute heutzutage fangen das Arbeiten noch mit 18 an? Vielleicht sollte man weniger die Rentengrenzen immer weiter rauszuschieben versuchen, mit 67 steigt kein Dachdecker mehr aufs Dach, sondern die Lern- und Studienzeit irgendwo bei 20 oder 22 begrenzen, damit der durchschnittliche Berufseintritt wieder früher beginnt, nur sehr hochwertige Berufe wie Herzchirurg dürften dann noch länger studieren.
Wen juckt die Industrie, bitte? Das Handwerk rollt zur Zeit jedem Lehrling den roten Teppich aus. Wer seinen Meister hat und auf eigene Rechnung arbeiten kann, verdient sich eine goldene Nase.Du lebst also vermutlich in einer Welt des Gestern und der Selbstüberschätzung dass Du heute die gleiche Chance haben würdest!
Zwischen Deiner Welt und der heute realen Welt liegt massiver Arbeitsplatzabbau und Industrieverlust. Bei einem Facharbeiter im oberen Bereich ein Reallohnverlust von über 500€ pro Monat. (Zum Beispiel durch Privatisierung)
In vielen Gegenden Bayerns gibt es Leute die bauen möchten, aber die nötigen Handwerker nicht herkriegen. Der Markt ist leergefegt, weil alles baut, aufstockt, renoviert wie blöd und die Handwerksfirmen ausgebucht sind bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Mal schnell einen Handwerker kriegen, weil die Dusche klemmt oder die Heizung spinnt? Kannste vergessen.
Ich habe keine Ahnung in welchem Bundesland Du lebst, aber in Bayern boomt die Wirtschaft, viele Regionen melden praktisch Vollbeschäftigung. Wer hier keinen Job findet, der findet nirgendwo was.
Bayern: Der Arbeitsmarkt im November 2022. (vbw-bayern.de) Startseite - Bayern, Land - Statistik der Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de)
Das ist die heute reale Welt. Wer was anständiges gelernt hat - im Handwerk - hat die freie Auswahl.
Wer "nur" studiert aber nicht weiß wie herum man einen Schraubenschlüssel halten muß - der hat Pech. Handwerk hat goldenen Boden, heute mehr denn je.