Irgendwann im 18. Jahrhundert ist mal eine Delegation von Wissenschaftlern beim damaligen französischen König aufgetaucht und hat gefordert, dass man jede weitere wissenschaftliche Forschung sofort einstellen müsse, weil nämlich schon alles entdeckt und erforscht sei, was es zu entdecken und erforschen gäbe. Für die Kunst gilt heute das gleiche. Wer meint da wäre schon ein Ende erreicht, dem fehlt nur die Kreativität für was Neues. In der Musik entstehen ständig neue Stile, und in Japan ist erst vor einigen Jahren ein ganzes neues Literaturgenre erschaffen worden, ein weiteres Untergenre der Phantastik, nämlich Isekai. (Wiedergeburt in Phantasiewelten)
Das Ende der metaphorischen Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht.
Wie du schon sagst, ist Isekai auch nur ein Untergenre und vom Konzept nicht einmal wirklich neu. So könnte man "Der Zaubrer von Oz" durchaus als eine Art Isekai bezeichnen. Nehmen wir mal hypothethisch an, das moderne Isekai gibt es gar nicht und Textgeneratoren sind ein paar Generationen weiter. Jemand experimiert damit und gibt unter anderem die Prompts "Fantasy", "Wiedergeburt", "Anime", "Videospiele", "RPG", "Held" und anderes ein. Vielleicht auch konkrete Beispiele woran sich die KI (wie es auch menschliche Künstler) orientieren soll wie "Warhammer" oder halt "Oz". Das ganze geht durch einige Iterationen, einige Regler neu werden gesetzt und vielleicht auch die Prompts verfeinert und am Ende könnte dann durchaus eine Geschichte rauskommen, die den momentanen Isekai ähnlich ist. Der Typ, der die Prompts eintippt, hat ja durchaus die Idee wo es hin soll, nur fehlt ihm entweder die Zeit selbst zu schreiben oder auch knallhart das Talent.
Wirklich revolutionäre Ideen sind sehr selten geworden. Don Quijote war nicht der erste Roman, hat aber Romane wirklich richtig groß gemacht und die alten Sagen und Lieder langsam verdrängt. Und selbst wenn es noch unangetastete Potentiale gibt, gibt es nur eine sehr kleine Menge Menschen, die wirklich den nötigen revolutionären Geist besitzen darauf zuzugreifen und selbst dann, ist es keine Garantie, dass andere darauf anspringen.
Ich meine, ich kannte im Studium so einige kreative Schreiber, die in meinem Unigebäude ihre Schreibwerkstatt hatten. Sie hatten wirklich teilweise verrückte und experimentelle Ideen und hättest du sie mit Dan Brown oder G. R. R. Martin verglichen, hätten die das als Beleidigung empfunden. Sci-Fi und Fantasy war denen extrem suspekt.
Einer hat zum Beispiel eine Novelle geschrieben die in drei Epochen spielt. Die Kapitel im Jetzt hat er normal am Computer abgetippt. Bei den Abschnitten in den 40zigern lieh er sich eine alte Schreibmaschine von seinen Großeltern. Und bei den Kapiteln, die im 19. Jahrhundert spielten, hat er sich tatsächlich eine Feder und Tintenfass gekauft. Word hatte die nötigen Fonds, er brauchte sich also nicht die Mühe zu machen. Doch er hat sich halt die Mühe gemacht und viel Zeit und Energie reingesteckt.
Jemand anderes hat auf einem quadratischenn 2x2 großem Stück Meter Blatt Papier eine Geschichte in Form eines Strudels geschrieben, die am Rand anfing und sich wie eine Spirale zum Zentrum drehte und eine Reise in den Wahnsinn darstellte.
Eine andere hat Geschichten auf Esspapier oder Holzplatten geschrieben und sich immer gefragt: "Was kann ich neben Papier noch benutzen?"
Alles sehr helle Köpfe, doch sie alle kämpften mit der Gewissheit, dass ihre Bemühungen kommerziell niemals erfolgreich sein würden. Ihre Geschichten und Texte brauchten teilweise enorme Konzentration, um gelesen zu werden (Sätze die sich über drei Seiten hinziehen galt bei denen als simple Fingerübung). Und selbst wenn ein Verlag sie akzeptierte, so wurden nur 100 Exemplare gedruckt und vielleicht 50 verkauft. Größtenteils waren die einzigen Leser Mitglieder ihres Zirkels und einige Außenstehende wie ich. Überlebten taten sie nur durch Autorenstipedien, Sponsoren oder direkt Staatsgeldern. Die Mehrheit der Menschen würde niemals ihre Texte lesen und das nagte so grausam an einigen von ihnen, dass sie es mit extremen Zynismus oder direkt Drogen versuchten zu kompensieren.
KI-Kunst braucht letzten Endes nichts wirklich Neues zu produzieren. Ich meine die meisten Isekai momentan erfinden das Rad ja auch nicht neu. KI-Kunst braucht im Prinzip nur massentauglich zu sein, denn gerade in dieser Massentauglichkeit verdienen sich viele Menschen in der Kreativbranche gerade ihr Geld.