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Gesetzesalter für Strafmündigkeit herabsetzen?

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Sarnade

Aktives Mitglied
ich finde, das kann man durchaus diskutieren: Also ob zB 12 angemessener wäre. Kann ich mir durchaus vorstellen, dass das Sinn macht. Also gerade in diesem Alter sind die Schritte ja unglaublich groß: da ist ein riesen Unterschied zwischen 12 und 13 und erstrecht zu 14.
Dass man das prüfen und darüber diskutieren kann, halte auch ich für legitim, solange es mit der erforderlichen Sorgfalt geschieht.

Also nicht einfach willkürlich ein niedrigeres Alter dafür festsetzen, sondern die Expertise von Entwicklungspsychologinnen und -psychologen sowie Psychiaterinnen und Psychiatern einholen. Außerdem die Erfahrungen, die in anderen Ländern mit niedrigerem Strafmündigkeitsalter gemacht wurden, berücksichtigen und evaluieren.

Nicht zuletzt hat das Ganze auch eine logistische und finanzielle Seite: Wenn Kinder schon im Alter ab 12 Jahren strafmündig sind, müssen angemessene Strafen und Erziehungsmaßregeln verhängt werden, für die Personal, Raum und Geld benötigt werden. Man muss sicher prognostizieren können, in welchem Umfang hier ein Mehrbedarf gegeben ist. Der Staat (sprich die Finanzministerien) muss Geld dafür zur Verfügung stellen.
Es fragt sich, ob es nicht sinnvoller ist, dieses Geld in Präventionsprogramme und eine bessere personelle Ausstattung der Jugendämter zu stecken.

Das Jugendstrafrecht ist außerdem vom Erziehungsgedanken beherrscht und nicht in erster Linie vom Strafgedanken. Bei der Frage, ab wann Jugendhaft angebracht ist, wird neben vielen anderen Faktoren auch das Alter und die individuelle Reife zu berücksichtigen sein, ebenso die psychische Gesundheit.

Wer sich von einer Absenkung des Alters für die Strafmündigkeit verspricht, dass im Fall Luise die Täterinnen automatisch für 10 Jahre im Knast verschwinden würden, der irrt sich nach meiner Einschätzung ganz gewaltig.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Würden wir 12 Jährige haftbar machen, wären wir nicht mehr weit davon weg die Todesstrafe als Strafmaß gelten zu lassen.
Wenn man dies befürwortet ist man nicht besser als der Mörder selbst, so meine Ansichtsweise.
Das sehe ich anders. Was hat eine Strafmündigkeit mit der Todesstrafe zu tun? Die Todesstrafe ist im Deutschland abgeschafft und kann auf legalem Wege auch nicht wieder eingeführt werden, weil das gegen die Verfassung verstoßen würde. Selbst eine dahingehende Änderung der Verfassung wäre unzulässig (siehe Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes).

In Ländern mit langer demokratischer Tradition wie den Niederlanden oder Großbritannien ist das Strafmündigkeitsalter auch niedriger. Auch in der Schweiz.

Man muss rational abwägen, welche Gründe dafür und welche dagegen sprechen und welche Strafen und Maßnahmen - je nach Schwere der Straftaten - bei Kindern im Alter von 12 und 13 Jahren angemessen wären. Und ob dies überhaupt hilfreich und finanzierbar wäre.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Mal nur ein kleines Beispiel. ich weiß, Mord ist nochmal was anderes, aber die Dynamik, die dahinter steht ist bezeichnend:
ich kenne den Fall einer Schülerin aus sehr gutem Hause, Eltern angesehene Leute im Stadtrat, Kinder alle wohlerzogen, in der Kirche aktiv, im Sportverein und alle hochmusikalisch.
Die älteste Tochter war besonders begabt und wurde von der Mutter zu Wettbewerben gefahren und war der ganze Stolz ihrer Eltern.
Sie MUSSTE überall die beste sein, um ihre Eltern nicht zu enttäuschen. Dieses Mädchen war unter einem immensen Druck: Nach außen war die Familie perfekt, die Eltern taten ja nur das beste für ihre Kinder. Aber die Kinder waren immer unter Druck: Vor allem die älteste.
Leider geschah es dann, dass ein anderes Mädchen in ihre Klasse kam, das ebenso sehr musikalisch war und plötzlich drohte, ihr den Rang abzulaufen.
Plötzlich gab es ein anderes Mädchen, das auch bei den Schulkonzerten brillierte usw.
Für das eine Kind eine totale Katastrophe: Panik! Es MUSSTE doch die beste sein, um den Eltern zu gefallen.
Also fing sie an, das andere Mädchen systematisch zu mobben und die halbe Schule gegen ihre arme "Konkurrentin" aufzubringen.
Was da ablief: Gewalt, Hetze, Mobbing in jeder Hinsicht.
Einfach nur aus Panik, weil plötzlich Konkurrenz da war.
Das ganze Weltbild dieses Kindes stand in Frage.

Natürlich rechtfertigt das kein Mobbing, keine Gewalt.
Aber in den Augen dieses Mädchens ging es ja um ihre ganze Existenz. Die Eltern erwarteten schließlich, dass sie die Beste war und für sie ging es um nichts geringeres als um die Liebe ihrer Eltern, die sie davon abhängig glaubte, immer die Beste sein zu müssen: Wenn ich nicht die beste bin, enttäusche ich meine Eltern und sie lieben mich nicht mehr.
Also das war blanke Existenzangst und daraus entstand völlig blinder Hass.
Aus erwachsenen Sicht ist es natürlich total krank, so heftig auf Konkurrenz zu reagieren, aber aus Kindersicht nicht: Da geht es um die Wurscht und da ist offenbar jedes Mittel recht.

Wer ist nun Schuld?
Was wäre hier zu tun?
Und genau solche Situationen sind doch der fundamentale Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern: Auch Erwachsene haben vielleicht Probleme mit Konkurrenz oder sie würden darunter leiden, ihre Eltern zu enttäuschen. Aber sie können klar erkennen: WENN meine Eltern so drauf wären, dass sie mich zB fallen lassen, wenn ich nicht die Beste bin, dann ist das traurig, aber dann sind meine Eltern schlechte Menschen, von denen ich mich abwenden sollte.
Ein Kind KANN diesen Gedanken nicht denken und diese Schritte nicht gehen.

Und genau DA liegt einer der wichtigsten Unterschiede! Gewisse kongnitive Leistungen sind einfach erst sehr spät möglich!
Was ich an deinem Beispielsfall überhaupt nicht verstehe, ist, wie Eltern, die so denken, in der Kirche aktiv sein können.
Von der christlichen Botschaft haben sie jedenfalls nicht das Geringste verstanden.
Da geht es um bedingungslose Liebe und nicht darum, mit anderen zu konkurrieren und immer die/der Beste sein zu müssen.
Wenn das schon innerhalb der Familie nicht mehr gilt, wie soll es dann innerhalb der gesamten Gesellschaft gelten?!
 

4711

Aktives Mitglied
Die Eltern dachten wahrscheinlich, sie tun durch die Förderung nur das Beste für ihr Kind. Und haben dabei (leider) nicht bemerkt, wie es ihrem Kind dabei geht. Was sicherlich nicht so ungewöhnlich ist, leider. Und da liegt wohl recht oft „der Hase im Pfeffer“.
Dass sie kirchlich aktiv sind, tut hier eigentlich nichts zur Sache. Ich glaube, dass wurde nur als Beispiel neben den anderen Aktivitäten erwähnt, um zu zeigen, dass die Leute halt normale und respektable Leute sind.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Dass sie kirchlich aktiv sind, tut hier eigentlich nichts zur Sache. Ich glaube, dass wurde nur als Beispiel neben den anderen Aktivitäten erwähnt, um zu zeigen, dass die Leute halt normale und respektable Leute sind.
Das mag sein. Ist man kirchlich aktiv, geht man aber auch öfters zum Gottesdienst, hört das Evangelium und die Predigt. Wie man dann denken kann, es sei richtig, seine Kinder dazu zu erziehen, immer die Besten sein zu müssen, ist mir schleierhaft. Offenbar lassen sich diese Leute im Gottesdienst nur beschallen und denken über das, was sie dort über die christliche Botschaft hören, gar nicht weiter nach. Sie ziehen für ihr eigenes Leben keine Konsequenzen daraus.
Die Kirche ist für sie irgendein Verein, an dessen Stelle ebenso ein Kaninchenzuchtverein treten könnte.
 
G

Gelöscht 123434

Gast
In Ländern mit langer demokratischer Tradition wie den Niederlanden oder Großbritannien ist das Strafmündigkeitsalter auch niedriger. Auch in der Schweiz.
Das ist doch kein Argument es ihnen gleich zu tun?

Man muss rational abwägen, welche Gründe dafür und welche dagegen sprechen und welche Strafen und Maßnahmen - je nach Schwere der Straftaten - bei Kindern im Alter von 12 und 13 Jahren angemessen wären.
Das macht aber hier niemand, die Mädchen sollen ins Gefägnis und möglichst lebenslang dort bleiben.

Die gesetzlichen Strafen sollen auch zur Einsicht führen, damit sich die Taten nicht wiederholen.

Gehen die Mädchen, nach dem Wunsch einiger hier im Forum, nun ins Gefägnis, werden sie aus ihrem jetztigen Leben herausgerissen, sie verlieren damit völlig den Halt in ihrem Leben.
 

cucaracha

Urgestein
Das sehe ich anders. Was hat eine Strafmündigkeit mit der Todesstrafe zu tun? Die Todesstrafe ist im Deutschland abgeschafft und kann auf legalem Wege auch nicht wieder eingeführt werden, weil das gegen die Verfassung verstoßen würde. Selbst eine dahingehende Änderung der Verfassung wäre unzulässig (siehe Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes).

In Ländern mit langer demokratischer Tradition wie den Niederlanden oder Großbritannien ist das Strafmündigkeitsalter auch niedriger. Auch in der Schweiz.

Man muss rational abwägen, welche Gründe dafür und welche dagegen sprechen und welche Strafen und Maßnahmen - je nach Schwere der Straftaten - bei Kindern im Alter von 12 und 13 Jahren angemessen wären. Und ob dies überhaupt hilfreich und finanzierbar wäre.
Mein Zitat ist nicht richtig gekennzeichnet.

Ich schrieb, dass eine frühere Strafmündigkeit NICHTS mit der Todesstrafe und einem Mord an einem Kind zu tun hat.
 

°grisou°

Aktives Mitglied
Von denjenigen, die die bestehende Altersgrenze für zu hoch halten und die Komplexität des Themas verkennen, dürfte nur eine Minderheit eine höhere Schulbildung oder gar ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben.
Leider ist es eben ein Thema, das man gut nutzen kann, um Stimmung zu machen, um zu manipulieren. Und dazu wird dann die Komplexität ignoriert bzw auf einen einfachen Nenner heruntergebrochen. Wie darauf reagiert wird, hat für mich auch damit etwas zu tun, wie weit jemand bereits in der Angstspirale drin ist, die von diesen Seiten gefüttert wird.


Du weißt es besser als ich, wie schwierig es in Deutschland ist, Gesetze durchzubringen. Und das hat ja auch einen hohen Wert. Wenn man sieht, was gerade in Israel los ist. Da es dort keine Verfassung gibt, - so habe ich es mitbekommen, - haben die Gerichte das letzte Wort und nur sie können die Regierung stoppen. Diese Macht soll jetzt massiv eingeschränkt werden. Keine gute Voraussetzung für eine Demokratie.

In Deutschland haben wir das Grundgesetz und die Frage ist, hätte da eine Herabsetzung des Alters für Strafmündigkeit überhaupt eine Chance? Das müsste man sich zuerst mal anschauen. Und dann geht es für mich nicht nur darum, die Strafmündigkeit nach unten zu setzen, sondern auch, dass dieses im Rahmen aller anderen Gesetze gerecht sein muss.

Ich stelle mir jedenfalls vor, wenn wir an der Stelle was ändern, darf man auch alles andere in Frage stellen. Wenn wir die Strafmündigkeit runter setzen, ist es dann noch gerecht, dass Jugendliche erst ab 18 wählen oder Auto fahren dürfen? Ist es dann noch gerecht, dass Mädchen nicht mit 12 verheiratet werden dürfen? Offensichtlich traut man 12-jährigen ja dann eine gewisse Reife zu.

Ich bekomme in meiner Gremienarbeit mit, wie kompliziert es ist, gesetzlich etwas zu verändern und wie viele Menschen im Vorfeld beteiligt sind. Hier wäre es sicher auch so, dass man erst mal Arbeitsgruppen zusammenstellen würde, die besetzt sind mit Fachleuten aus der Pädagogik, der Psychologie, der Psychiatrie, der Justiz, den Strafbehörden, der Forensik, etc.. Das sind große Gruppen, 100 bis 200 Leute, die da zusammen kommen. Erst wird ein Jahr, anderthalb Jahre (oder sicherlich auch länger) in Kleingruppen gearbeitet, die das wieder in die große Gruppe geben. Dann arbeiten noch mal die Mitarbeiter der Abgeordneten daran. Bis diese dann letztendlich ein fertiges Papier bekommen, wo entsprechende Empfehlungen drin stehen, haben sich viele Menschen eingebracht. (So jedenfalls habe ich das erlebt. Weiß nicht, ob das immer so ist. Zum Bereich Psychiatrie kann ich noch sagen, dass mittlerweile in solchen Arbeitsgruppen immer auch Betroffene mit dabei sind. Diese ganze Arbeit geschieht ehrenamtlich. Auch das ist Beteiligung an der Demokratie.). Und wenn es dann einen Gesetzesentwurf gibt, heißt es nicht, dass der einfach so durchgeht. Und wenn er durchgeht, heißt es nicht, dass er nicht noch vors Verfassungsgericht gehen kann.

Ob das Mindestalter gesenkt werden soll, darüber gäbe es eine Menge zu sagen, sehr viel mehr als zwei Kinder zu Monstern zu stilisieren, damit wir nicht vor unserer eigenen Dunkelheit erschrecken. Erst wenn wir verstehen, wo und warum die Menschlichkeit versagt hat, können wir adäquate Prävention schaffen. Das kann aber nicht passieren, wenn wir die Beiden pauschal als Monster ausgrenzen.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Mein Zitat ist nicht richtig gekennzeichnet.

Ich schrieb, dass eine frühere Strafmündigkeit NICHTS mit der Todesstrafe und einem Mord an einem Kind zu tun hat.
Ja, das habe ich schon verstanden. Du hast auf einen anderen Beitrag Bezug genommen. Leider kann man das in diesem Thread rückwirkend nicht ändern, da jeder Beitrag von der Moderation freigeschaltet werden muss.
 
Status
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